Dämonentor
vergessen.
Nachdenken als Broterwerb kann zu echter Hirnstauchung führen. Wenn man da
nicht immer mal wieder die Sau rauslässt, sich ein paar Bier oder sonst was
reinzieht, schrottige Filme im Fernsehen anschaut und grölend ein paar Lieder
singt, dann besteht die Gefahr, dass man eines Tages glaubt, Sonic der Igel zu
sein oder dass sich hinter der uralten Mrs. Simpson im Haus gegenüber in
Wahrheit ein Zweischwanz verbirgt. Könnte blöd laufen, vor allem wenn die Leute
von der Sicherheit einen gerade in diesem Moment im Visier haben.
Ich sitze vor der Flimmerkiste, eine Dose Bier in der
Hand und eine aufgeklappte Pizzaschachtel auf dem Schoß, und schaue zu, wie auf
dem Discovery-Kanal irgendwelche Dinge vorbeirasen und explodieren. Da höre ich
auf einmal ein schreckliches Stöhnen, das unter dem Teppich hervorzukommen
scheint. Zuerst achte ich nicht weiter darauf, denn das Dokudrama, das gerade
läuft, zeigt einen grausamen Flugzeugabsturz. Als das Geräusch allerdings nach
einigen Sekunden nicht aufhört, wird mir klar, dass es sich nicht um Pinkys
apokalyptische Stereoanlage handeln kann, die diese Laute von sich gibt. Wenn
ich nichts dagegen tue, werde ich vielleicht gleich durch die Bodenplanken
gesogen. Also stehe ich etwas unsicher auf und schlängle mich an, allen
möglichen Gegenständen, die wie immer im Weg liegen, vorbei in die Küche. Die
Kellertür steht offen, das Licht ist an und das Geräusch kommt eindeutig von
unten. Ich greife nach dem Feuerlöscher und klettere langsam die Treppe
hinunter. Ein unheilvoller Ozongeruch steigt mir in die Nase …
Chateau Cthulhu ist ein viktorianisches Reihenhaus,
eine typisch anonyme Londoner Wohnzelle, die sich von ihren Nachbarn allerdings
insoweit unterscheidet, als sie drei Kellerräume aufweist und von der Wäscherei
als sauber befunden wurde, was heißt, dass wir wahrscheinlich weder vom KGB
noch vom CIA oder möglichen Gegnern des MI6 abgehört werden. Insgesamt gibt es
vier große Schlafzimmer, die man alle abschließen kann, eine gemeinsame Küche,
ein Wohnzimmer, ein Esszimmer und ein Bad. Die Wasserleitungen gurgeln des
Nachts manchmal leicht bedenklich, und den Teppichboden ziert ein besonders grelles
Paisleymuster, das so um 1880 der letzte Schrei gewesen sein muss und dann von
besonders knausrigen Vermietern in den 1980ern wiederentdeckt wurde.
Als wir einzogen, war eines der Kellerabteile voller
Gerümpel, im nächsten befanden sich zwei rostige Fahrradrahmen und
mumifizierter Katzenkot, während wir im dritten abgebrannte Kerzenstumpen und
ein mit blauer Kreide aufgezeichnetes Pentagramm auf dem Boden entdeckten. Die
Vorzeichen sind gut: Das Haus steht genau am Eck eines gleichseitigen Dreiecks
aus Straßen, unsere Straße verläuft von Osten nach Westen, und keine Fernsehantennen
blockieren die südliche Dachlinie. Brain tat so, als wäre er ein bigotter
Gotteskrieger, und schaffte es, die Miete um zehn Prozent herunterzuhandeln,
indem er versprach, im Gegenzug die bösen Kräfte im Keller zu exorzieren. Zuvor
hatte er Mr. Hussein davon überzeugt, dass ein Haus mit einer Geschichte
kultischer Rituale auf dem Mietmarkt schwer an den Mann zu bringen sein könnte.
(Natürlich Unfug, aber ein Unfug, der sich finanziell ausgezahlt hat.) Der
frühere Tempel gehört jetzt Pinky, und wenn Mr. Hussein ihn sehen könnte, würde
er wahrscheinlich einen Herzinfarkt kriegen. Es sind nicht so sehr die
zweifelhaften Verkabelungen oder die fast zwei Meter hohen Regale, in denen
sich Teile von Pinkys Strowger-Telefonzentrale aus den Fünfzigerjahren
befindet, die einen zufälligen Besucher beunruhigen könnten. Nein, es ist
vielmehr die Tatsache, dass Pinky das dilettantische Kreidegekritzel durch eine
optische Bank, Marke Eigenbau, und eine vernünftig eingestellte Strahlenteilervorrichtung
(samt fünf Prismen) ersetzt hat, die das frühere Pseudo-Seance-Getue nicht nur
als lächerlich entlarven, sondern das Ganze vor allem voll funktionstüchtig
machen.
(Genau, es ist ein Pentagramm. Ja, er benutzt einen
fünfzig Kilovolt starken HT-Netzanschluss und einige verdammt große Anlaufkondensatoren,
um den Laser zum Laufen zu bringen. Richtig, das da am Garderobenständer ist
gegerbtes Ziegenleder, und dort sieht man eine halb gegessene Pizza, die mit
dreiunddreißig Umdrehungen pro Minute auf dem Lin-Sondek-Plattenspieler
herumwirbelt. So ist das, wenn man mit Typen wie Pinky und Brain zusammen
wohnt. Ich habe es ja bereits gesagt. Das hier ist ein
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