Dämonen-Zwillinge
leisen Stimmen, die uns entgegenklangen.
»Hallo, Mutter!«
Mich hatten sie nicht angesprochen. Ich drehte den Kopf nach links und sah, wie Dagmar unter dieser Anrede zusammenzuckte.
Sie fing sich aber schnell, und sie ballte ihre Hände zu Fäusten. »Ich bin nicht eure Mutter, verdammt! Ich bin nicht die Mutter von zwei Mörderinnen.« Sie hatte lange genug unter Druck gestanden, jetzt brach es aus ihr hervor, als hätte sie ein Ventil geöffnet. Sie stand da wie jemand, der auf dem Sprung ist. Sie wollte angreifen, und genau das musste ich verhindern. Nur keinen Fehler in dieser Lage begehen, und deshalb hielt ich sie fest.
»Abwarten, Dagmar...«
Sie stieß die Luft wieder aus. »Verdammt, es fällt mir so schwer!«
»Ich weiß, aber sie wollen etwas von uns. Das steht fest. Sie sehen nicht so aus, als hätten sie vor, dich jetzt und hier zu töten. Warte es ab, denn sie werden mit ihrem Vorschlag schon herausrücken.«
Sicher war sie sich nicht. Sie hob die Schultern und bewegte auch unruhig die Augen.
»Du kannst deinem Schicksal nicht entkommen, Mutter. Wir haben dich zu lange gesucht, und unsere Mühen sollen endlich Erfolg haben. Wir wollen nicht, dass du hier dein Leben beendest. Wir werden dir schon sagen, wohin du fahren sollst.«
Dagmar war noch nicht bereit, einen Kompromiss einzugehen. Wieder kochte es in ihr. Ich konnte sie nicht stoppen, aber zum Glück sprach sie nur. »Ihr wollt mir sagen, wohin ich zu gehen habe? Nein und abermals nein. Noch bestimme ich über mich selbst.«
»Das ist vorbei, Mutter! Du wirst uns gehorchen müssen...«
Im Gegensatz zu Dagmar hatte ich meine Emotionen zurückhalten können. Ich war in der Lage, die Antworten der Zwillinge zu analysieren. Besonders der letzte Satz hatte mir nicht gefallen. Er hatte sich angehört, als hätten die beiden einen Trumpf in der Hand, so dass Dagmar gezwungen war, ihnen zu folgen.
»Müssen?«, rief sie.
»Ja, müssen, Mutter. Geht einfach aus dem Haus. Setzt euch in den Wagen und dann fahrt los.«
»Ich denke nicht daran! Ich...«
»Ruhig, Dagmar, ruhig«, mahnte ich. »Nichts überstürzen. Bitte keine Panik. Du musst die Nerven behalten.«
»Wenn du nicht willst, wird er sterben!«
Es war praktisch der Satz, auf den ich gewartet hatte. Etwas spannte meinen Rücken. Ich hatte das Gefühl, als würde Eis daran kleben, und ich konnte mir vorstellen, wen die beiden meinten.
Nur bei Dagmar war der Cent noch nicht gefallen, denn sie deutete ein leichtes Kopfschütteln an.
»Du denkst, dass wir bluffen?«
»Ja, denn ich weiß nicht...«
»Willst du, dass dein Freund stirbt?«
Sie gab keine Antwort. Sie stand mit offenem Mund da und schüttelte den Kopf. Dann hatte sie begriffen, und ihre Antwort glich einem Stöhnen. »Meinst du Harry?«
»So heißt er doch, nicht?«
Dagmar Hansen schwieg. Es dauerte Sekunden, bis sie in der Lage war, sich zu bewegen. Dann wandte sie ihren Kopf mir zu und staunte mich auch an.
Ich brauchte nichts zu sagen. Ein Nicken reichte aus, und Dagmar flüsterte: »Also Harry auch?«
»Sie haben ihn!«
»Wie... wie...«
Ich hob die Schultern. »Frag mich nicht. Es gehörte zu ihrem Plan, den sie perfekt durchgezogen haben. Und das nicht erst seit gestern. Sie wussten Bescheid. Die einzige unbekannte Größe in ihrem Spiel bin ich gewesen, aber mich nahmen sie in Kauf. So ist es abgelaufen, Dagmar. Zumindest für mich.«
Ich wusste nicht, ob sie mir zugehört hatte, denn ihre Gedanken drehten sich um ihren Lebenspartner. »Verdammt, verdammt!«, flüsterte sie. »Die haben Harry. Die haben ihn tatsächlich. Ich... ich... glaube ihnen. Die haben ihm eine Falle gestellt. Er ist gar nicht bei seiner Konferenz. Die müssen ihn abgefangen haben...«
»Das sehe ich ebenso.«
Dagmar schloss für einen Moment die Augen. Sie sah auch aus, als würde sie fallen, aber sie fing sich und riss sich auch stark zusammen, so dass ihr niemand anmerkte, wie sie sich tatsächlich fühlte.
»Du wirst uns folgen, wenn du ihn lebendig Wiedersehen willst. Es gibt für dich nur eine Chance. Setz dich in deinen Wagen und fahr los. Alles andere überlasse uns...«
Mehr sagten sie nicht. Für einen Moment war in der Wohnungstür ein helles Geriesel zu sehen, danach ein schwaches Aufblitzen der Umrisse, dann waren die Zwillinge wieder verschwunden. Alles sah wieder normal aus. Es schien sie nie gegeben zu haben.
Dagmar seufzte auf. Sie brauchte eine Stütze und ließ sich gegen die Wand fallen.
»Damit habe ich
Weitere Kostenlose Bücher