Dan
Wahrheit ergab, die ebenso unerbittlich wie der Regen war.
Einer der Beamten stieß Jorge zu Boden, hielt ihm die Waffe an den Kopf und stellte einen Fuß auf ihn, um ihn festzunageln. Zwei weitere rannten zum Heck des Trucks, die Pistolen im Anschlag und schussbereit.
Dann kamen FBI -Beamte und Polizisten aus dem Lagerhaus, zusammen mit Carlos in Handschellen und Ramon, dem das nasse lange Haar ins Gesicht wehte, während er fluchend versuchte, sich loszureißen. Ein Krankenwagen mit Blaulicht kam auf den Parkplatz gerast, und die Sanitäter sprinteten sofort in das Lagerhaus.
Aber wo war Michael?
Wie erstarrt vor Entsetzen sah sie zu, wie sie eine Trage holten. Endlose Minuten verstrichen, ehe sie wieder herauskamen. Auf der Trage lag Michael. Als er an Ramon vorbeigeschoben wurde, der mit gefesselten Händen gegen die Gebäudewand trat, drehte der sich um und spuckte ihn an.
»
Cabrón!
« Scheißkerl.
Im Krankenwagen wurde ihm ein Laken über den Kopf gezogen.
Maggie schloss die Augen, ließ den Zaun los und fiel auf den nassen Boden. Ihr Magen begann sich zu drehen, doch die Übelkeit hatte nichts mit ihrem Zustand zu tun, über den sie sich inzwischen ziemlich sicher war.
Er hatte sie benutzt. Mit ihr gespielt. Er hatte sie hingehalten und sie glauben lassen, dass er sie liebte, während er sie in Wahrheit nur über ihren Freund ausgehorcht hatte. Die ganze Zeit über hatte er ihr vorgegaukelt, sie bedeute ihm etwas.
In Wahrheit war sie nichts weiter für ihn gewesen als ein Mittel, um an Ramon heranzukommen, und über Ramon an El Viejo.
Zum Glück war er tot. Andernfalls würde sie unweigerlich im Gefängnis enden, weil sie ihn dann nämlich selbst umgebracht hätte.
Ramon hatte recht. Er war ein Scheißkerl.
Sie griff in ihre Hosentasche und zog den Spruch heraus. Das Universum hatte also zu ihr gesprochen.
Dumme, dumme Magdalena. Hast dich mal wieder sauber aufs Kreuz legen lassen
.
Sie knüllte den Zettel zu einem kleinen Ball zusammen, plötzlich von dem Bedürfnis erfasst, ihn zu Boden zu werfen und zu zerfetzen, so, wie sie es am liebsten mit Michael Scott getan hätte.
Doch dann hielt sie inne und legte in einem unvermittelten Impuls schützend die Hand darauf, als wollte sie das Schöne schützen, das in ihr wuchs.
Das
war die wahre Bedeutung des Glückskeks-Spruches.
Sie stopfte den Zettel wieder in die Tasche und rannte um ihr Leben, genau wie das letzte Mal, als sie verraten worden war.
Nur dass sie diesmal nicht allein war.
1
Vierzehn Jahre später
Er wollte doch nur einen sauberen Abgang.
Doch bereits in dem Augenblick, als er aus der Zentrale der Bullet Catcher heraustrat, wusste Dan Gallagher, dass dieser Abgang alles andere als sauber werden würde.
An seinem Maserati lehnte ausgerechnet der Mensch, der ihn am wenigsten einfach so gehen lassen würde.
»Schleichst du dich etwa schon vorzeitig davon?«, fragte Max und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust. Sein Haar war immer noch schweißfeucht vom Football.
»Wenn ich mich hätte davonschleichen wollen, hätte ich die Hintertür genommen, Roper. Ich verschwinde auf dem gleichen Weg, auf dem ich gekommen bin.«
Max blickte Dan aus verengten Augen an. »Für immer?«
»Fürs Erste.«
»Sie hat dich kleingekriegt.«
Dan lachte. »Nein, aber wenn du nicht aus dem Weg gehst, fahr ich dich über den Haufen.« Er zog seinen Autoschlüssel heraus. »Ich muss zum Flughafen.«
»Nimm doch einen Bullet-Catcher-Jet.« Natürlich rührte sich Max nicht vom Fleck.
»Nein. Ich habe etwas Privates zu erledigen.«
Max neigte nur wortlos den Kopf zur Seite. In zwanzig Jahren hatte es nichts Privates gegeben, über das sie nicht gesprochen hätten.
»Sei so gut«, drängte Dan. »Ich komme sonst wirklich zu spät.«
»Hat sie dir alles gesagt?«, wollte Max wissen.
Dan blickte zu dem Fenster in der dritten Etage hoch, hinter dem Lucys Bibliothek, ihr Arbeitszimmer, lag. Wahrscheinlich war sie auf die hintere Terrasse gegangen, um mit den anderen zu feiern. Es waren glückliche Zeiten für ihre Firma – und für sie persönlich.
»Sie musste mir nichts sagen. Ihr leuchtendes Gesicht hat mir alles verraten. Und ich freue mich für sie.«
Max verzog skeptisch das Gesicht. »Du freust dich?«
»Wieso nicht?«, gab Dan zurück. »Glaubst du etwa, dass ich es einer Frau, mit der ich seit vielen Jahren arbeite und befreundet bin, nicht gönne, wenn sie …«
Sich endlich aus dem emotionalen Gefängnis befreit hat, in dem
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