Dämonen-Zwillinge
vergessen, wenn du verstehst, Harry.«
»Nicht genau.«
»Schon einmal haben sie ihre Mutter getötet und gedacht, dass damit alle Probleme aus der Welt geschafft wären. Aber Penelope ist wiedergeboren worden, und zwar in mir. Das wissen Isa und Irene, und deshalb sind sie gekommen, um die gleiche Tat noch einmal zu begehen...«
***
Das genau war der Schlag mit dem Hammer für Harry Stahl. Er hatte alles gehört, doch er war nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. Etwas hielt seine Kehle zugedrückt, und er merkte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg. Selbst in den Fingerspitzen spürte er das Kribbeln, denn mit einer derartigen Erklärung hatte er nicht gerechnet.
Er musste noch nachfragen. »Die Zwillinge sind wieder da?«
»Leider.«
»Und wo?«
»Ich weiß es nicht, Harry. Aber sie sind im Land, und sie wollen mich, das steht fest. Das weiß ich genau, auch wenn ich sie nicht gesehen habe. Aber ich konnte die Gefahr spüren.«
Harry stand auf. Er konnte einfach nicht mehr sitzen. Er musste sich bewegen, und er hatte auch das Bedürfnis, etwas loswerden zu müssen. Einen inneren Druck.
Auf und ab ging er. Schüttelte den Kopf. Sprach mit sich selbst. »Wahnsinn ist das«, flüsterte er vor sich hin. »Das ist einfach der blanke Wahnsinn! Ich kriege das einfach nicht gebacken.« Er kam sich vor wie vor Jahren, als er zum ersten Mal mit dem Grauen konfrontiert worden war. Da war er fast ebenso fassungslos gewesen.
»Nimm es hin, Harry!«
»Ja, ja, das muss ich ja.« Er unterbrach die Wanderung und schaute Dagmar an. »Sag mir doch, wie du das überhaupt bemerkt hast. Es kann ja sein, dass du einer Einbildung verfallen bist. Es muss ja nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen.«
Dagmar sagte nichts. Auch die Antwort fasste sie nicht in Worte. Sie hob nur die rechte Hand und deutete mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.
»Aha.« Er folgerte weiter. »Dann müssen die Zwillinge mittlerweile auch ihre dritten Augen haben.«
»Mittlerweile schon, Harry. Sie können ihnen gewachsen sein. Sie haben ihre Vorstellungen in die Tat umgesetzt. Sie führen nun ihr eigenes Leben, und sie wollen nicht abgelenkt werden. Aber sie haben erfahren, dass ihre damals verbrannte Mutter wiedergeboren wurde, und jetzt haben sie sich auf die Suche gemacht.«
»Das ist verrückt.«
»Stimmt, Harry, und trotzdem nicht zu ändern.«
Er blieb neben dem Bett stehen und legte seine gestreckten Hände gegen die Knie. »Kinder haben nicht nur Mütter, sondern auch Väter. Kannst du mir sagen, wer der Vater der beiden ist? Wer ist derjenige, der dich damals geschwängert hat?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Dachte ich es mir doch.«
»Und das ist nicht gelogen, Harry. So weit reicht meine Erinnerung nicht.«
»Klar.« Er richtete sich wieder auf. »Dabei stellt sich mir die Frage, ob der Vater überhaupt ein Mensch ist oder irgendein Götze oder vielleicht Dämon?«
»Ich muss passen.«
»Ja, ist ganz natürlich«, murmelte Harry und setzte sich wieder auf die Bettkante. Er streichelte automatisch die rechte Hand seiner Partnerin, und es tat ihm gut, die Wärme der Haut zu spüren. »Gehen wir mal davon aus, dass du in allem Recht hast, Dagmar. Dann sind die Zwillinge unterwegs.«
»Kann man so sagen.«
»Jetzt kommt die entscheidende Frage. »Hast du schon eine Spur? Hast du überhaupt etwas bemerkt? Bist du vielleicht beobachtet worden? Hat man dir eine Nachricht geschickt? Eine Warnung vielleicht?«
»Nichts dergleichen.«
»Dann beruht alles auf deiner Annahme?«
»Wenn du es so sehen willst, ist das okay. Aber ich kann mich auf das dritte Auge verlassen.«
Wie wahr!, dachte Harry. Er hatte seinen Worten nichts mehr hinzuzufügen. Er hatte in diesem dritten Auge gesehen, wozu diese Zwillinge fähig waren. Die Mutter stand ihnen im Weg. Da war sie eben ausgeschaltet worden.
Als er an die Mutter dachte, warf er seiner Partnerin unwillkürlich einen langen Blick zu. Er konnte sich kaum vorstellen, dass Dagmar schon mal gelebt hatte und auf eine so schlimme Art und Weise ums Leben gekommen war.
»Du beschäftigst dich mit vielen Fragen, nicht wahr, Harry?«
»Sieht man mir wohl an – oder?«
»Genau. Wie immer dem auch ist, Harry, es hat keinen Zweck, wenn du sie stellst. Wir müssen die Tatsachen hinnehmen. Es gibt die Zwillinge noch. Wieso sie überlebt haben, das kann ich dir auch nicht sagen, aber sie werden mich finden.«
»Wann?«
»Das weiß ich nicht.«
Harry Stahl senkte den Blick. Er stand mit dem
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