Cugel der Schlaue
dem Schiff ist.«
Der Alte schüttelte abfällig den Kopf. »In Tustvold bekommt Ihr nur, wofür Ihr bezahlen könnt. Die Leute sind übersparsam und geben bloß, wenn sie einen Gewinn machen können. Wenn Ihr Euch jedoch mit einem einfachen Strohsack und einem Teller Suppe als Abendessen zufriedengebt, kann ich Euch helfen, und Ihr braucht Euch der Bezahlung wegen keine Sorgen zu machen.«
»Ihr seid zu großzügig«, bedankte sich Cugel. »Ich nehme mit Freuden an. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Cugel.«
Der Alte verneigte sich. »Ich bin Nisbet, Sohn Nisvangels, der vor mir hier im Steinbruch arbeitete, und Enkel Rounces, der hier ebenfalls Steine holte. Aber kommt! Nicht nötig, daß Ihr frierend hier herumsteht, wenn ein warmes Feuer uns erwartet!«
Die beiden schritten zu Nisbets Behausung, einer kleinen Ansammlung windschiefer Hütten aus dicken Brettern und Steinen, die einander offenbar stützten und zweifellos im Lauf vieler Jahre, ja Jahrhunderte, nach und nach errichtet worden waren. Im Innern herrschte ein ähnliches Durcheinander. In jedem Raum lagen oder standen alte Stücke herum, die Nisbet und seine Vorfahren aus den Ruinen von Alt Tustvold und wer weiß, von wo sonst, zusammengetragen hatten.
Nisbet richtete Cugel ein Bad und stellte ihm ein modriges altes Gewand zur Verfügung, das Cugel einstweilen tragen sollte, bis seine eigene Kleidung sauber und trocken war. »Doch das Wäschewaschen überlassen wir lieber den Frauen des Dorfes«, meinte Nisbet.
»Aber ich habe kein Geld«, erinnerte ihn Cugel. »Eure Gastfreundschaft nehme ich gern an, doch ich möchte nicht, daß Ihr für mich auch noch bezahlt.«
»Muß ich gar nicht«, beruhigte ihn Nisbet. »Die Frauen sind nur zu gern bereit, mir einen Gefallen zu tun, damit ich sie bei der Arbeit vorziehe.«
»In diesem Fall nehme ich gern an.«
Dankbar badete Cugel und hüllte sich in das alte Gewand, dann setzte er sich an den Tisch zu einem herzhaften Mahl, bestehend aus Kerzenfischsuppe, Brot und süßsauer eingelegten Ranken – einer Spezialität Tustvolds. Sie aßen von antikem Geschirr verschiedenster Form und mit Besteck, von dem keine zwei Stücke gleich waren, nicht einmal was das Material betraf, aus dem sie hergestellt waren, wie Gold, Silber, Glossold, schwarzes Eisen und eine grüne Legierung aus Kupfer, Arsen und anderem. Gleichmütig erklärte Nisbet das alles. »Ihr müßt wissen, jede der umliegenden Kuppen ist eine uralte Stadt, deren Ruinen der Wind der Zeit mit Staub bedeckte. Hin und wieder, wenn ich mir eine freie Stunde leisten kann, schürfe ich in einem der anderen Hügel und finde häufig recht interessante Dinge. Dieses Tablett kommt beispielsweise aus der elften Phase der Stadt Chelopsik und ist aus Korfum. Es ist mit versteinerten Glühwürmchen eingelegt. Die Glyphen kann ich leider nicht entziffern, aber ich glaube, es handelt sich dabei um die Aufzeichnung eines Kinderliedes. Dieses Messer ist sogar noch älter. Ich fand es in den Grabkammern unter der Stadt, die ich Arad nenne – ihren wahren Namen kennt niemand mehr.«
»Interessant!« staunte Cugel. »Findet Ihr auch manchmal Schätze oder wertvolle Edelsteine?«
Nisbet zuckte die Schulter. »Jedes dieser Dinge ist unbezahlbar: ein einmaliges Erinnerungsstück. Doch nun, da die Sonne bald erlöschen wird, wer würde da noch gute Terces dafür geben? Viel brauchbarer ist da eine Flasche guter Wein. Ich schlage vor, wir ziehen uns wie ganz feine Herren in den Salon zurück, wo ich einen ehrwürdigen Jahrgang eingießen werde und wir uns am Feuer wärmen können.«
»Eine großartige Idee!« rief Cugel. Er folgte Nisbet in einen Raum, der vollgestopft war mit Sesseln und Diwans und Tischchen und Kissen verschiedener Art, von hunderterlei Kuriosa ganz abgesehen.
Nisbet schenkte aus einer Steinflasche ein, die, aus ihrem schillernden Belag zu schließen, uralt sein mußte. Sehr vorsichtig kostete Cugel, stellte jedoch fest, daß es sich um ein sehr wohl genießbares, ja köstliches, sehr starkes und würziges Getränk handelte.
»Ein edler Tropfen«, lobte er.
»Ihr wißt gute Dinge zu würdigen«, stellte Nisbet fest. »Ich habe ihn aus dem Lagerraum eines Weinhändlers der vierten Ebene von Xei Cambael. Trinkt herzhaft, noch tausend Flaschen modern im Dunkeln.«
»Ich komme Eurer Aufforderung gern nach.« Cugel nahm einen tiefen Schluck. »Eure Arbeit hat ihre Vorzüge, daran besteht kein Zweifel. Habt Ihr Söhne, die die Tradition
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