Daemmerung ueber der See
ablehnen, aber die Bewunderung über das, was sie auf der unglücklichen
Golden Plover
getan und erduldet hatte, das Elend, der Kampf ums Überleben mit den anderen in dem offenen Boot, hatte fast alles verändert.
Es wurde gesagt, daß sie einen der Meuterer mit einem ihrer spanischen Kämme niedergestochen hatte, nachdem Bolithos Plan, das Schiff zurückzuerobern, fehlgeschlagen war.
Einige der Frauen hatten versucht sich vorzustellen, wie es sein mußte, auf einem kleinen Boot mit den Guten und den Bösen, den Verzweifelten und den Lüstlingen zusammengepfercht zu sein, wenn doch alles verloren schien. Die Männer sahen ihr nach und stellten sich vor, mit der Frau des Vizeadmirals allein zu sein.
Grace Ferguson schreckte aus ihren Gedanken auf: »Heute abend gibt es Lamm, Bryan.« Sie war wieder im Dienst. »Und diesen französischen Wein, den sie beide anscheinend mögen.«
Amüsiert blickte er sie an. »Man nennt ihn Champagner, meine Liebe.«
Sie wollte sich schon eilig auf den Weg machen, um mit den Vorbereitungen zu beginnen, als sie innehielt und ihn umarmte.
»Ich werde dir etwas verraten: Trotz all' der Teufel, die uns plagen, können sie nicht glücklicher sein als wir!«
Ferguson starrte ihr hinterher. Sogar nach so langer Zeit konnte sie ihn noch überraschen.
Ein sehr ehrenwerter Mann
Bryan Ferguson brachte seine kleine Kutsche zum Stehen und betrachtete seinen Freund, der die Gasse zum Gasthof hinunterblickte. »The Stag's Head« war schön gelegen in dem kleinen Weiler Fallowfield am Helford River. Es war schon fast dunkel, aber an diesem milden Juniabend konnte er ein Stück des Flusses durch die Reihe hoher Bäume schimmern sehen. Die Luft war erfüllt vom Abendgesang der Vögel und dem Summen der Insekten.
John Allday trug sein bestes blaues Jackett mit den besonderen Goldknöpfen, die ihm Bolitho gegeben hatte. Sie zeigten alle das Wappen der Bolithos. Allday war über diese Geste fast vor Stolz geplatzt:
einer der Familie
, so wie er sich selber oft beschrieben hatte.
Ferguson bemerkte die Unsicherheit seines Freundes, eine Nervosität, die er bei Allday vor dem ersten Besuch des »Hirschen« niemals festgestellt hatte. Doch Allday hatte der Frau, der das Wirtshaus jetzt gehörte, das Leben gerettet: Unis Polin, die hübsche Witwe eines Steuermannsmaaten der alten
Hyperion.
Sie war von zwei Straßenräubern überfallen worden, als sie ihre paar Habseligkeiten in diesen Flecken bringen wollte.
Ferguson ging vieles durch den Kopf. Mit dem vom Wind und Wetter gegerbten Gesicht, dem feinen blauen Jackett und den Nanking-Breeches würden die meisten Leute Allday geradezu für das Musterexemplar eines Jan Maaten halten. Für einen jener Seeleute, die das sichere Schutzschild gegen die Franzosen und die anderen Feinde bildeten, die sich erdreisteten, der Marine Seiner Britannischen Majestät die Stirn zu bieten. Er hatte fast alles gesehen und erlebt. Ein paar Auserwählte kannten ihn nicht nur als den Bootssteuerer von Vizeadmiral Sir Richard Bolitho, sondern auch als dessen besten Freund. Für einige war es kaum denkbar, sich den einen ohne den anderen vorzustellen.
Aber an diesem Abend fiel es Ferguson schwer, in ihm den sonst so selbstbewußten Mann wiederzuerkennen. Er spekulierte: »Na, rutscht dir das Herz in die Hose, John?«
Allday leckte sich die Lippen. »Nur dir und sonst keinem gestehe ich, daß mir die Segel backstehen. Ich habe mir diesen Augenblick vorgestellt – und sie natürlich auch oft genug. Als die
Anemone
beim Wenden unter Rosemullion ihren Kupferboden zeigte, war mein Kopf so voller froher Gedanken, daß ich kaum geradeaus sehen konnte. Aber jetzt…«
»Hast du Angst, daß du einen Narren aus dir machst?«
»Etwas in dieser Art. Tom Ozzard fürchtet das auch.«
Ferguson schüttelte den Kopf. »Ach der! Was versteht der schon von Frauen?«
Allday blickte ihn an. »Darüber bin ich mir auch nicht so sicher.«
Ferguson legte seine Hand auf Alldays Arm. Er fühlte sich an wie ein Stück Holz.
»Sie ist eine gute Frau. Genau das, was du brauchst, wenn du seßhaft werden willst. Dieser verdammte Krieg kann nicht mehr lange dauern.«
»Was ist mit Sir Richard?«
Ferguson blickte auf den dunklen Fluß. Also das war es. Er hatte es fast vermutet. Der alte Wachhund machte sich Sorgen um seinen Herren. So war es immer.
Allday deutete sein Schweigen als Zweifel. »Ich werde ihn nicht im Stich lassen, und du weißt das!«
Ferguson schüttelte die Zügel sehr
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