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Damon Knight's Collection 02 (FO 03)

Damon Knight's Collection 02 (FO 03)

Titel: Damon Knight's Collection 02 (FO 03) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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eingesetzt, das Meer zog zu Den Tiefen hin.
    Nach jenem Gespräch mit ihrem Mann war ihre Ruhelosigkeit schlimmer geworden. Plötzlich erschien ihr die ganze Einrichtung der Kuppel bedrückend und lächerlich. Zuerst hatte sie die Vorhänge abgenommen. Der glänzende blaue Stoff mit den blassen, übereinandergreifenden Gezeitenmustern verschwand im Schrank. Mary hatte einen neuen gelben Stoff aufgehängt, sonnengelb, mit Knospen und blühenden Bäumen bedruckt. Dann verbrannte sie die stachligen, bernsteingefleckten Muschelschalen und die Seeigellampen, Jens schlampige Sammlung von Meeresbodenfossilien und sogar die Kissenhüllen, auf die sie selbst einst wogende minoische Muster aus Wasserpflanzen und Polypen gestickt hatte. Statt dessen stellte sie Dinge vom Land auf, Pferde- und Katzenfigurinen, keuchende Porzellanhunde. Längst verschwundene Geschöpfe, aber sie erinnerten sie an die Erde und daran, wie die Menschen einst gelebt hatten.
    Jeder Zierat, jeder Meter Stoff mußte von der Oberfläche gekauft werden. Die Kosten waren ungeheuerlich gewesen, aber nachdem sie einmal angefangen hatte, schien sie nicht mehr aufhören zu können. Jack hatte die Augenbrauen hochgezogen, aber nichts gesagt. Jen hatte geräuschvoller protestiert.
    Ihren Höhepunkt hatte die Krise an jenem Tage erreicht, an dem Mary in dem Wandaquarium von Jens Zimmer ein Stück eines alten, korallenverkrusteten menschlichen Schädels, in dem Jen ihre Krebse angesiedelt hatte, fand. Sie hatte ihre Tochter deswegen geschlagen, etwas, das sie noch nie getan hatte, und den Behälter samt Inhalt durch die Schleuse ausgeleert. Jen war laut heulend ins Meer geflüchtet und stundenlang nicht nach Hause gekommen. Danach verbrachte Mary eine Woche damit, die ganze Kuppel ihres Hauses zu scheuern und den samtigen Tang zu entfernen, bis die kunststoffüberzogenen Platten wie neu glänzten. Aber je mehr sie tat, je mehr sie versuchte, die See aus ihrem Haus zu vertreiben, desto gegenwärtiger schien sie zu werden. Nachts, wenn sie still dalag, glaubte sie fühlen zu können, wie die Wellen langsam gegen den Bungalow andrängten, ihn hierhin und dorthin bogen, langsam, langsam, hierhin … dann dorthin …
    Sie hielt auf die Westterrasse zu, die, auf einem abfallenden Felsenrücken erbaut, etwas höher als der Rest der Stadt lag. Ständig rufend, schwamm sie fast bis zur Kuppel der Belmonts und wieder zurück. Jen war nicht in der Stadt; oder sie wollte nur nicht antworten. Marys Gesicht war jetzt unter der Maske schweißnaß, und ihre Lungen arbeiteten schwer. Alle möglichen Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Stickstoffnarkose, das, was sie früher den Tiefenrausch nannten … aber das war unmöglich geworden, die Lungen lieferten eine Sauerstoff-Helium-Mischung. Dann vielleicht Sauerstoff Vergiftung; dabei konnte es passieren, daß man sich die Maske abriß, das Wasser einatmete und starb. Aber das war praktisch noch nie vorgekommen. Ganz unten an Marys Rücken, und auch an Jens, befanden sich andere Kontakte. Sie führten zu tief im Körper gelegenen Zellen, die das Blut selbst maßen und auf seinen Sauerstoffgehalt prüften, und die Lungen sorgten von sich aus für Ausgleich. Tornisterversagen? Unsinn, die Flasche an ihrem Gürtel hätte sie noch zwanzig Minuten mit Atemluft versorgt. Und die Funkbake, da war ja die Funkbake. Aber Baken können ausgehen …
    Mary machte kehrt, unterschwamm das Drahtnetz der Straßenlampen. Dorthin, wo sie die Taucher an dem neuen Gebäudekomplex arbeiten sehen konnte. Im Schein der Straßenlampen umschwebten die Körper fern und winzig klein die geschwungenen Rippen wie silberne Fische. Unter ihr tauchten gerade die Fenster des Baubüros aus der Dunkelheit auf. Bald würde ihr nichts anderes übrigbleiben als Jack zu rufen … Sie spürte die Angst wieder wie eine Kälte um die Herzgegend. Es gab nur eine Stelle, an der sie noch nicht gewesen war. Sie begann zielbewußt von der Stadt und ihren Lichtern weg auf Die Tiefen zuzuschwimmen.
    Gleich hinter den Kuppeln fiel der Meeresboden in einer Reihe von meilenweiten und meilenlangen Gräben ab. Selbst unsichtbar, waren ihre Umrisse immer noch furchteinflößend. Dies war die Grenze, vielleicht die letzte Grenze auf diesem Planeten. Sie überschwamm den Friedhof, versuchte die zerbrechlichen, aus dem Treibsand aufragenden Kreuze mit ihren wie graue Blätter in der Strömung flatternden Namensschildchen nicht zu sehen. Dorthin, wo das letzte Licht verblaßte und weiter

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