Damon Knight's Collection 10 (FO 19)
nicht zu denken geben? Was glaubst du, wie viele andere ebenfalls zu fragen beginnen?“
„Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, ja. Aber letzte Nacht war eine günstige Gelegenheit, den Dingen auf den Grund zu gehen, die uns quälen. Siehst du, zum erstenmal seit Monaten konnte stundenlang niemand ausgehen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Man kann so etwas immer rationalisieren, wenn man will. Ich war zum erstenmal seit meinem Krankenhausaufenthalt nachts allein. Ich weiß das. Ich habe es mir immer wieder durch den Kopf gehen lassen. Dennoch …“ Sie zeichnete ein geometrisches Muster an den Teppichrand. „Hattest du gestern nacht einen Traum? Weißt du ihn noch?“ Martie nickte.
„Gut. Prüfen wir einmal nach, wie weit diese Übereinstimmung geht! Ich hatte auch einen. Schreiben wir beide unsere Träume nieder, und vergleichen wir sie. Zum Spaß“, fügte sie hastig hinzu, als er sich wieder zu versteifen schien. „Entspann dich, Martie! Du denkst also, ich hätte durchgedreht. Laß dir keine Angst einjagen. Ich bin normal. Als ich damals, vor einem halben Jahr oder wann es war, daran zweifelte, war ich versteinert. Weißt du noch? Das hier ist etwas anderes. Es ist auf seine Weise verrückt. Ich fühle, daß sich eine Tür, die schon immer da war, einen Spalt öffnet. Zuvor wußte ich nicht, daß es sie gab, oder wollte es zumindest nicht zugeben. Und nun ist sie da und offen. Ich lasse es nicht zu, daß sie sich wieder schließt.“
Martie lachte plötzlich und hörte auf, das Holz zu zerbrechen. Er zündete das Feuer an. Dann lehnte er sich mit Notizbuch und Füllfederhalter zurück. „Okay.“
Martie schilderte seinen Traum knapp, mit wenigen Beschreibungen. Er war allein und suchte in einem riesigen Gebäude nach ihr. Ein Krankenhaus? Endlose Korridore und Räume. Er hatte viel davon vergessen, merkte er, als er die Lücken zu schließen versuchte. Schließlich sah er auf. Julia beobachtete ihn mit einem schwachen Lächeln. Sie reichte ihm ihren Block, und er starrte die Strichzeichnung an, die dazu gemacht schien, seinen Traum zu illustrieren. Lange Zeit schwiegen sie beide.
„Martie, ich möchte noch ein Kind. Jetzt.“
„Mein Gott! Liebling, hast du dir das gut überlegt? Du bist im Moment zu aufgewühlt. Sollten wir mit der Entscheidung nicht warten …“
„Aber ich habe mich bereits entschieden. Und es liegt in meiner Hand, verstehst du?“
„Und warum sagst du dann überhaupt etwas? Warum bringen wir es nicht einfach hinter uns?“
„Oh, Martie. Nicht so. Ich möchte, daß wir es bewußt zeugen, daß wir während des Koitus wirklich an das Kind denken, das da entsteht, daß wir es lieben …“
„Okay, Liebling. Aber weshalb jetzt? Wie kommst du in diesem Augenblick darauf?“
„Ich weiß nicht. So eine Ahnung.“
„Dr. Wymann, gibt es irgend etwas, das ich tun oder nicht tun sollte? Ich meine … mir geht es ausgezeichnet, aber das war die beiden anderen Male auch so.“
„Julia, Sie sind kerngesund. Es gibt überhaupt keinen Grund zur Besorgnis. Sie werden ein Prachtbaby haben. Ich merke Sie schon vor …“
„Nicht … ich möchte nicht in das gleiche Krankenhaus. Irgendwo anders.“
„Aber es ist –“
„Ich möchte nicht.“
„Hm. Nun, ich glaube, ich kann Sie verstehen. In Ordnung. Da gibt es eine sehr gute, ziemlich kleine Klinik in Queens, mit allen Hilfsmitteln ausgerüstet …“
„Dr. Wymann, das scheint der einzige Komplex zu sein, den ich zurückbehalten habe. Ich muß das Krankenhaus sehen, bevor Sie mir ein Bett reservieren. Ich kann es nicht erklären …“ Julia stand auf und ging an das Fenster hoch über der Fünften Avenue. „Wahrscheinlich gebe ich dem Krankenhaus die Schuld. Diesmal möchte ich es selbst auswählen. Können Sie mir nicht eine Liste der Kliniken mitgeben, die Sie bevorzugen, so daß ich sie ansehen kann, bevor ich mich entscheide?“ Sie schüttelte lachend den Kopf. „Ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist. Was läßt sich vom Anschauen schon feststellen? Aber der Zwang ist da.“
Dr. Wymann sah sie prüfend an. „Nein, Julia. Sie werden mir vertrauen müssen. Es wäre zu anstrengend für Sie, durch die ganze Stadt zu laufen und Krankenhäuser zu inspizieren …“
„Nein. Ich – dann muß ich mir eben einen anderen Arzt suchen“, sagte sie elend. „Ich will diesmal nichts unversucht lassen. Begreifen Sie das nicht?“
„Haben Sie mit Ihrem Mann darüber gesprochen?“
„Nein. Ich wußte
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