Damon Knights Collection 4
zurück und sann zufrieden darüber nach. »Prohibition, Ben. Bevor Sie geboren wurden. Jeder hatte seinen eigenen Alkoholschmuggler. Illegale Kneipen. Das Auge am Guckloch. Die Razzien. Aber der Spülwassergin – pfui Teufel. Deshalb haben sie ihn auch eingeschmuggelt.«
»Und was geschah mit den vier Alkoholschmugglern?«
»Das Oberste Gericht meinte, ihre Verfassungsrechte seien durch das Anzapfen nicht verletzt worden und daß durch Abhören erlangte Beweise zulässig seien. Holmes widersprach dem natürlich. ›Ein schmutziges Geschäft … die Regierung spielte eine unwürdige Rolle.‹ Und wissen Sie, wir brauchten zwar dreißig Jahre, aber wir kamen allmählich zu Holmes’ Auffassung. Zehn Jahre nach dem Fall Olmstead, bei Nardone gegen Vereinigte Staaten, gaben wir zu, daß Holmes vielleicht teilweise recht gehabt hatte, aber nur in bezug auf Aussagen, die vor einem Bundesgericht gemacht wurden. Wir dachten noch nicht daran, die Vierte und Fünfte Zusatzerklärung für die Ländergerichte geltend zu machen. Und dann schließlich, im Verfahren Mapp gegen Ohio, dehnten wir die Anwendung des Grundsatzes auf die staatlichen Gerichte aus. In jenen Tagen machten wir es, als es uns schließlich gelang, einige wenige Beispiele illegalen Abhörens nachzuweisen, von der Art der Übergriffe abhängig. Einige der Unterscheidungen waren früher fantasievoll. Wenn man ein Loch in die Wand bohrte und ein Mikrofon hindurchschob, war es ein unerlaubter Übergriff und somit ungesetzlich. Aber einfach ein Mikrofon an die Außenseite einer Wand hängen war noch in Ordnung. Und wenn man ein Stabmikrofon in eine Wand geschoben hatte, war es legal, wenn es nicht ganz durchreichte, vorausgesetzt, es mündete nicht in eine Ventilatorenzuleitung. Aber all diese hübschen Unterscheidungen sind jetzt aus den Fußnoten verschwunden. Heutzutage ist jede Art elektronisch aufgenommener Beweise ungesetzlich, und Aussagen aufgrund Abhörens können von jedem Gericht im Land abgelehnt werden, sogar wenn die Polizei auf Anordnung des Gerichts anzapfte. Berger gegen New York. Aber glauben Sie, daß unsere Vorschriften das Abhören unterdrückt haben?«
»Ich bin sicher, daß das nicht so ist.«
»Wahrhaftig nicht, mein Junge. In der Tat hat es sich verdoppelt. Die Polizei muß nun doppelt soviel abhören, um Aussagen zu bekommen und zu beweisen, daß sie’s nicht durch Abhören erhalten hat. Und Telefone anzapfen ist der einfachste Trick der Welt. Ex-Angestellte der großstädtischen Telefongesellschaften können es am besten. Sie rufen einen Angestellten in die Reparatur-Abteilung und fragen nach der Anschlußdose und nach der Lage der ›Paare‹ – der zwei Pole für ein Spezialtelefon. In den Verteilerboxen der weiterführenden unterirdischen Versorgungsleitungen befinden sich jeweils mehrere Paare. Sie schließen eine Leitung an die betreffenden Pole, befestigen einen Hörer und sind schon im Geschäft. Es kann sein, daß ein Dutzend solcher Leitungen von einem Dutzend verschiedener Verteilerdosen in einem leeren Raum eines nahe liegenden Gebäudes zusammenlaufen, und es braucht nur einen Mann, der alle Leitungen abhört, mit einem automatischen Tonbandgerät, das sich einschaltet, wo immer eine Nummer gewählt wird. Ich glaube, daß jedes wichtige Telefon in Washington irgendwann einmal schon abgehört worden ist.«
»Aber sicher nicht unsere Telefone.«
»Aber natürlich, mein Junge. Wir wurden neunzehnfünfunddreißig und neunzehnsechsunddreißig im Fall Ashwander gegen TVA großzügig abgehört. Und vielleicht in anderen Fällen, wo wir es nie herausgefunden haben.«
»Holmes hatte recht. Es ist ein schmutziges Geschäft.«
Godwin war nachdenklich. »Schmutzig, unwürdig … aber sehr wahrscheinlich notwendig. Drei Viertel der Schmuggler und Rauschgifthändler, die man vor dem Fall Berger verurteilt hat, wurden mit Hilfe des Abhörens erwischt. Ben, ich weiß nicht so recht. Sicherlich gibt es Beispiele, wo es gerechtfertigt ist, sagen wir, um den Aufenthaltsort eines entführten Kindes zu entdecken oder das Leben eines unschuldigen Menschen zu retten. Vielleicht müssen wir eines Tages eine Methode ausfindig machen, wie die Polizei mit den Verbrechern Schritt halten kann. Telefonanzapfen ist jedenfalls passe. Die Verbrecher scheuen sich, ein Telefon zu benutzen. Die Polizei benützt ›Wanzen‹, verborgene Mikrofone, Richtmikrofone, Lichtstrahlen, reflektiert von einer Fensterscheibe, die von Stimmen im Raum
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