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Damon Knight's Collection 01 (FO 01)

Damon Knight's Collection 01 (FO 01)

Titel: Damon Knight's Collection 01 (FO 01) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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geladene Atmosphäre erlebt. Normalerweise kam es etwa einmal im Jahr zu einer Auseinandersetzung mit Schimpfworten, erhobenen Stimmen und Androhung von Gewalt. Harms’ Art, den Komplex mit Beschimpfungen und Wutausbrüchen zu leiten, rief Godwin alle Augenblicke auf den Plan und ließ ihn wie einen übergeschnappten Kuckuck aus seinem Gehäuse vor und zurückschnellen. Es war erniedrigend, es war quälend, es war langweilig. Nur der Computer, der ihn für diese Stellung ausgewählt hatte, hätte erklären können, warum das nötig war – Harms hochgradig reizbares Naturell und Godwins Fähigkeit zu schlichten hatte sie ungewollt zusammengeführt. Der Befehlshaber war ein schwerer Fall von Adrenalinsucht.
    Die Ankunft des fremden Schiffes, genau wo und wann er es vorausgesagt hatte, wirkte Wunder auf Harms’ Blutdruck, aber die Errichtung der Barackenstadt darunter war eine unvorhergesehene Tortur für ihn. Er hatte sich als Retter der Welt feiern lassen wollen, trotz der, wie er meinte, »dekadenten Art und Weise, wie diese dezimierte Welt degeneriert geführt wird«. Die Pax Magna hatte ihn in diese fortwährende Raserei getrieben, an der er mittlerweile Gefallen gefunden hatte.
    Er hatte nicht vorausgesehen, daß Liaison ihre idiotische Nase da hineinstecken würde, wo sie am wenigsten erwünscht war, und das zu Hunderten, mitten in die Feuerlinie. Das hinderte ihn daran, den logischen Schluß aus seinem Plan zu ziehen: plötzliche und totale Vernichtung der Eindringlinge. Was das auch immer für Mißgeburten in dem Schiff da waren, sie durften auf keinen Fall zu dem Stützpunkt zurückkehren, der sie zur Erde geschickt hatte – weil ihr Bericht lauten müßte: schwach bevölkert, durch fünfzig Jahre Frieden zermürbt und v erdorben, reif zur Eroberung. Und doch – – –
    Im Augenblick mußte er warten, nötigenfalls bis auf den Sekundenbruchteil, in dem die Eindringlinge ihre Waffen zeigten. Und dann, was bedeutete in einem solchen Augenblick, wenn die Sicherheit der Erde auf dem Spiel stand, das Leben von ein paar hundert kurzsichtigen Menschen? Bis dahin, oder bis er genügend Beweismaterial zusammengetragen hatte, um seinen Schritt zu rechtfertigen, falls ihm wegen des (wenn auch noch so zufälligen) Todes der Liaison-Sondergruppe bedauerlicherweise der Prozeß gemacht würde, konnte er nur abwarten.
    Einen Teil dieser Wartezeit füllte er damit aus, die Liaison-Berichte durchzugehen und sich einen Überblick über die vernichtenden Tatsachen und törichten Spekulationen zu verschaffen; zur Erholung brüllte er mit seinem Stab herum. Die Verzögerung gab ihm Gelegenheit, weitere Bomben und Transportwagen zu requirieren. Er hatte eigentlich nicht damit gerechnet, daß das fremde Schiff so verdammt groß sein würde.
     
    Immer noch sicher, daß das traditionelle Liaison-Paket irgendwie, irgendwo auf seinem traditionellen Weg zu ihm war, wartete Wystan Godwin indes – ohne den geringsten Anhaltspunkt, der ihn über die wahre Situation hätte aufklären können – zuversichtlich auf ein Aktenbündel, das ihn über den Stand der Dinge informieren würde. Wie Harms vorausgesehen hatte, kam er nicht einmal auf den Gedanken, sich so weit herabzuwürdigen, irgend jemanden im Komplex um Informationen anzugehen. Der einzige Mann, der ihm rangmäßig gleichgestellt war, Harms selbst, sprach nie direkt mit ihm. Sie verkehrten ausschließlich über Disputprotokoll, ein Verfahren, das so rituell war wie der Hochzeitstanz des Laubenvogels. Harms’ Diktum später schluckte vierzehn Tage.
    Godwin versuchte gleichzeitig, sich mit beiden Augen auf seine Nasenspitze zu konzentrieren und die Lotosstellung vor sein inneres Auge zu rufen – ein Versuch, dhyãna und yama zu verschmelzen, den sein guru sicher mißbilligt hätte –, als eine kleine Gestalt in Grün direkt vor seinem Eingang ihn ablenkte. Er hörte auf zu schielen.
    Es war ein Zivilist, der in einem Komplex, in dem das Scharlachrot des Militärs herrschte, genauso auffiel wie Wystan Godwin in seinem Liaison-Blau. Und er, er war dem Zivilisten aufgefallen; es war dessen faszinierter Schritt vorwärts, um besser sehen zu können, der seine asketische Übung unterbrochen hatte. Godwin errötete.
    Tulliver Harms kam plötzlich mit langen Schritten aus seinem Büro, vorbei an der Tür der Liaisonzelle, einer fragilen Angelegenheit aus ungetäfelten Trennwänden, die bei seinem Vorübergehen erzitterten. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte an der Mittleren

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