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Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843

Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843

Titel: Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Merow
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Bürger 1-564398B-278843
     
    Frank Kohlhaas, der im alltäglichen Leben auf die Bezeichnung „Bürger 1-564398B-278843“ hören musste, weil das sein amtlicher Verwaltungscode war, träumte in den letzten Tagen sogar schon von dem unangenehmen, irgendwie an faule Eier erinnernden Geruch im Hausflur seiner Etage. Zwar befand er sich im Geiste um kurz vor 5.00 Uhr morgens — gleich sollte sein Wecker den Traum beenden — auf einem Spaziergang durch ein sonniges Tal, doch war auch an diesem schönen Ort jener modrige Duft, so dass sich Frank selbst im Traum darüber wunderte, wie ein so schönes Tal so wenig einladend riechen konnte.
    Als der Wecker klingelte, wurde ihm klar, dass das sonnige Tal Fiktion und der Geruch real war. Das Geräusch war schrill und Frank erwachte mit einem Fluchen. Jetzt hieß es aufstehen, anziehen, hastig frühstücken und den Weg zum Produktionskomplex 42-B antreten.
    „Ach, verflucht!“ zischte der unrasierte Mann, als er seinen nicht übermäßig hochgewachsenen, aber dafür irgendwie bulligen und erstaunlich kraftvollen Körper aus seinem billig produzierten Bett wuchtete.
    „Hmmmhaaa!“ stieß Frank aus und trottete durch seine noch dunkle Wohnung in das Nachbarzimmer, wo auf ihn eine dreckige Küche wartete. Der Bürger riss die Kühlschranktür auf und würgte schmatzend ein Käsebrot hinunter, das er am Abend vorher noch geschmiert hatte, da er morgens dafür meist keine Zeit mehr hatte.
    Der Wasserkocher wurde unter lautem Brausen angeworfen und lieferte nach nur wenigen Minuten das nötige heiße Wasser für einen auflösbaren Kaffee. „Nnnhhaa!“ sagte der junge Mann, was zu dieser frühen Stunde eine relativ frei zu interpretierende Aussage war und sich auf seine Lebenssituation, sozusagen im Allgemeinen, beziehen konnte.
    Um 5.27 Uhr zog Frank die leicht ramponierte Wohnungstür hinter sich zu und schlurfte lustlos durch den dunklen Flur, um anschließend das noch dunklere Treppenhaus hinabzusteigen. Irgendwo war hier die Quelle des eierfauligen Gestanks, der Frank seit Tagen nervte. Vielleicht hatte irgendein anderer Mieter, irgend so ein „verdammter Assi“, seinen Müll im Flur abgestellt.
    „Ach, was weiß ich...“ brummelte er.
    Jeden Morgen war es die gleiche Leier: „Aufstehen, fressen, laufen, schuften“, so wie es Herr Kohlhaas immer formulierte. In den letzten Jahren hatte er jedenfalls sein Leben ganz schön hassen gelernt. Er war jetzt 25 Jahre alt geworden, wohnte in einem mehr als schäbigen Wohnblock am Rande der ehemaligen BRD-Hauptstadt Berlin und arbeitete für einen bescheidenen Lohn als Aushilfe in einem Stahlwerk. Früher hatte er studieren wollen, aber das hatte sich irgendwann irgendwie erledigt aus Gründen, die Frank meistens für sich behielt. Blöd war er eigentlich nicht, aber so richtig hatte er, nach seiner eigenen Einschätzung, die Kurve bisher nicht gekriegt. Allerdings war der Arbeitsplatz im Stahlwerk besser als nichts — zumindest war er doch geeignet, um das Überleben zu sichern. Eine Tatsache, die für Millionen Menschen im Jahre 2027 überhaupt nicht selbstverständlich war.
    Jedenfalls tastete er sich an diesem Morgen mal wieder Schritt für Schritt in Richtung seiner Arbeitsstelle vorwärts, vorbei an verfallenen Häusern im Halbdunkel und meist noch dösenden Obdachlosen, die in wachsender Zahl hier herumlagen. „Was wäre, wenn ich einfach auf die Konsequenzen pfeife und wieder nach Hause gehe, mich in mein Bett lege und bis morgen durchschlafe?“ dachte er sich manchmal. „Was wäre, wenn ich einfach meine wenigen Sachen packe und aus dieser verrotteten Stadt, diesem vergammelten Land, verschwinde?“ sagte er gelegentlich zu sich selbst.
    Aber wo war es schon anders? Man sollte sich an dem erfreuen, was man hatte — man besaß einen Job und verhungerte nicht. Das war nicht nichts, gab sich der Bürger selbst zu denken.
    Nachdem der Produktionshelfer eine sehr lange und dunkle Unterführung durchquert und einem angetrunkenen Obdachlosen, der ihn anbettelte, keinen Globe gegeben hatte, war der Produktionskomplex um 5.53 Uhr in Sichtweite gelangt. Hier standen die Arbeiter der Frühschicht, rauchend, quatschend, wartend....
    Als sich um 6.00 Uhr die Werkstore schließlich öffneten, drängten sich etwa 200 Leiharbeiter und Aushilfen wie ein zäher Brei durch sie hindurch. Die meisten hatten es allerdings nicht eilig, mit ihrer Arbeit zu beginnen, aber es musste ja sein, es ging nicht anders. So dachte es

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