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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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wäre!

 
     
     
     
    2
    Nachfrage
     
    Tag zwei des Kurses, zu dem Andy mich geschickt hat,
und gerade erreiche ich meinen absoluten Tiefpunkt. Wir sitzen in einem voll
gepackten Hörsaal und ganz weit unten redet unser Lehrer über die gängigen
Praktiken, Mächte aus den Tiefen des Weltalls herbeizurufen und zu bändigen. In
Gedanken bin ich Millionen von Kilometern weit weg.
    »Denken Sie immer daran, alle großen Kreise zu
schließen. Offene Verbindungen können im Kreislauf Geräusche erzeugen und dafür
brauchen sie einen Kondensator, um Echos zu vermeiden. Im Fall des großen
Kreises von Al-Hazred war der Terminator ursprünglich eine schwarze Ziege, die
man um Mitternacht mit einem Silbermesser, das nur Jungfrauen berührt hatten,
opferte. Aber diese Zeiten sind schon lange vorbei. Hey, Bob! Schlafen Sie da
hinten? Einen Ratschlag: Jetzt wäre es an der Zeit, einmal zuzuhören. Wenn Sie
einen Kreis nämlich falsch schließen, werden Sie ganz schön dumm aus der Wäsche
schauen – wenn Sie überhaupt noch aus der Wäsche schauen.«
    Verdammte Akademiker. »Klar«, sage ich. Ich habe bereits mit Brain darüber
gesprochen. Große    elektrische Kreise sind sowieso nicht gut und werden von
jedem, der einen einigermaßen großen Laser und eine stabile Plattform hat,
grundsätzlich abgelehnt. Strom gilt schon lange mehr oder weniger nichts mehr.
Aber offensichtlich haben diese Leute, die nie aus ihren Elfenbeintürmen
herauskommen, keine Lust, sich auf modernere geometrische Apparate zu
konzentrieren, die auf Licht basieren und keine hässlichen Nebenwirkungen haben
wie die elektrischen. Aber das ist typisch für die alte Schule: Wir dürfen uns
mit Doktor Volt und seinem Adlatus Mr. Ampere herumquälen und können nur beten,
dass uns kein streunender Erdungskreis erwischt, während wir die Mächte herbeirufen.
    »Zeit für einen Kaffee. In einer Viertelstunde geht es
weiter. Dann werde ich Ihnen die Grundsätze einer Bändigungsbeschwörung
vorführen. Danach wollen wir uns über die Folgen einer unkontrollierten
Beschwörung unterhalten.« (Unkontrollierte Beschwörungen sind das Schlimmste,
was einem passieren kann. Wenn es gut geht, infiltriert ein Außerirdischer das
Gehirn desjenigen, der gerade in der Nähe steht; wenn es schlecht läuft, dann
hat man ein Tor, das irgendwo hinführt – und so etwas kann doch nicht gut sein,
oder?)
    Der Lehrer klatscht in die Hände, um sich so der
Kreide zu entledigen. Ich stehe auf und strecke mich. Gerade noch rechtzeitig
erinnere ich mich daran, dass ich meinen Aktenordner schließen sollte. Der
große Unterschied zwischen diesem Kurs und einem besonders langweiligen Seminar
an der Uni ist nämlich die Tatsache, dass hier alles geheim ist. Es kann
drakonische Strafen nach sich ziehen, sollte jemand einen Blick auf deine
Notizen werfen.
    Vor dem Hörsaal gibt es einen Aufenthaltsraum, der in
einer für solche Institutionen typischen kohlgrünen Farbe gestrichen ist. Die
Schalensitze, in denen man es sich dort bequem machen kann, sind knallorange
und lassen mich sofort an die Siebzigerjahre denken. Auch der Kaffeeautomat
gehört noch in eine andere Zeit. Gehorsam stellen wir uns in eine Schlange und
alle fangen an, zwanzig Pence aus ihren Taschen zu kramen. An der Wand hängt
ein abgerissenes Plakat auf dem »GEDANKENLOSES REDEN KOSTET LEBEN« steht. Ob
das ebenfalls noch aus einer anderen Zeit stammt? Den gelben Rändern des
Papiers nach zu urteilen, könnte es durchaus noch ein Relikt aus dem Kampf des
britischen Geheimdienstes gegen Nazi-Deutschland sein.
    Ein Kursteilnehmer kommt schleppenden Schrittes auf
mich zu und grinst wie ein Totenkopf. Ich werfe ihm einen Blick zu und zwinge
mich, nicht die Flucht zu ergreifen. Es ist Fred aus der Buchhaltung – der Typ,
der immer seinen Computer zum Abstürzen bringt und dann erwartet, dass ich ihn
wieder richte. Um die fünfzig, mit einer staubtrockenen Haut, die so aussieht,
als ob eine Riesenspinne jeglichen Saft aus ihr gesogen hätte. Auch am zweiten
Tag des fünftägigen Kurses trägt er noch einen Anzug. Irgendwie passt er ganz
gut zu dem Warteraum aus den Siebzigerjahren. Seine Klamotten sehen zudem so
aus, als ob er darin geschlafen und nicht gelebt hätte, und sie erinnern einen
daran, dass er wahrscheinlich mit seinen Ratenzahlungen im Rückstand ist und
sein Dach einen Schaden hat. »Dr. Vohlman scheint dich auf dem Kieker zu haben,
was?«
    Ich schnaube abfällig. »Metaphorisch oder sexuell?«
    Ein

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