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Damon Knights Collection 7

Damon Knights Collection 7

Titel: Damon Knights Collection 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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jedenfalls sein Doppelgänger, und machte für seinen neuesten Film Werbung. Ja, und ein paar Häuser weiter lag auch das Kino, in dem der Film lief: K ILING I STANBULDA , oder Kiling in Istanbul. Unter der Balkenüberschrift versuchte der mit einem Totenschädel maskierte Kiling, eine bildhübsche und offensichtlich widerstrebende Blondine zu küssen, während er auf dem Plakat auf der anderen Straßenseite zwei gutgekleidete Männer niederschoß. In Anbetracht dieser Darstellungen fiel die Entscheidung schwer, ob Kiling im Grunde gut war wie Batman, oder schlecht wie Fantomas. Also …
    Er kaufte sich eine Eintrittskarte und wollte es selbst feststellen. Es war der Name, der ihn faszinierte, ein allem Anschein nach englischer Name.
    Er nahm in der vierten Reihe von vorn Platz, als der Hauptfilm begann, und gab sich erfreut den so wohlvertrauten Stadtansichten hin. In schwarz und weiß reduziert und von der Dunkelheit eingerahmt, hatten die Sehenswürdigkeiten Istanbuls eine erhöhte Wirklichkeitsbezogenheit. Neue amerikanische Autos rasten mit gefährlicher Geschwindigkeit durch die engen Gassen. Ein alter Arzt wurde von einem unsichtbaren Angreifer erwürgt. Dann geschah eine Weile nichts Aufregendes. Eine lauwarme Liebesgeschichte entwickelte sich zwischen der blonden Sängerin und dem jungen Architekten, während eine Gruppe von Gangstern oder Diplomaten versuchten, sich der schwarzen Tasche des Arztes zu bemächtigen. Nach einer verwirrenden Szene, während der vier dieser Männer in einer Explosion umkamen, fiel die Tasche in die Hände Kilings. Sie war aber leer.
    Die Polizei jagte Kiling über die Dächer. Dies bewies aber nur seine Sportlichkeit, nicht seine Schuld: in dieser Beziehung irrt die Polizei sich häufig. Kiling schwang sich durch ein Fenster in das Schlafzimmer der blonden Sängerin und weckte sie auf. Im Gegensatz zu der draußen auf dem Plakat gemalten Szene versuchte er nicht, sie zu küssen. Er sprach sie in hohler, tiefer Stimme an. Das Drehbuch schien anzudeuten, daß Kiling der junge Architekt war, den die Sängerin liebte, aber da er nie die Maske lüftete, blieb auch das ein Geheimnis.
    Er spürte eine Hand auf der Schulter.
    Er war sicher, daß sie es war, und er drehte sich also nicht um. War sie ihm ins Theater nachgegangen? Wenn er sich zum Gehen wandte, würde sie ihm eine Szene machen? Er versuchte, den Druck der Hand zu ignorieren und starrte auf die Leinwand, wo der junge Architekt soeben ein mysteriöses Telegramm erhalten hatte. Seine Hände gruben sich in die Oberschenkel. Seine Hände: die Hände von John Benedict Harris.
    »Hallo, Mr. Harris!«
    Eine Männerstimme. Er drehte sich um. Es war Altin.
    »Altin.«
    Altin lächelte, und sein Gesicht flackerte im wech selnden Licht. »Ja. Haben Sie jemand anderes erwartet?«
    »Jemand anderes?«
    »Ja.«
    »Nein.«
    »Schauen Sie sich den Film an?«
    »Ja.«
    »Er ist nicht in englisch. Er ist in türkisch?«
    »Ich weiß.«
    Einige in der Nähe sitzende Leute zischten ihnen zu, sie sollten ruhig sein. Die blonde Sängerin war in eine der großen Zisternen der Stadt hinabgestiegen. Binbirdirek. Er hatte sie auch besichtigt. Die Aufnahmen vermittelten die Illusion, als sei sie größer als in Wirklichkeit.
    »Wir werden uns zu Ihnen setzen«, flüsterte Altin.
    Er nickte.
    Altin setzte sich auf seine rechte, Altins Freund auf den freien Sitz zu seiner linken Seite. Altin stellte seinen Freund flüsternd vor. Er hieß Yavuz. Er sprach nicht englisch.
    Zögernd wechselte er mit Yavuz einen Händedruck.
    Von da ab fand er es schwierig, den Film mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu betrachten; immer wieder warf er Yavuz Seitenblicke zu. Er hatte ungefähr das gleiche Alter und die gleiche Größe, aber das traf auf die Hälfte aller Männer in Istanbul zu. Ein ungewöhnlich blasses Gesicht und Augen, die in der wechselnden Beleuchtung von der Leinwand her feucht schimmerten.
    Kiling kletterte am Gerüst eines in Bau befindlichen Hauses über einem steilen Abhang empor. In der Ferne schlängelte sich der Bosporus durch dunstige Hügel.
    Irgendwie hatte fast jedes türkische Gesicht etwas Unansehnliches, aber woran es lag, vermochte er nie genau zu definieren: irgendeine Schwäche des Knochenbaus, die schmalen Wangenknochen, die ausgeprägten vertikalen Linien, die von den Augenhöhlen zu den Mundwinkeln herabliefen, vielleicht der Mund selbst, schmal, fleischlos, unbeugsam.
    Oder lag es an einer noch subtileren Disharmonie zwischen diesen

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