Danach
irgendwie auf seine Spur geführt haben musste. Und genauso war es ja auch.«
»Und da wollten Sie in Erfahrung bringen, wie viel wir inzwischen wissen, nicht wahr, Adele? Deshalb haben Sie uns angerufen und wollten sich mit uns im Hotel treffen«, mischte sich Tracy ein.
Noch bevor Adele etwas erwidern konnte, sagte ich herausfordernd: »Scott Weber hat behauptet, dass sich der Geheimbund auch noch nach Jacks Verhaftung getroffen hat.«
»Mehr oder weniger.« Sie dachte einen Moment nach und erklärte dann: »Wir haben uns zwar noch getroffen, aber die Gruppe bestand zum damaligen Zeitpunkt nur noch aus David und mir und zwei anderen, die wir aus der Gruft kannten. Weil wir nicht wollten, dass die Polizei uns mit Jack in Verbindung bringt, haben wir uns aufgelöst und unter anderem Namen neu formiert. Wir wollten nicht, dass die Polizei von unseren Aktivitäten erfuhr.
Ich war damals immer noch mit David zusammen. Mit … mit Scott habe ich mich nur getroffen, um ihn von Jacks Forschungsunterlagen fernzuhalten. Ich wollte auf keinen Fall, dass er die Aufzeichnungen vor mir findet. Er ist ein verdammt guter Reporter, also musste ich ihn irgendwie ablenken. Ich weiß, das ist nicht gerade die feine Art, aber Sie müssen das verstehen: Dieses Projekt ist mein Leben.«
»Ach wirklich?«, murmelte Tracy.
»Hat es Sie denn nicht … waren Sie nach der Verhaftung denn nicht schockiert oder angewidert von dem, was Sie gerade über Ihren Professor – oder sollte ich lieber Freund sagen? – erfahren hatten?«, hakte ich nach.
Adele blickte beschämt zu Boden. »Natürlich war ich schockiert. Und wie. Aber gleichzeitig habe ich mir eingeredet, dass ich jetzt stark sein muss, weil man so eine Chance nur einmal im Leben erhält.«
»Sie sind wirklich das Allerletzte, Adele«, zischte Tracy und wandte angeekelt den Blick ab.
Abrupt kehrte Adele auf ihren Posten am Fenster zurück. Da sie uns den Rücken zudrehte, war nicht zu erkennen, ob ihr Geständnis eine Erleichterung für sie war oder ob sie es bereute. Wir ließen sie in Ruhe.
Während wir anderen noch versuchten, Adeles Bericht zu verdauen, blätterte Ray die Fotos in der Kiste durch. Plötzlich sprang er auf und drehte sich zu mir um. Panik lag in seinem Blick. »Wie wurden noch mal die ›Versuchsobjekte‹ in den Notizbüchern genannt?«
Ich nahm die Aufzeichnungen wieder zur Hand. »Hier ist von einem Versuchsobjekt L-39 die Rede. Und hier von M-50 …«
»Schauen Sie hier«, unterbrach Ray mich und reichte mir ein Foto. Er hatte es auf die Rückseite gedreht und in der unteren linken Ecke stand Versuchsobjekt M-19. Ich nahm den Stapel Fotos von Ray entgegen. Alle Fotos waren sorgfältig gekennzeichnet worden, auf jedem stand in kleinen Buchstaben eine andere Buchstaben-Ziffern-Kombination: P-9, L-25, Z-03.
Ich fand auch L-39, die Versuchsperson, über die ich in einem der Notizbücher gelesen hatte. Die junge Frau war blond und trug ein zerrissenes Nachthemd. Ihre Augen waren geschlossen und auf ihrer linken Wange prangte eine violett verfärbte Schwellung. Um den Hals hatte sie eine Metallkette, die Zähne waren gefletscht, die Lippen blutverschmiert.
Tracy hatte recht gehabt. Diese Frauen waren Jacks Studienobjekte.
37
Tracy war sofort bei mir und nahm mir die Fotos aus der Hand. Dann war sie in zwei Schritten bei Adele und wedelte mit den Bildern vor Adeles Gesicht herum.
»Kapieren Sie nicht, was das bedeutet«, herrschte Tracy sie an. »Muss ich Ihnen das auch noch erklären? Es gab überhaupt keine CIA-Dokumente. Hier ging es nicht um ehrenhafte akademische Arbeit. Jack führte seine eigenen Gehirnwäsche-Versuche durch. An diesen Frauen. Indem er sie gefoltert hat.« Sie hielt kurz inne. »Genau, wie er es auch mit uns gemacht hat.«
Mit diesen Worten warf Tracy die Fotos voller Abscheu vor Adele auf den Boden. Keiner sagte ein Wort, wir lauschten nur dem Geräusch, mit dem die Bilder über den Holzboden segelten. Dann trat Tracy einen Schritt von Adele weg, sah sie aber immer noch direkt an. Ihre Stimme war nun ruhiger. »Es sieht so aus, als wollte Jack Sie zu einer anderen Art Protegé machen, als Sie dachten.«
Adele blickte auf die verstreuten Fotos zu ihren Füßen. Sie bückte sich, hob eines auf und betrachtete die Beschriftung auf der Rückseite. Ihr gesamtes Lebenswerk basierte auf den unsinnigen Berechnungen eines Irren, der Menschenversuche an entführten Mädchen durchgeführt hatte. Schlimmer noch: Dieser Irre hatte versucht,
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