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Damon Knight's Collection 07 (FO14 )

Damon Knight's Collection 07 (FO14 )

Titel: Damon Knight's Collection 07 (FO14 ) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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durch die Lumpen rohen, ausgebleichten Holzes sah man förmlich die schorfige Haut von Unrat und Schmutz. Während er von einer grauen Straße in die nächste trottete, sah er überall die gleiche Eintönigkeit, ohne Farbe, ohne Unterbrechung, und da dämmerte ihm ein Verständnis des anderen Asien, nicht das der gewaltigen Gebirge und Ebenen, sondern das von unendlichen Elendsquartieren, die über graslose Hügel wucherten, düster und monoton, ohne Ende.
    Weil er klein und stämmig war und sich nicht der amerikanischen Moderichtung anpaßte, konnte er ohne Aufsehen zu erregen durch diese Straßen pilgern. Wahrscheinlich trug auch sein Schnurrbart dazu bei. Nur das wachsame und beobachtende Auge konnte ihn als Tourist verraten; nachdem er einen zweiten Film unbelichtet aus dem Fotoapparat gezogen hatte, hatte er ihn in Reparatur gegeben. Tatsächlich hatte Altin ihm versichert (was wahrscheinlich als Kompliment gedacht war), daß man ihn ohne weiteres für einen Türken halten konnte, wenn er erst die Sprache beherrschte.
    Im Laufe des Nachmittags wurde es immer kälter. Der Wind trieb einen dicken Dunstschleier vor die Sonne, der sich auch nicht mehr auflockerte. Dieser einmal dichter, dann dünner werdende Nebel erhellte und verdüsterte die langsam westwärts sinkende Sonne, und die wechselnden Lichtverhältnisse flüsterten ihm widersprechende Gerüchte über die Behausungen und ihre Einwohner zu. Er wollte aber nicht stehenbleiben und lauschen. Er wußte schon mehr über ihre Schwierigkeiten als ihm lieb war. Er beschleunigte seine Schritte und wandte sich der Richtung zu, in der er die Landestelle der Fähre vermutete.
    Der Junge stand weinend neben einem öffentlichen Brunnen an der Kreuzung zweier enger Gassen, einem Wasserhahn, der aus einem grobgehauenen Betonklotz herausragte. Fünf oder sechs Jahre alt. Er trug große Plastikeimer in den Händen, einen hellroten und einen türkisfarbenen. Das Wasser war ihm über die fadenscheinigen Hosen und die nackten Füße gelaufen.
    Zuerst vermutete er, der Junge weine nur wegen der Kälte. Der nasse Boden gefror fast, und darüber mit nackten Füßen zu gehen …
    Dann sah er die Sandalen. Es waren einfache blaue Gummisohlen mit einem Riemen, der zwischen dem großen und dem nächsten Zeh an der Sohle befestigt war – die billigste Art von Strandschuhen.
    Der Junge bückte sich und preßte die Riemen zwischen seine steifen, blaugefrorenen Zehen, aber schon nach einem oder zwei Schritten glitten sie ihm von den erstarrten Füßen. Bei jedem erneuten vergeblichen Versuch schwappte mehr Wasser aus den Eimern heraus. Er konnte die Sandalen nicht an den Füßen behalten, und sie einfach liegenlassen konnte er auch nicht.
    Als ihm die unmögliche Lage klar wurde, erfaßte ihn ein Schrecken ob seiner Hilflosigkeit. Weder konnte er zu dem Jungen hingehen und sich erkundigen, wo er wohnte, ihn auf den Arm nehmen und heimtragen – er war so schmächtig. Noch konnte er die Eltern des Kindes ausschimpfen, weil sie ihn ohne entsprechende Schuhe und warme Kleidung zum Wasserholen geschickt hatten. Er konnte noch nicht einmal die beiden Eimer ergreifen und sich von dem Jungen zu seinem Elternhaus führen lassen. Jede dieser Alternativen erforderte, daß er mit dem Jungen sprach, und dazu war er nicht in der Lage.
    Was konnte er aber tun? Ihm Geld anbieten? Ebensogut wäre ihm in seiner Klemme mit einem Prospekt des amerikanischen Fremdenverkehrsbüros gedient!
    Er konnte also nichts tun, nicht helfen.
    Der Junge war auf ihn aufmerksam geworden. Nun, da er einen teilnahmevollen Zuschauer gefunden hatte, fing er richtig zu weinen an. Er stellte die beiden Eimer ab, deutete darauf und auf die Sandalen, redete bittend auf diesen erwachsenen Fremden ein, seinem vermeintlichen Retter, und zwar auf türkisch.
    Der Amerikaner wich einen Schritt zurück, dann noch einen Schritt, und der Junge fing zu brüllen an, ob seine Worte Kummer oder verständnislose Empörung ausdrücken sollten, das würde er nie erfahren. Er drehte sich um und rannte die Straßen entlang, die ihn zu dieser Kreuzung geführt hatten. Erst nach einer Stunde erreichte er die Landestelle. Es hatte zu schneien begonnen.
    Als er einen Platz auf der Fähre gefunden hatte, musterte er die anderen Passagiere verstohlen, als erwarte er, darunter die Frau zu entdecken.
    Am nächsten Tag war er erkältet. Während der Nacht stieg das Fieber. Er wachte einige Male auf, und jedesmal verfolgten ihn zwei Gesichter aus den

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