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Daddy Langbein

Daddy Langbein

Titel: Daddy Langbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
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gestern nacht ihr Lager am Trasimenischen See aufgeschlagen. Sie bereiteten einen Hinterhalt für die Römer vor, und heute früh fand zur vierten Wach-
    stunde eine Schlacht statt. Die Römer setzten sich ab.
    II. Französisch:
    24 Seiten der „Drei Musketiere“ und dritte Konjugation; unregelmäßige Verben.
    III. Geometrie:
    Mit den Zylindern fertig, nun bei den Kegeln.
    IV. Englisch:
    Studium der Exposition. Mein Stil nimmt täglich an Kürze und Klarheit zu.
    V. Physiologie:
    Beim Verdauungssystem angekommen. Als nächstes die Galle und der Pankreas.
    Ihre in Erziehung begriffene
    Jerusha Abbott.
    P. S. Ich hoffe, Sie trinken nie Alkohol, Daddy?
    Er hat furchtbare Wirkungen auf die Leber.

Mittwoch.

    Lieber Daddy-Langbein!

    Ich habe meinen Namen geändert. Im Katalog bin ich immer noch „Jerusha“, aber sonst bin ich überall „Judy“. Es ist aber doch wirklich arg, wenn man den einzigen Spitznamen, den man hat, sich selber geben muß. Ich habe allerdings die Judy nicht ganz erfunden. Freddy Perkins hat mich so genannt, bevor er richtig reden konnte.
    Ich wollte, daß Mrs. Lippett beim Auswählen von Namen für die Babys etwas Erfindungsgabe zeigen würde. Sie holt die Nachnamen aus dem Telefonbuch — Sie werden Abbott auf der ersten Seite finden — und die Vornamen liest sie irgendwo auf. Jerusha stammt von einem Grabstein. Ich habe es immer gehaßt. Aber Judy gefällt mir recht gut. Es ist so ein alberner Name. Er gehört zu der Sorte Mädchen, wie ich’s nicht bin — ein süßes blauäugiges Ding, das von der ganzen Familie verhätschelt und verwöhnt wird und ohne alle Sorgen seinen Weg durchs Leben spielt. Wäre es nicht schön, so zu sein? Was für Fehler ich auch haben mag, niemand kann mir vorwerfen, daß ich von meiner Familie verwöhnt wurde! Aber es ist sehr lustig, mir vorzumachen, daß es so war. In Zukunft bitte ich, mich immer als Judy anzureden.
    Wissen Sie was? Ich habe drei Paar Lederhandschuhe. Früher bekam ich Lederfäustlinge am Christbaum, aber nie richtige Lederhandschuhe mit fünf Fingern. Ich hole sie immer wieder hervor-und probiere sie an. Ich muß mich sehr beherrschen, sie nicht in der Vorlesung anzuziehen.
    (Essensglocke. Adieu!)

    Freitag.

    Was meinen Sie, Daddy? Die Dozentin für Englisch sagte, daß mein letzter Aufsatz ein ungewöhnliches Maß an Originalität zeige. Wahrhaftig. Es waren ihre Worte. Es scheint doch fast nicht möglich angesichts der Schulung, die ich achtzehn Jahre

    lang hatte. Das Ziel des John-Grier-Heims (das Sie, zweifellos kennen und von Herzen billigen) ist es, die siebenundneunzig Waisen in siebenundneunzig Zwillinge zu verwandeln.
    Die ungewöhnliche künstlerische Begabung, die ich zeige, wurde schon in frühem Alter entwickelt, als ich Bilder von Mrs. Lippett mit Kreide auf die Scheunentür zeichnete.
    Ich hoffe, ich verletze Ihre Gefühle nicht, wenn ich das Heim meiner Jugend kritisiere? Aber Sie haben die Oberhand; denn wenn ich zu frech werde, können Sie ja immer die Zahlung des Monatswechsels einstellen. Es ist nicht sehr höflich, das zu sagen — aber Sie können nicht erwarten, daß ich Manieren habe. Ein Waisenhaus ist kein Pensionat für höhere Töchter.
    Wissen Sie, Daddy, es ist nicht die Arbeit, die im College schwer sein wird. Es ist das Spielen. Die Hälfte der Zeit weiß ich nicht, worüber die Mädchen reden; ihre Witze beziehen sich auf eine Vergangenheit, an der alle außer mir Teil hatten. Ich bin ein Fremdling in der Welt, und ich verstehe die Sprache nicht. Es ist ein elendes Gefühl. Ich hatte es mein Leben lang. In der Oberschule standen die Mädchen in Gruppen beisammen und sahen mich nur an. Ich war sonderbar und anders, und jedermann wußte es. Ich konnte fühlen, daß „John-Grier-Heim“ auf meinem Gesicht geschrieben stand. Und dann gaben sich einige Mildtätige Mühe und kamen und sagten einige höfliche Worte. Ich haßte jede einzelne von ihnen — und die Mildtätigen am allermeisten.
    Hier weiß niemand, daß ich in einer Anstalt aufgewachsen bin. Ich erzählte Sallie McBride, daß meine Mutter und mein Vater tot sind, und daß ein gütiger alter Herr mich ins College gehen läßt — was ja soweit durchaus wahr ist. Ich möchte nicht, daß Sie glauben, ich sei ein Feigling, aber ich möchte so gern wie die übrigen Mädchen sein, und das gräßliche Heim, das meine Kindheit überschattet, ist der eine große Unterschied. Wenn ich ihm den
    Rücken kehren und die Erinnerung daran aussperren kann, dann

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