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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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schon damals eingesehen, dass es so einfach nicht war. Beinahe unmerklich war er ein wichtiger Teil ihres Lebens geworden, sie brauchte ihn. Als sie beim nächsten Treffen zusammen im China-Restaurant saßen und er seinen Antrag wiederholte, begann sie zu zweifeln, ob sie sich wirklich nicht vorstellen konnte, mit ihm zusammenzuziehen. Warum hatte sie eigentlich solche Angst davor? Vielleicht wäre es sogar ganz gut? Und warum sollte sie nicht weiterhin arbeiten …
    Als er fragte, woran sie dächte, lächelte sie nur und antwortete ausweichend.
    In diesem Winter schneite es reichlich, und als Eivor im März 1978 sechsunddreißig Jahre alt wurde, lag die Stadt unter einer hohen Schneedecke.
     
    Fast vier Jahre später, im Dezember 1981, fährt Eivor mit dem Zug nach Lomma, um ihren Stiefvater Erik ein letztes Mal zu sehen. Er hatte Asbestose bekommen von seiner Arbeit, bei der er im Fiberstaub in der Eternitfabrik stand und die Platten sägte und zuteilte. Jetzt liegt er in der Lungenklinik von Lund und wird sterben. Der Eternitarbeiter, der einmal Güterwagen auf dem Bahnhof von Hallsberg rangierte, weiß, was ihn erwartet: die Asbestfibern haben Wurzeln in seiner Lunge geschlagen, und er wird langsam daran ersticken. Zwei Wochen bevor Eivor in Borlänge in den Zug steigt, hat Elna angerufen und gesagt, dass Erik am Morgen mit dem Krankenwagen abgeholt wurde, und Eivor weiß, dass das Ende jetzt schnell kommt. Eine der Kranführerinnen, die einspringt, wenn jemand krank ist, übernimmt Eivors Arbeit.
    Sie kommt spätabends in Lomma an, und zeitig am nächsten Morgen nimmt sie zusammen mit Elna den Bus zum Krankenhaus in Lund. Da lag er in seinem Bett, abgemagert zum Skelett, die Haut spannte sich wie ein zu straff aufgespanntes Zelt. Er hatte starke Schmerzen und bekam Sauerstoff, um nicht zu ersticken. Seine Augen schrien heraus, welche Angst er vor dem Sterben hatte. Er konnte Eivor nicht einmal mit seiner zischenden Stimme erzählen, wie verbittert er war.
    Eivor sah ihn nicht sterben. Nach drei Tagen musste sie zurück nach Borlänge, und als sie heimkam, stand Peo da und sagte, dass Elna angerufen habe und dass Erik einige Stunden zuvor gestorben sei, noch während sie im Zug saß.
    Im Zug hatte Eivor das Gefühl nicht abschütteln können, sie habe verloren. Sie dachte, dass ihr Leben wieder einmal in Bahnen gelenkt wurde, die sie nicht wünschte, gegen die sie sich aber auch nicht wehren konnte. Wenige Abende zuvor war Linda in ihr Schlafzimmer gekommen und hatte gesagt,sie sei schwanger. Linda, die gerade achtzehn geworden war und noch zu Hause wohnte, da sie arbeitslos war, hatte sich auf ihre Bettkante gesetzt und vollkommen ruhig erzählt. Also war auch diese Befürchtung eingetreten, und in Eivors Kopf kreisten stumme und hilflose Flüche.
    Linda war sich sicher, dass sie das Kind bekommen wollte, und als Eivor nach dem Namen des Vaters fragte, war die Antwort nur eine Bestätigung dessen, was sie schon befürchtet hatte. Während der letzten Jahre hatte sich Linda – immer verschlossener und verbitterter darüber, dass sie keine Arbeit fand – mit einem gleichaltrigen Jungen zusammengetan, der sich in der gleichen Situation befand. Er hieß Tomas (sein Vater arbeitete natürlich bei Domnarvet) und wirkte, wenn möglich, noch verlorener als Linda. Wenn er manchmal bei ihnen aß und Eivor mit ihm sprach, hatte sie zu ihrer Verwunderung entdeckt, dass er nicht einmal mehr hoffte . Das Einzige, was er sich für die Zukunft vorstellen konnte, war, irgendwann das große Los in Händen zu halten. Pferde, Fußball, Lotto: das waren seine Hausgötter, und er setzte seine ganze Energie darein, sie gnädig zu stimmen. Von ihm also erwartete Linda ein Kind. Wie sollte sie Linda dazu bringen, einzusehen, dass sie einen Fehler beging, wenn sie das Kind zur Welt brachte? Wie sollte sie ihr klarmachen, dass ein Kind kein Ausweg war, kein Strohhalm, um dem Leben einen Sinn zu geben. Es ist zu früh, sie ist zu jung; das alles weiß Eivor nur zu gut.
    An all das denkt sie, als sie im Zug nach Lomma sitzt. Der Puderschnee wirbelt vor dem Waggonfenster, Säter, Hedemora … Linda ist erst einen guten Monat schwanger. Es ist auf jeden Fall noch nicht zu spät, und wenn sie erst einmal aus Lomma zurückgekehrt ist, wird sie all ihre Zeit darauf verwenden, sie davon zu überzeugen, dass eine Abtreibung die einzig sinnvolle Lösung ist. Jeder hat das Recht, über seinLeben zu bestimmen, aber sie kann nicht dasitzen und

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