Dann klappts auch mit dem Glueck
rauswerfen will.“
„Nun, das wird ihm aber nicht gelingen.“ Sie ging zu ihrem Sohn und umarmte ihn. Und er ließ es sogar zu. Nicht nur das, er erwiderte ihre Umarmung sogar. Und auch wenn er das Kind und sie die Erwachsene war, fühlte sich diese Umarmung gut an. Sie waren zusammen, und das war das Einzige, was zählte.
Als Cass Wilkes, der das Gingerbread-Haus gehörte, am nächsten Tag zu einer Routineuntersuchung in der Klinik vorbeikam und Meredith fragte, wie sie sich eingelebt habe, setzte diese ein strahlendes Lächeln auf und antwortete: „Sehr gut.“
Sie hatte Cass an ihrem zweiten Tag in Icicle Falls kennengelernt, als sie zusammen mit Leo in die Bäckerei gegangen war, um sich ein wenig Nervennahrung zu holen.
Die Bäckerei war berühmt für ihre fantasievollen Lebkuchenkreationen. Da gab es nicht nur Häuser, Figuren – seien es nun Männlein oder Weiblein, Hunde oder Katzen –, sondern auch essbare Lebkuchenketten, aber natürlich auch die leckersten Kuchen und Kekse in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen – Haferflockenkekse mit Rosinen, mit getrockneten Kirschen oder mit großen Schokoladenstückchen.
Meredith hatte sich für die Schokokekse und die Haferflockenkekse entschieden, wohl wissend, dass die innerhalb kürzester Zeit vertilgt sein würden. Und während Leo sich schon auf die Leckereien gestürzt hatte, war sie noch einen Augenblick lang stehen geblieben, um mit Cass zu plaudern, und hatte ihr erzählt, dass sie jetzt dauerhaft hier wohnte.
Wenn sie sonst als Urlauberin hier gewesen war, hatte sie kaum mehr als ein höfliches Hallo mit den Ladenbesitzern ausgetauscht. Doch es machte einen großen Unterschied, ob man nur zu Besuch war oder ob man irgendwo wohnte, und daher war Meredith, als sie den Laden betreten hatte, genauso ausgehungert danach gewesen, Bekanntschaften zu schließen, wie Leo nach Keksen.
„Es wird euch hier bestimmt gefallen“, hatte Cass gesagt. „Und die Arbeit bei Dr. Sharp sicher auch. Er ist wirklich ein ganz Netter. Und noch dazu alleinstehend.“
Der Frau entgeht nichts, dachte Meredith, als sie die Bäckerei verließ. Aber sie hatte kein Interesse daran, einen neuen Mann zu finden.
„Und? Was halten Sie von Dr. Sharp?“, wollte Cass von Meredith wissen, als die ihr eine Manschette um den Oberarm wickelte, um den Blutdruck zu messen.
„Man kann wirklich gut mit ihm zusammenarbeiten.“ Dr. Sharp hatte sich als ein toller Chef entpuppt, das musste sie zugeben. Freundlich und geduldig. Er neigte ein wenig dazu, den Hypochonder zu spielen, was Meredith absolut lustig fand. Und er war nicht unattraktiv. Allerdings ging er schon auf die Fünfzig zu, und das war ihr zu alt. Mal ganz davon abgesehen, dass sie definitiv nicht auf der Suche war. Nach niemandem. Und nie wieder.
Obwohl sie sich darauf konzentrierte, die Zahlen auf dem Blutdruckmessgerät abzulesen, spürte sie Cass’ Blick auf ihrem ringlosen Ringfinger.
„Er ist ein wirklich netter Mann.“
Meredith zuckte mit den Schultern. „Ich habe kein Interesse.“
„Das sagen sie alle“, scherzte Cass.
Meredith setzte sich an den Computer im Untersuchungszimmer und trug die Werte ein. „Es sieht so aus, als wäre bei Ihnen wieder eine Mammografie fällig.“
„Wenn es sein muss.“
Meredith lächelte. „Niemand mag diese Untersuchung, ich weiß.“
Cass machte eine Handbewegung, als wüsste sie, was jetzt kam. „Aber sie ist wichtig.“
„Genau“, erwiderte Meredith.
Ein paar Minuten später war sie mit den Voruntersuchungen fertig. Doch bevor sie das Untersuchungszimmer verließ, lud Cass sie für Sonntag zum Essen ein. „Und dann können Sie gleich dableiben. Sonntagsabends ist bei mir immer Frauen-Filmabend. So können Sie gleich noch ein paar mehr Icicles kennenlernen.“
„Icicles?“
„Na, Bewohner von Icicle Falls.“
Meredith musste grinsen. Und die Versuchung war groß. Aber Leo … „Oh, ich fürchte, das geht nicht.“
„Keine Sorge. Ich habe einen Sohn im Teenageralter, der total auf Computerspiele steht. Ihr Sohn wird sich prächtig amüsieren.“
Da war sich Meredith nicht unbedingt sicher. Seit sie hier angekommen waren, hatte Leo anscheinend beschlossen, sich schlecht zu fühlen. Und jetzt, nach dem Vorfall mit diesem Jed Banks, war er schweigsam und maulig. Und gar nicht glücklich gewesen, als sie ihn heute Morgen im Häuschen hatte allein lassen müssen – obwohl sie versprochen hatte, zum Mittag wiederzukommen und ihn mit in die Stadt zu
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