Cyrion
hinnehmen mußte, der eigentlich Cyrion gegolten hatte, tröstete sich mit dem Gedanken, daß Cyrion für den Magier ganz bestimmt nicht flink genug sein würde.
Wieder kam die Dunkelheit, die beständige und verläßliche Nacht. Manch einer in Jebba, der bei Hasmun in Ungnade gefallen war, hatte Grund, diese beständige Wiederkehr zu fürchten, Dunkelheit erfüllt von glitzernden Sternen, glitzernden Nadeln und Qualen, glitzernd vor Tränen und Schweiß.
In den Stunden dieser Nacht wanderte Mareme totenblaß durch ihre prachtvolle Wohnung. Sie fand keine Ruhe und manchmal, im unwillkürlichen Gedanken an ihre primitiven Anfänge am Hafen, raufte sie sich die Haare.
Zwei Stunden vor der Morgendämmerung elektrisierte sie ein samtpfötiges Klopfen an der Tür. Sie flog zur Türe und ließ Cyrion ein, der, bleich und hager wie ein Mann nach woche nlangem Fieber, ihr ein freundschaftliches Lächeln schenkte. Er hatte sich fest in einen Umhang gewickelt und hielt in einer Hand zwei der schlanken Weinkrüge, die während der ganzen Nacht am Hafen ve rkauft wurden.
»Ich kann es nicht ertragen -« rief Mareme.
»Leise«, sagte er und schloß die Tür. »Ich verbrachte einige unterhaltsame Stunden in einem Bootsschuppen und erschreckte die Ratten mit meinen Zuckungen. Der Apotheker ist für diese Nacht fertig mit mir.«
»Ich werde mich umbringen«, behauptete Mareme. »Du hast dich in einen Bootsschuppen verkrochen, damit ich deine Qualen nicht sehen konnte. Aber dein Schmerz ist auch der meine -«
»Nicht ganz«, meinte Cyrion. »Sei froh.«
»Weißt du keinen Ausweg?« weihte sie.
»Ich weiß nur, daß ich jetzt etwas Hafenwein trinken möchte.«
Immer noch in den Umhang gehüllt, entkorkte er einen Krug, schenkte die beiden blauen Kristallkelche voll und reichte ihr den einen. Das Mädchen, trank unwillkürlich, ohne es zu wollen, ließ den Becher auf den Teppich fallen und sank daneben auf den Boden. Ein schwacher Duft stieg von dem vergossenen Wein auf, der Duft der Droge, die Cyrion hineingegeben hatte. Er hob Mareme auf und legte sie auf ihr Bett. Trat dann lautlos an das Kosmetiktischchen, über dem in ihrem goldenen Käfig die Flugratte zwitscherte.
Hasmuns zehn Leibwächter saßen bei einem Würfelspiel in dem düsteren Laden zwischen den Regalen mit Tränken und Giften, beobachtet von der ausgestopften Kobra. Drei oder vier Lampen brannten angestrengt und verbreiteten gerade genug Licht, daß die Spieler die Würfel erkennen konnten. Noch eine Stunde, bis die Sonne über der Wüste im Rücken Jebbas aufging und die Tagwache sie ablöste. Neben ihrem Würfelspiel hatte es diese Nacht noch anderen Spaß gegeben. Das Murmeln des Zauberers, das Summen unsichtbarer Flöten, den heißen Luftzug, der das Erwachen unheiliger Mächte ankündigte. Dann das aufmerksame Schweigen des Magiers hinter dem Löwenfell, als er die Nadeln drehte. Keiner von Hasmuns Schlägern hatte ihn je bei seinem Zauber beobachtet. Sie waren klug genug, um nicht zu spionieren, und verspürten auch nicht den leisesten Drang in dieser Richtung. Sie rissen Witze über Cyrions Schicksal, aber ihre Augen wurden starr dabei, und die Würfel klapperten lauter.
Es war ein kompliziertes, boshaftes Würfelspiel, mit dem sie sich die Zeit vertrieben, bei dem es um Geld oder auch eine Tracht Prügel ging. Im Moment herrschte Stille, als einer die Würfel schüttelte und einen garstigen, persönlichen Dämon um Beistand anflehte.
Und in diese Stille platzte ein gewaltiger Lärm. Eigenartigerweise schien es aus dem Innern des Ladens zu dringen oder aus dem Hinterhof. Ein Klirren von Geschirr und ein Brüllen und Schreien, aus dem manchmal Hasmuns Name in Verbindung mit unflätigen Ausdrücken herauszuhören war.
Die Wächter rannten zu dem Löwenfell und in die dahinter befindliche Zelle, in der es unter den Füßen knirschte, wo aber kein Anzeichen für einen Eindringling zu bemerken war. Bald war die Hängelampe entzündet, bei deren Licht die Scherben eines Tonkrugs zu erkennen waren, den offensichtlich jemand durch das Fenster in die Kammer geworfen hatte. Das Geschrei hatte inzwischen aufgehört. Bevor einer der Wächter sich an den Regalen zu dem schmalen Fenster hinaufhangeln konnte, gab es eine laute Explosion vor der Apotheke. Wie auf Befehl stürmten die Männer aus der rötlich beleuchteten Kammer durch den Laden und den Perlenvorhang an der Tür. Dort entdeckten sie ein zweites Gefäß, diesmal mit brennendem Teer gefüllt, das
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