Cugel der Schlaue
gedacht waren.
Cugel erachtete es als unter seiner Würde, sie zu erwidern. Er machte sich auf den Weg an der Küste entlang.
3.
Von Tustvold nach Port Perdusz
Die Säulen
Im bitteren Wind fröstelnd, stapfte Cugel am Ufer dahin. Die Landschaft war öde und trostlos. Links spülten dunkle Wellen über die Schlammbank; rechts versperrte eine niedrige Hügelkette den Weg landeinwärts.
Cugels Stimmung paßte zu der Gegend. Er besaß weder eine Terce noch auch nur einen scharfen Stock, mit dem er sich gegen Straßenräuber verteidigen könnte. Schlamm quatschte in seinen Stiefeln, und seine durchweichte Kleidung stank nach verwesenden Meerestieren und verrottendem Tang. An einem von der Flut zurückgebliebenen Tümpel wusch Cugel sich die Stiefel aus, wonach ihm das Gehen etwas leichter fiel. Allerdings raubte der Schlamm seiner Kleidung die übliche Würde und Erhabenheit. So, wie Cugel sich dahinschleppte, erinnerte er an einen großen Vogel, der sich aus dem Sumpf gerettet hatte.
Wo ein träger Fluß ins Meer mündete, gelangte Cugel zu einer alten Straße, die möglicherweise nach Tustvold und zu Essen und Unterkunft führte. Ihr folgte er.
Um sich warmzuhalten, begann Cugel zu laufen oder vielmehr, indem er die Knie erstaunlich hochriß, zu joggen. So brachte er eine Meile oder auch zwei hinter sich, und die Hügel wichen einer seltsamen Landschaft bestellter Felder, immer wieder von Brachland durchbrochen. In der Ferne erhoben sich in unregelmäßigen Abständen steilhängige Kuppen wie Inseln in einem Luftmeer.
Keinerlei menschliche Behausung war zu sehen, aber auf den Puffbohnen- und Hirseäckern arbeiteten Frauen. Als Cugel daran vorbeirannte, blickten sie auf und starrten ihn an. Cugel fand ihre Blicke beleidigend und lief stolz weiter, den Blick immer geradeaus.
Aus dem Westen trieben Wolken über die Hügel. Sie brachten kühlere Luft mit sich und deuteten auf Regen hin. Vergebens hielt Cugel nach der Ortschaft Tustvold Ausschau. Die Wolken schoben sich vor die Sonne und verdunkelten das ohnehin fahle Licht. Die Landschaft erinnerte nunmehr an uralte Sepiazeichnungen mit flachen Perspektiven, und die Pungkobäume sahen wie mit schwarzer Tinte hingekritzelt aus.
Ein Sonnenstrahl, der eine Wolkenlücke gefunden hatte, fiel auf eine etwas über eine Meile entfernte Gruppe weißer Säulen.
Wie angewurzelt blieb Cugel stehen und starrte auf diese seltsame Anordnung. War das ein Tempel? Ein Grabmal? Die Ruinen eines riesigen Palastes? Cugel ging die Straße weiter. Nach einer Weile blieb er erneut stehen. Die Säulen waren von unterschiedlicher Höhe, und zwar von kaum einem bis über hundert Fuß, und schienen einen Umfang von etwa zehn Fuß zu haben.
Wieder ging Cugel weiter. Beim Näherkommen sah er, daß oben auf den Säulen Männer lagen, die sich im restlichen Sonnenlicht badeten.
Die Wolken schlossen sich nun ganz, und es war vorbei mit dem bißchen Sonnenschein. Die Männer setzten sich auf, riefen einander zu und kletterten schließlich an Leitern, die am Stein befestigt waren, hinunter. Unten angekommen marschierten sie zu einem Dorf, das in einem Schreckbaumhain halb verborgen lag. Cugel nahm an, daß diese, etwa eine Meile von den Säulen entfernte Ortschaft Tustvold war.
Hinter den Säulen befand sich in einer der steilhängigen Erhebungen, die Cugel zuvor aufgefallen waren, ein Steinbruch. Aus ihm kam ein weißhaariger Mann mit gebeugten Schultern, kräftigen Armen und dem bedächtigen Gang eines Menschen, der sich jede Bewegung gut überlegt. Er trug einen weißen Kittel, eine pludrige graue Hose und abgetragene Stiefel aus festem Leder. Von einem geflochtenen Lederband um den Hals hing ein fünfflächiges Amulett. Als er Cugel bemerkte, blieb er stehen und wartete, bis er näherkam.
Höflichsten Tons sagte Cugel: »Mein Herr, ich bitte Euch, zieht keine voreiligen Schlüsse! Ich bin weder Landstreicher noch Bettler, sondern Seefahrer, der auf der Schlammbank strandete.«
»Das ist aber nicht der übliche Kurs«, erklärte der Alte. »Erfahrene Seeleute laufen gewöhnlich im Hafen von Port Perdusz ein.«
»Gewiß. Ist diese Ortschaft dort Tustvold?«
»Nun, eigentlich ist jener Ruinenhaufen, aus dem ich mir weißen Stein hole, Tustvold. Aber die Leute hier nennen auch ihr Dorf so und schaden damit niemandem. Was wollt Ihr denn von Tustvold?«
»Etwas zu essen und Unterkunft für die Nacht. Die Sache ist nur, daß ich nicht bezahlen kann, weil meine gesamte Habe auf
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