Daddy Uncool
sieh dir das an«, sagte Amanda.
»Was denn?«
»Das war das erste Lachen von dir, seit dieser Bursche bei La Famiglia vergessen hat, uns die zweite Flasche Chianti zu berechnen«, sagte Amanda. »Möchtest du etwas trinken?«
»Nicht wirklich«, sagte ich.
»Ich auch nicht«, sagte Amanda, während sie abwesend den Automaten ansah. »Ich würde eher Pisse trinken als etwas aus dem Ding dort.«
Amanda sagte manchmal solche Sachen, ohne dass sie ein Lachen dafür ernten wollte. Ich erinnerte mich daran, wie gerne ich es mochte, wenn sie solche staubtrockenen Bemerkungen machte. Die Art, wie sie es sagte, ließ einen glauben, dass sie wirklich lieber Pisse als Kaffee aus so einem Apparat trinken würde.
»Ich muss dich um einen Gefallen bitten«, sagte ich, während mein Gesicht immer noch an das leuchtende
Plastikrechteck gepresst war. »Und ich möchte, dass du weißt, dass du eine Wahlmöglichkeit hast.«
»Hmmm … ich weiß nicht, ob mir gefällt, was ich gerade gehört habe«, sagte Amanda. »Bist du dir sicher, dass ich nicht doch so einen beschissenen Kaffee benötige, um zu verkraften, was du mir sagen willst?«
»Würdest du mich zu einer Unterredung mit dem Jugendamt begleiten?«, fragte ich. »Du brauchst nur so zu tun, als ob wir zusammen wären.« In der Zeit zwischen ihrer Begegnung mit Joan und dem Rückruf vom Chef des Jugendamtes, der uns erlaubte, Caitlin zu sehen, hatte ich ihr die Bedenken der Behörde erklärt.
»Nein«, erwiderte sie fest.
Mir sackte das Herz in die Hose. Es war nicht das, was ich erwartet hatte. Nichtsdestoweniger konnte ich verstehen, wie sie sich fühlte. Sie hatte gerade herausgefunden, dass der Mann, mit dem sie fünf Jahre lang verheiratet war, eine Tochter hatte. Genau genommen war sie jetzt eine Stiefmutter.
»Natürlich werde ich das machen«, sagte sie sachlich. »Warum sollte ich nicht?«
Ich stieß mich müde von dem Automaten ab, ging zu ihr und umarmte sie, fühlte ihren Körper an meinem.
»Danke«, sagte ich. »Danke, danke, danke …«
Wir gingen hinaus auf den Parkplatz. An meiner Windschutzscheibe klebte ein Strafzettel. Amanda nahm in ab und zerriss ihn.
»Die können uns kreuzweise«, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Trotz der Erleichterung darüber,
dass sie mir wegen Caitlin helfen würde, musste ich noch etwas anderes wissen. Es gab noch eine unerledigte Aufgabe.
»Was ist mit Nick?«, fragte ich.
»Nick?« Sie machte ein fragendes Gesicht.
»Letzte Nacht am Telefon«, sagte ich. »Du hast mit Nick gesprochen.«
»Oh, Nick«, sagte Amanda, als bei ihr der Groschen fiel. »Nicky. Ja, sie ist eins der neuen Mädchen im Büro. Hat erst vor ein paar Wochen angefangen. Nettes Mädchen. Wir sind ein paarmal zusammen aus gewesen.«
»Oh«, sagte ich.
»Jetzt verstehe ich«, meinte Amanda lächelnd. »Deshalb bist du verschwunden, ohne dich zu verabschieden.«
Sie lachte über mich und hängte sich ihre Tasche über die Schulter.
»Sie kommt schon wieder in Ordnung«, sagte Amanda schließlich und nahm mein Gesicht in ihre Hände. »Wir werden auch mit dieser sauertöpfischen Frau vom Jugendamt fertig werden. Es wird alles in Ordnung kommen. Es gibt nur ein Problem, an dem wir noch arbeiten müssen.«
»Welches denn?«, fragte ich.
»Uns«, sagte Amanda und steckte sich einen Lutscher in den Mund. »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich, nahm ihn wieder heraus und wedelte damit in der Luft herum. »Ich versuche, das Rauchen aufzugeben.«
»Das wird auch höchste Zeit«, sagte ich.
Sie nickte.
»Und es gibt noch einige andere Sachen, die auch längst überfällig sind«, sagte ich.
»Zum Beispiel?«, fragte sie.
»Was hältst du von einem gemeinsamen Essen heute Abend?«, sagte ich.
»Ich werde versuchen, dich einzubauen«, antwortete sie und winkte mir zu.
33
Ich saß auf einem Metallstuhl in Caitlins Zimmer auf der Intensivstation, ratlos und erstaunt: Es war einfach überwältigend, dass dieses Mädchen, das im Bett vor mir schlief mit einem intravenösen Zugang und angeschlossen an einen Herzmonitor, mein so verletzliches Fleisch und Blut war.
Es schien kaum möglich. Genauso unglaublich war, dass Amanda und ich nach jahrelangen Versuchen, ein Kind zu zeugen, jetzt Eltern sein würden. Ich vermutete, dass Caitlins Auftauchen in unserem Leben genau das war, was unsere zerrüttete Ehe brauchte: Statt als einzelne Satelliten durchs All zu treiben, würden wir zusammen auf einer gemeinsamen Umlaufbahn unterwegs sein. Als ich an
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