Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Damon Knight's Collection 07 (FO14 )

Damon Knight's Collection 07 (FO14 )

Titel: Damon Knight's Collection 07 (FO14 ) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
Vom Netzwerk:
zusammenzuhämmern (alle seine Bücher lagen noch in zwei Kisten), dann hätte er diese fremde Gegenwart durch die Kraft der Selbstbestätigung auszuschalten vermocht, wie man einen Gestank durch Weihrauch oder den Duft von Blumen überdecken kann. Damit aber hätte er seine Niederlage eingestanden. Es hätte bewiesen, daß er seiner eigenen Theorie nicht gewachsen war.
    Als Kompromiß hatte er sich angewöhnt, die Nachmittage in einem Café ein paar Häuser von seiner Wohnung entfernt zu verbringen. Da saß er an einem Tisch nahe dem Fenster zur Straße und betrachtete beschaulich die Dampfspirale, die aus seinem Teeglas aromatisch aufstieg. Im Hintergrund des schmalen Raums hockten neben dem kupfernen Teekessel immer zwei alte Männer und spielten Puff. Die anderen Gäste saßen allein da und gaben durch nichts zu erkennen, ob sie anderen Gedanken als er nachhingen. Selbst wenn niemand rauchte, lag der penetrante Geruch der Holzkohlenfeuer für die Wasserpfeifen in der Luft. Unterhaltungen waren selten. Die Wasserpfeifen blubberten, der kleine Würfel ratterte in dem Lederbecher, eine Zeitung raschelte, ein Glas klirrte gegen den Unterteller.
    Sein roter Notizblock lag immer griffbereit auf dem Tisch, darauf sein Kugelschreiber. Nachdem er sie zurechtgelegt hatte, rührte er sie niemals an, bis es Zeit zum Aufbrechen war.
    Obgleich er immer weniger das Bedürfnis besaß, seine Gefühle und Motivationen zu analysieren, merkte er doch, daß das Café für ihn eine Bastion bedeutete, die sicherste, die er hatte, und zwar gegen den allgegenwärtigen Einfluß des Willkürlichen. Wenn er friedlich dasaß und sich an die Anforderungen des Rituals hielt, die so einfach wie die Regeln des Puffspiels waren, dann gelangten die Elemente im ihn umgebenden Raum allmählich zur Übereinstimmung. Die Gegenstände fügten sich unproblematisch in ihre Konturen. Betrachtete man das kelchförmige Glas als Mittelpunkt, so war es nun nichts anderes und exakt ein Glas mit Tee, und wenn er seine Wahrnehmungen auf den ganzen Raum und alle Objekte ausdehnte wie die konzentrischen Wellen auf der Oberfläche eines Zierteichs, dann bekam er schließlich alle Gegenstände in einen festen, gedanklichen Griff. Einfach so. Der Raum war nichts anderes als was ein Raum sein sollte. Er umschloß ihn.
     
    Als es zum erstenmal am Fenster des Cafés klopfte, nahm er es nicht zur Kenntnis, obgleich es ihm wie ein kleines kaltes Zucken in seinem Gehirn als Abweichung von den Regeln bewußt wurde. Beim zweitenmal blickte er auf.
    Sie waren zusammen, die Frau und der Junge.
    Er hatte sie einzeln seit seiner Fahrt nach Üsküdar vor drei Wochen bei verschiedenen Gelegenheiten gesehen. Den Jungen einmal auf dem aufgerissenen Bürgersteig vor dem Konsulat, ein anderes Mal auf dem Geländer der Karaköy-Brücke sitzend. Als er einmal in einem Taxi nach Taksim fuhr, war er ein paar Schritt entfernt an der Frau vorbeigekommen, und sie hatten einen Blick gewechselt, in dem zweifellos Wiedererkennen lag. Zusammen aber hatte er sie noch nie zuvor erblickt.
    Doch konnte er wirklich sicher sein, daß es sich um diese beiden handelte? Er sah eine Frau und ein Kind, und die Frau pochte mit einem knochigen Finger an die Scheibe, um Aufmerksamkeit zu erregen. Seine? Wenn er nur ihr Gesicht erkennen könnte …
    Erschaute zu den anderen Gästen des Cafés hinüber. Die Puffspieler. Ein feister, unrasierter Mann, der eine Zeitung las. Ein dunkelhäutiger Mann mit einer Brille und einem protzigen Schnurrbart. Zwei alte Männer, die jeder für sich eine Wasserpfeife schmauchten. Niemand achtete im geringsten auf die Klopfzeichen der Frau.
    Er stierte entschlossen auf sein Teeglas, das nicht mehr ein Paradebeispiel der Selbstgenügsamkeit war, sondern ein fremdes Objekt, ein Kunsterzeugnis aus den Ruinen einer versunkenen Stadt, eine Scherbe.
    Die Frau klopfte weiter an das Fenster. Schließlich ging der Besitzer des Cafés nach draußen und sagte zu ihr ein paar scharfe Worte. Sie ging ohne eine Widerrede fort.
    Er blieb noch fünfzehn Minuten vor seinem kalten Glas Tee sitzen. Dann trat er auf die Straße hinaus. Von ihr war nichts zu sehen. Er ging die paar Schritte zu seiner Wohnung so ruhig er konnte zurück. Von innen legte er sofort die Kette vor. Er besuchte das Café niemals wieder.
     
    Als die Frau des Nachts kam und an seine Tür pochte, war es für ihn nicht überraschend.
    Und dann jede Nacht, um neun Uhr, spätestens um zehn.
    Yavuz! Yavuz! Sie rief ihn.
    Er

Weitere Kostenlose Bücher