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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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-1-
    E in Septembertag wie geschaffen, Irland zu verlassen. In Schnüren prasselte der Regen auf das Kopfsteinpflaster. Wegen des schlechten Wetters hatte die Kutschfahrt von Kinsale zum Hafen von Cork länger als geplant gedauert. Die Reisenden waren erschöpft. Rechtsanwalt William Cormac beugte sich vor und wies seine Tochter mit drohend erhobenem Zeigefinger zurecht.
    »Anne, wenn du nicht sofort mit dem Geschrei aufhörst, nehme ich dich nicht mit auf das große Schiff.«
    Das vierjährige Mädchen klammerte sich erschrocken an seine Mutter und schluchzte.
    »Ich will aber meine Puppe haben!«
    Margaret Mary Brennan putzte dem Kind die Nase und sagte mit sanfter Stimme: »Hör auf zu weinen, mein Liebling. Wenn wir an Bord sind und unsere Taschen ausgepackt haben, bekommst du deine Puppe.« Anne beruhigte sich.
    »Aber dann gleich!«
    »Dann gleich«, versprach ihre Mutter.
    Die Kutsche hielt am Hafen. Cormac steckte seinem Diener Tom eine Münze zu.
    »Bring unsere Sachen auf das Schiff und dann Gott befohlen.« Tom nickte ergeben. Der Abschied von seinem Herrn fiel ihm schwer. Er hob Anne aus dem Wagen und stellte sie behutsam auf den Boden.
    »Auf Wiedersehen Miss Anne und gute Reise.« Er verbeugte sich vor der Mutter.
    »Madam, Ihnen auch eine gute Reise.« Margaret Mary Brennan umarmte ihn.

    »Tom, was soll denn das! Seit wann nennst du mich Madam? Für dich bin und bleibe ich Peg. Grüß Laura von mir, und sag ihr, ich werde ihren Bohneneintopf und den Hammelbraten vermissen. Vergiss uns nicht, und lass es dir gut gehen.« Sie nahm ihre Tochter an der Hand, raffte ihren Rock, leitete Anne an einer großen Pfütze vorbei und murmelte: »Feuchtigkeit ist die Wurzel aller Krankheiten. Wir sollten zusehen, dass wir ins Trockene kommen.«
    William Cormac ging voran. Trotz des Regens waren die Wege rund um die Anlegeplätze voller Menschen. Aus den Schenken drangen Stimmengewirr und Musik. Hier trieben sich Menschenfänger herum, die nur darauf warteten, die Laderäume der für Fernreisen bestimmten Frachter und Passagierschiffe zu füllen. In Kneipen und Lagerhäusern gingen sie auf Menschenfang. Sie suchten Männer und Frauen, deren finanzielle Not groß genug war, sich freiwillig als Leibeigene ins ferne Amerika zu verdingen. Für ein Glas Bier und die Aussicht auf ein besseres Leben unterschrieben sie Verträge, die ihnen vier Jahre Fron einbrachten. Wer sich nicht vorsah, wurde betrunken gemacht und auf das nächstbeste Schiff geschleppt. Für die Werber zählte nur die Provision, und die bekamen sie auch ohne unterzeichnetes Schriftstück.
    William Cormac marschierte zielstrebig auf das größte Gasthaus zu. Im »Blewe Anker« konnten sich Reisende mit Proviant für die lange Überfahrt eindecken.
    »Für das tägliche Essen ist gesorgt, aber wenn du für dich und die Kleine noch Wünsche hast, sieh dich in Ruhe um. Denk aber daran, dass wir einige Wochen unterwegs sein werden. Kauf nichts leicht Verderbliches.« Cormac griff nach einem mit Tabak gefüllten Lederbeutel und legte ihn auf den Tresen. Der Wirt lächelte erfreut. Kunden wie dieser waren selten. Eifrig erfüllte er Margaret Marys Wünsche und lockte Anne mit Zuckerwerk.
    »Davon ganz viel für mich«, bat das Mädchen. Der Vater schüttelte den Kopf.
    »Eins darfst du haben, aber nicht mehr.« Die Unterlippe des Kindes begann zu zittern. Ihre Mutter verhinderte den drohenden Tränenausbruch.
    »Wir kaufen genug für die ganze Reise, aber ich bestimme, wann
du etwas davon bekommst.« Sie nahm drei warme Decken von einem Stapel und legte sie neben Cormacs Tabakbeutel.
    »Peg, wir fahren in ein Land, in dem immer die Sonne scheint.« William Cormac griff nach den Plaids.
    »Aber bis wir dort sind …«, bat Margaret lächelnd.
    Die Abraham lag leise schwankend im Hafen. Beim Anblick des mächtigen Schiffes vergaß Anne Puppe und Zuckerwerk und klatschte begeistert in die Hände.
    »Daddy! Ein Haus, das schwimmen kann!« Cormac lachte.
    »Ein Haus, das schwimmen kann, Prinzessin. Genau das ist es, und in diesem Haus werden wir jetzt eine Weile wohnen.«
    Margaret Mary betrat unsicher die Planken.
    »Will, ich hoffe, dass diese Schaukelei aufhört, wenn wir den Hafen verlassen. Mir ist jetzt schon nicht wohl.«
    Mit Kurs auf Charleston, South Carolina, legte die Abraham ab. Cormac hatte Anne auf den Arm genommen und stand am Heck des Schiffes, bis Kinsale nur noch als winziger Punkt am Horizont zu sehen war.
    »Daddy, warum weinst du?« Anne fuhr

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