Dämonen-Zwillinge
Psychonautin würdig ist.«
»Wir gehen ihn nicht!«
Eine Antwort wie ein Schrei. Irene hielt nichts mehr bei ihrer Schwester. Jetzt wusste sie, dass es die letzte Gelegenheit war, die Chance am Schopf zu fassen.
Sie warf sich nach vom. Der Tisch war ihr Ziel und zugleich das Öllicht, das in der Mitte stand. Eine breite Flamme wehte in die Höhe und tanzte dabei wie ein hauchdünnes Gewand.
Wie zwei Greifer wischten die Hände über den Tisch hinweg und umfassten die Schale. Sofort riss Irene sie in die Höhe. Sie verbrannte sich die Hände an den Innenseiten, das machte ihr in diesem Augenblick nichts aus. Sie wusste, was sie tun musste, und sie schleuderte die Schale mit dem brennenden und heißen Öl im nächsten Moment der Mutter entgegen.
Penelope hatte mit allem Möglichen gerechnet, nur nicht mit diesem Ausbruch an Gewalt. Das hatte ihr auch die Kraft des dritten Auges nicht anzeigen können.
Sie duckte sich nicht einmal, als die Schale auf sie zuflog und gegen ihre Brust prallte.
Das Öl spritzte heraus. Es verteilte sich an den verschiedensten Stellen. Es war heiß, es brannte auch, und das Gewand der Frau bestand aus einem trockenen Stoff, der zudem noch recht dicht um ihren Körper gewickelt war.
So kam es, wie es kommen musste.
Plötzlich stand das Gewand in Flammen! Es brannte im Nu lichterloh. Die Flammen schossen in die Höhe und griffen mit ihren heißen Fingern auch nach dem Gesicht der Frau, das durch die Stola nicht geschützt wurde. Öl war mit auf die Haut gespritzt und klebte dort als kleine Flammennester fest.
Der Stoff brannte wie Zunder, und die Frau brannte mit.
Sie schrie. Sie torkelte durch den Raum und war zu einem grauenvollen Gespenst geworden. Das Feuer hüllte sie ein wie ein Mantel, aber es blieb nicht nur am Stoff kleben. Es übernahm die gesamte Gestalt und fuhr in die Haare hinein, die sich wie kleine Feuerzungen knisternd aufblähten und einen Glutmantel auf dem Kopf bildeten.
Wind entstand. Er packte die verkohlte Stola und schleuderte sie wie einen großen Aschelappen durch den Raum.
Schreckliche Schreie gellten aus den Flammen hervor. Sie hatten alles Menschliche verloren und hätten zu einem Tier gepasst, das gequält wurde.
Noch war Penelope nicht zusammengebrochen, allerdings in die Knie gesackt. Sie stolperte als brennende Furie durch den Raum, eingehüllt in Feuer und Rauch. Sie prallte gegen die Wände, rutschte daran entlang, schlug um sich und brach schließlich dicht neben dem Tisch zusammen, schon mehr Asche als Mensch.
Isa schaute zu. Sie war entsetzt und auch unfähig, sich zu bewegen. Sie fragte sich, ob sie das gewollt hatte, doch Irene übernahm wieder die Initiative.
Mit beiden Händen zerrte sie Isa zur Seite, so dass die junge Frau hart gegen sie prallte.
»Du musst mitkommen. Sofort. Wir müssen flüchten, bevor unsere Männer kommen.« Ein schauriges Lachen fegte aus ihrer Kehle. Es hörte sich wie ein Versprechen für die Zukunft an.
Isa dachte an nichts mehr. Ihr Gehirn war leer. Sie reagierte nur noch, und sie folgte Irene nach draußen in die dunkle Nacht. Kein einziges Mal schauten sich die Zwillinge um.
Von nun an waren sie frei. Frei wie man es nur sein konnte. Bis in alle Ewigkeiten...
***
Ein Schrei wehte durch das Zimmer, ein Laut, der einem tiefen Stöhnen glich.
Harry Stahl nahm seine Arme hoch und klatschte die Hände gegen sein Gesicht. Er saß noch immer neben Dagmar Hansen auf dem Bett, doch er nahm es nicht mehr wahr.
Noch immer fühlte er sich wie gefangen von der Szene, die ihm das dritte Auge seiner Partnerin gezeigt hatte.
Es war ein Blick in eine Vergangenheit gewesen, die gut 3000 Jahre zurückliegen konnte. In die hellenistische Zeit oder noch weiter zurück, das hatte er nicht erkennen können.
Eine brennende Frau. Zwei Schwestern, Zwillinge, die ihre Mutter hatten sterben lassen.
Seine Hände sanken wieder nach unten. Er schaute in Dagmars Gesicht. Aber noch immer waren die Bilder nicht verschwunden. Sie tobten in seiner Erinnerung. Er sah alles sehr deutlich, und auch die Schönheit der Schwestern war nicht verblasst.
»Harry...«
Die Stimme der Frau war nur ein Hauch, aber Stahl hatte sie gehört und nickte.
»Du solltest dir bitte nicht zu viele Gedanken machen. Ich wollte auch nicht, dass du mit hineingezogen wirst, aber ich muss dir sagen, dass es nicht anders ging...«
»Schon gut, Dagmar. Man kann nicht gegen sein eigenes Schicksal ankämpfen. Es ist alles festgelegt, das weißt du.« Er
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