Cugel der Schlaue
Proportion und Größe waren von einer Art, die Cugel nicht verstand.
Über allem hing ein totes, sumpfiges Nichts. Das einzige, das sich schwach davon abhob, eine umfangreiche Scheibe von der Farbe des Regens, war so trüb, daß man sie kaum sehen konnte. In unbestimmter Entfernung – eine Meile? Zehn Meilen? Fünfhundert Fuß? – ragte ein Berg empor, der das gesamte Panorama beherrschte. Bei näherer Betrachtung erkannte Cugel, daß es sich um eine gallertartige Masse handelte, in der ein rundes Organ schwamm, offenbar ein Auge. Von dieser riesigen Kreatur gingen hundert Tentakel und mehr aus, die sich weit in alle Richtungen über den schwarzen Schwamm erstreckten. Einer dieser Fangarme führte an Cugels Füßen vorbei durch den interkosmischen Spalt und hinaus auf die Erdoberfläche.
In diesem Moment entdeckte Cugel keine drei Fuß entfernt Iolos Beutel voller Träume. Der schwarze Schwamm, durch den Aufprall beschädigt, hatte eine ätzende Flüssigkeit abgesondert, die ein Loch in den Beutel gefressen hatte. Aus diesem Loch waren die sternförmigen Träume auf den Schwamm gequollen. Als Cugel mit der Stange durch das Loch gestochert hatte, war eine bräunliche, fühlerähnliche Masse verletzt worden und ihr Saft über die Träume gesickert. Cugel hob eine der hauchfeinen Flocken auf und sah, daß ihre Ränder in gespenstischen Farben schillerten. Gleich darauf fingen seine Finger zu prickeln und zu jucken an, als der Saft, der die Flocke durchtränkt hatte, auch seine Haut netzte.
Eine größere Zahl kleiner Leuchtpünktchen schwärmte über seinen Kopf, und eine sanfte Stimme rief: »Cugel, wie schön, daß du uns besuchst! Wie gefällt dir unser herrliches Land?«
Cugel schaute sich erstaunt um. Wie konnte ein Bewohner dieses ungewöhnlichen Ortes seinen Namen kennen? Etwa dreißig Fuß entfernt bemerkte er einen kleinen gallertartigen Hügel von ähnlicher Art wie der gewaltige gelatinöse Berg mit dem schwimmenden Auge.
Die Leuchtpünktchen kreisten um Cugel, und die Stimme tönte in seinen Ohren: »Du bist verwirrt, doch dazu besteht kein Anlaß. Hier geht es eben anders zu als da, von woher du kommst. Wir übertragen unsere Gedanken in kleinen Quanten. Wenn du genauer hinsiehst, kannst du sie fließen sehen. Hübsche, winzige Animaküle sind es, die eifrig ihre Last der Erleuchtung abladen. Dort! Siehst du? Direkt vor deinen Augen schwebt ein besonders schönes Exemplar! Es ist einer deiner eigenen Gedanken, dessen du dir selbst nicht ganz klar bist. Deshalb zögert er und wartet deinen Entschluß ab.«
»Was ist, wenn ich spreche?« erkundigte sich Cugel. »Würde das die Verständigung nicht erleichtern?«
»Ganz im Gegenteil! Der Laut gilt hier als anstößig, deshalb vermeidet jeder auch nur das geringste Gemurmel.«
»Das ist ja alles schön und gut«, brummte Cugel, »aber ...«
»Bitte schweig! Schick nur die Animaküle!«
Cugel stieß einen ganzen Trupp der leuchtenden Pünktchen hervor. »Ich werde mein Bestes tun. Vielleicht kannst du mir verraten, wie weit dieses Land reicht.«
»Nicht genau. Manchmal schicke ich Animaküle aus, um mich an fernen Orten umzusehen. Sie berichten, von woher sie auch zurückkehren, von einer gleichen Landschaft wie dieser.«
»Herzog Orbal von Ombalique befahl mir, Informationen zu sammeln. Er wird an deinen Bemerkungen sehr interessiert sein. Sind hier wertvolle Substanzen zu finden?«
»In bestimmtem Umfang. Wir haben Proszedel und Diphanie und vereinzelte Glitzer von Zamander.«
»Meine vorwiegende Aufgabe ist natürlich, Informationen für den Herzog zusammenzutragen, aber für mich hätte ich doch gern ein paar kleine Andenken an unsere so angenehme Bekanntschaft.«
»Verständlich. Ich sympathisiere mit deinem Vorhaben.«
»Dann wirst du mir doch sicher sagen, wie ich an einige dieser kostbaren Substanzen gelangen kann?«
»Nichts ist einfacher. Du brauchst nur Animaküle auszuschicken, sie holen dir, was du gern hättest.« Das Geschöpf stieß eine ganze Schar von bleichen Plasmen hervor, die in alle Richtungen davonschossen und in Augenblicksschnelle mit mehreren Dutzend Kügelchen zurückkehrten, die in einem frostig blauen Licht glitzerten. »Hier sind Zamander von erster Güte. Nimm sie als Zeichen meiner Wertschätzung.«
Cugel bedankte sich und steckte die Edelsteine in seinen Beutel. »Das ist ein ungemein nützliches System, um zu Reichtum zu kommen. Ich hätte auch gern eine bestimmte Menge Diphanie.«
»Dann sende deine
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