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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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bringt als ein Schaf -«
    Der Soldat prustete in seinen kostenlosen Wein.
    Esur ließ sich äußerst würdevoll nieder und eignete sich Roilants Becher an. »Wenn er« - womit wohl der Wirt gemeint war - »kommt, müßt Ihr ihm sagen, daß ich Euch helfe, oder er wird mich schlagen. Wieder einmal.«
    Esur nickte heftig mit dem wohlfrisierten Kopf, goß den Wein auf einen Zug hinunter und begann zu erzählen.
    Ein Held vor den Toren
    Die Stadt lag mitten in der Wüste.
    Aus der Ferne konnte man sie für eine Fata Morgana halten; im nächsten Moment für eines der riesigen Hochplateaus, die man die Zähne der Wüste nannte, eingehüllt in einen blauen Dunstschleier aus Entfernung und Hitze. Aber Cyrion hatte die Straße entdeckt, die zu der Stadt führte, und während er ihr folgte, wurden die Umrisse des Ortes deutlicher. Hohe Mauern mit noch höheren Türmen und hohen Toren aus gehämmerter Bronze. Und darüber der hohe und nackte Wüstenhimmel wie eine gewaltige Resonanzschale, in der aber nichts widerhallte, kein Laut aus der Stadt, kein Rauch.
    Cyrion blieb stehen und betrachtete die Stadt. Er war geneigt, sie auch für eine Art Wüste zu halten, für eines jener Werke von Menschenhand, das schon vor Jahrhunderten verlassen wurde, als der Sand über die Türschwelle kroch. Ganz sicher war die Stadt alt. Dennoch wirkte sie nicht verfallen oder strahlte diese unbeschreibliche Melancholie eines unbewohnten Hauses aus.
    Ein Gefühl sagte Cyrion, daß, so wie er die Stadt von draußen betrachtete, drinnen eine schweigende Menge stand und Cyrion beobachtete.
    Was sie sahen? Dies: Einen jungen Mann, hochgewachsen, von täuschend schlanker Gestalt, täuschender Eleganz, welche an sich schon erstaunlich war; denn er wanderte seit Monaten durch die Wüste, auf Karawanenwegen und den seltenen sandbedeckten Straßen. Er trug die weite, dunkle Kleidung der Nomaden, besaß aber, wie die zurückgeworfene Kapuze erkennen ließ, nicht deren dunkle Hautfarbe. An seiner Seite hing ein Schwert in einer Scheide aus rotem Leder. Im Sonnenlicht glänzte der Knauf der Waffe silbriggolden, wie auch sein Haar.
    Seine linke Hand war mit Ringen gepanzert, die zu rauben anscheinend keinem Strauchdieb gelungen War. Falls die Bewohner der Stadt feststellten, daß Cyrion so schön war wie der Erzfeind selbst, waren sie keineswegs die ersten.
    Dann ertönte das grollende, schabende Dröhnen zweier Bronzetore, die entriegelt und auf Gleitrollen nach innen gezogen wurden. Der Weg in die Stadt war offen - aber jetzt versperrt von einer Menschenmenge. Sie waren alle still, und schwarz gekleidet, die Männer und die Frauen, ja sogar die Kinder. Und ihre Gesichter sahen alle gleich aus, und alle betrachtete sie Cyrion auf dieselbe Art. Sie sahen ihn an, als wäre er der letzte sonnige Tag ihres Lebens, die letzte Münze in einer leeren Truhe.
    Das Gefühl seiner unermeßlichen Wichtigkeit für sie war so stark, daß Cyrion der Menge eine tiefe, halb spöttische Verbeugung machte. Während er sich verbeugte, erkannte Cyrion aus den Augenwinkeln, wie ein Mann durch die Menge schritt und vor das Tor trat.
    Der Mann war so groß wie Cyrion. Er hatte ein hartes Gesicht, das gebräunt und doch bleich war, eine Woge schwarzen Haares um einen geschorenen Hinterkopf und einen edelsteinbesetzten Kragen aus dunklem Gold. Aber auch sein Blick hing an Cyrion. Es war der Blick eines Liebenden. Oder der eines Löwen, der seine Beute vor sich sieht.
    »Herr«, sagte der schwarzhaarige Mann, »was führt Euch zu unserer Stadt?«
    Cyrion vollführte eine lässige Bewegung mit der beringten linken Hand.
    »Die Nomaden haben ein Sprichwort: Nach einem Monat in der Wüste ist selbst ein toter Baum ein erfreulicher Anblick.«
    »Nur Neugier also«, bemerkte der Mann.
    »Neugier; Hunger; Durst; Einsamkeit; Erschöpfung«, führte Cyrion aus. Er sah aber nicht so aus, als mache auch nur eines dieser Übel ihm zu schaffen.
    »Speise könnt Ihr bei uns finden, Trank und Ruhe auch. Unsere Geschichte werden wir Euch nicht erzählen. Neugier zu befriedigen, ist nicht unser Schicksal. Unser Schicksal ist düsterer und furchtbarer. Wir erwarten einen Erlöser. Wir erwarten ihn mit gebundenen Händen.«
    »Wann soll er eintreffen?« erkundigte sich Cyrion.
    »Vielleicht seid Ihr es.«
    »Ich? Ihr schmeichelt mir. Man hat mich vieles genannt, aber nie einen Erlöser.«
    »Herr«, sagte der schwarzhaarige Mann, »spottet nicht über das Elend dieser Stadt, noch über ihre einzige

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