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Damon Knight's Collection 01 (FO 01)

Damon Knight's Collection 01 (FO 01)

Titel: Damon Knight's Collection 01 (FO 01)
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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Anwendung von Gewalt. Extremer Gewalt!«
    Der Liaison-Mann fühlte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Merkwürdig unbeteiligt, stellte er fest, daß es höher stieg als seine Stirn seiner Ansicht nach reichte, bis er sich erinnerte, daß er wieder in der »Zivilisation« und fast bis zum Wirbel kahl war. Einen Augenblick lang sehnte er sich nach dem Lamakloster im Himalaja und sprach sehr sanft zu dem hohnlächelnden Offizier. »Ordnungsgemäße Benachrichtigung und Ratschlag zur Kenntnis genommen. Aber – – –«
    So wie man anfängt, das Ticken einer Uhr wahrzunehmen, die nie stehengeblieben ist, sondern nur unbeachtet vor sich hin getickt hat, so registrierte Wystan Godwin die kleinen physischen Anzeichen, die einer Erkenntnis vorausgehen. Während er mit erhobener Hand, dem universell anerkannten Zeichen des König X, das selbst ein Berserker wie Harms respektierte, auf die Erleuchtung wartete, wunderte er sich in einem Winkel seines Gehirns, der mit dem gegenwärtigen Problem nicht beschäftigt war, über seine eigene Fähigkeit. Dieser endlose Strom von Informationen, der beständig Querverbindungen und Unterverbindungen herstellte, die Bahn wechselte, sich entwertete oder veränderte Größen herauskürzte, führte sehr häufig zu einem Schluß, der mehr war als bloß die Summe der einzelnen Daten. Der Schluß, die überlogische Erkenntnis, war außerhalb seiner Kontrolle und konnte deshalb nicht einfach als Begabung abgetan werden. Das einzige Kriterium seiner Fähigkeit bestand darin, daß er sich nie irrte. Die Fähigkeit, solche Schlüsse hervorzubringen, war die einzige Voraussetzung für die Schulung zum LiaisonVertreter.
    Der Augenblick der Erkenntnis war eine physische Tatsache, eine Wahrnehmung körpereigener Reize, die seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm und ihn so verwundbar machte wie ein langhalsiges Tier an einem Wasserloch: für den Bruchteil einer Sekunde »spürte« er, wie die Erkenntnis sich aus seinem Gehirn löste, genauso, wie er fühlte, daß er schluckte und wieder anfing zu atmen. Völliges Fehlen von Datenmaterial ist Datenmaterial. Harms hat Datenmaterial zurückgehalten … Harms glaubt an eine Bedrohung … Harms ist die Bedrohung.
    Entgegen dem Brauch sprach er die Erkenntnis nicht aus. Die Menschen im Raum warteten reglos, daß der Mann des Gesetzes das Gesetz verkünden würde. Er fragte sich, wozu jeder Agent verpflichtet ist, wenn seine Erkenntnis den sichtbaren Tatsachen widerspricht, ob er diesmal nicht danebengehauen hatte und zu einem falschen Schluß gekommen war. Mit einem potentiellen Verbrecher hatte er es noch nie zu tun gehabt, und mit Verrat hatte er nicht im geringsten gerechnet – denn das Gesetz sagte, daß, bis er abberufen und anderweitig eingesetzt wurde, Harms’ Absichten die seinen waren.
    Gelassen, um seine Zuhörer glauben zu machen, daß er der tatsächlichen Erkenntnis Ausdruck verlieh, rezitierte Godwin: »Eine so willkürliche Ankündigung kann nur von Liaison an Liaison übermittelt werden. Ich werde diesen Mann begleiten.«
    Harms erwiderte nichts, sondern drehte sich nur auf dem Absatz um und stampfte hinaus.
    Godwin bot dem Zivilisten seinen Arm an, als sie das Zimmer verließen, und fragte ruhig: »Was hat das Spezimen mit all dem zu tun?«
    »Wa–, na ja, – nichts, Sir«, flüsterte der Zivilist. Der Umschwung hatte ihn offensichtlich erschreckt. »Ich sammle sie. Ich sah mir gerade eines an – das hier – als mein Agent mich hierher schickte, und ich habe es ohne zu überlegen mitgebracht. Es hat also eigentlich nichts mit dem Schiff oder dem Problem oder sonst was zu tun; es war bloß meins.«
    Er hielt inne, aber nachdem er einmal angefangen hatte, schien er redselig geworden zu sein. »Und daß der Kommandeur es kaputt gemacht hat, das kam so: wie ich es ihm ausgerichtet habe – daß mein Liaison-Vertreter Sie sprechen will – ist er wütend geworden und hat gesagt: ›Geben Sie mir dieses Dreckding da‹ – ich hab es nämlich, glaub ich, gerieben, damit es mir Glück bringt. Und natürlich tat ich es. Ihm geben, meine ich. Aber ich hab gesagt, es sei kein Dreckding. Ich hab es ihm genauso gesagt wie Ihnen: ›Es ist mein Hobby, Sir. Ich sammle Spezimen.‹« Der Zivilist lachte, während ihm immer noch vereinzelte Tränen die Backen hinunterrollten und einen Mangel an psychischer Integration offenbar machten. Godwin mußte wegsehen, und der Zivilist fuhr klagend fort: »Und was hat er gemacht? Er hat es
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