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Daemonen des Lichts

Daemonen des Lichts

Titel: Daemonen des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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endlos tiefen Augen los und machte Anstalten, die Tür zu schließen – aber bevor ich wusste, wie mir geschah, war er nach vorne geschnellt und hatte einen Fuß in den Türspalt gerammt. Im selben Moment packte er meine Hand.
    Die Energie traf mich mit einer Wucht, als knallte ich mit über hundert Stundenkilometern auf eine Wasseroberfläche. Ich spürte, wie mir die Augen aus den Höhlen traten. Ich bekam keine Luft mehr. Bilder rasten in einem Tempo an mir vorbei, dass fast keine Einzelheiten mehr zu erkennen waren. Weißes Licht, das sich zu einer Blüte kräuselte. Menschen mit ehrfürchtigem Blick. Gesichter. Eine seltsame Welt mit glänzenden Türmen und in Roben gekleideten Wesen. Schlagende Flügel. Jemand schrie. Hunger.
    Der Hunger wühlte in meinen Eingeweiden und ließ jedes andere Gefühl verblassen. Ich musste mich nähren. Musste. Ich musste -
    Der Mann ließ meine Hand los und ich sackte matt und kraftlos gegen den Türrahmen. Ich konnte nicht sprechen und rang nach Luft wie nach einem 1000-Meter-Lauf. »Was … was sind Sie?«, flüsterte ich schließlich.
    Er starrte mich wortlos an, alle falsche Freundlichkeit war von ihm abgefallen. Ich konnte die tödliche Gefahr spüren, die von ihm ausging, aber auch die Angst, die sich dahinter verbarg. Ohne mich aus den Augen zu lassen, wischte er sich die Hand an seinem Hemd ab. Dann drehte er sich abrupt um und ging. Er lief die Verandastufen hinunter, stieg in einen schnittigen silbernen Wagen, knallte die Tür zu und brauste in die Nacht davon.
    Als das Motorengeräusch in der Ferne verklang, konnte ich das Zirpen der Grillen hören und das schwache, monotone Rauschen des Verkehrs auf dem Highway. Ich stand da und starrte die Straße hinunter, während meine Gedanken sich überschlugen. Dann erst packte mich die Angst. Ich schmiss die Haustür zu, schloss mit zitternden Fingern ab und stürzte zurück ins Wohnzimmer.
    Mom saß unverändert in ihrem Sessel und starrte weiterhin Löcher in die Luft. Ich betrachtete sie eine Weile und versuchte mein Zittern zu unterdrücken, indem ich die Arme um meinen Oberkörper schlang. Ich wünschte mir sehnlichst, sie würde aufschauen und sagen: Ist alles in Ordnung, Willow? Erzählt mir, Süße. Wie kann ich dir helfen*
    »Wer war das?«, erkundigte sich Tante Jo und hob den Blick vom Fernseher.
    »Niemand«, sagte ich schwach. Obwohl ich wusste, dass es sinnlos war, fiel ich vor meiner Mutter auf die Knie und ergriff ihre Hände. »Mom? Bist du da?«, fragte ich leise.
    Tante Jo glotzte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Was machst du da?«
    »Nichts. Ich … rede nur mit Mom.«
    Sie schnaubte. »Na dann viel Erfolg. Ich glaube, sie ist heute Abend nicht sonderlich gesprächig.«
    Ich gab keine Antwort. Tante Jo stand auf und ging in die Küche. Ich blieb einfach vor meiner schönen, gebrochenen Mutter sitzen und rieb ihr die Hände. »Mom? Mom, kannst du mich hören? Bitte!«
    Ihr Blick flackerte kurz. »Willow?«, murmelte sie.
    »Ich bin’s, Mom. Ich bin hier.«
    Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, seufzte und schloss die Augen. Eine Locke fiel ihr ins Gesicht und ich strich sie zurück und streichelte ihre Stirn. Bald darauf lag wieder das sanfte Lächeln auf ihren Lippen und schweren Herzens erkannte ich, dass sie mir erneut entglitten war. Sie war zurück in ihrer eigenen Welt und betrachtete schöne, faszinierende Dinge.
    Frustriert sah ich sie an und wünschte mir, ich könnte wirklich mit ihr kommunizieren. Aber dazu würde es nie kommen. Immer würde ich versuchen, sie zu erreichen, und niemals würde ich ganz zu ihr durchdringen. Man sollte meinen, ich hätte mich, nach so vielen Jahren, daran gewöhnt. Und das hatte ich ja auch – im Großen und Ganzen. Aber manchmal gab es eben immer noch Momente, so wie diesen, in denen ich von Kummer und Enttäuschung derart überwältigt wurde, dass es mir beinahe den Boden unter den Füßen wegzog. Sogar der Versuch, ihre Gedanken zu lesen, war keine Hilfe, denn ihr Geist bestand nur noch aus lauter Bruchstücken, Regenbögen, Wolken und kleinen Erinnerungsfetzen. Tatsächlich war es für mich eine derart deprimierende Erfahrung gewesen, dass ich es nur ein einziges Mal versucht hatte.
    Gott, ich hasste meinen Vater, wer immer er gewesen war. Ich wusste von Tante Jo, dass Mom vollkommen normal gewesen war, bevor er auf der Bildfläche erschienen war. »Ich habe keine Ahnung, was dieser Mann ihr angetan hat, aber hinterher war sie nie wieder

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