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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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auf der anderen Seite des Hügels, knirschte Kies unter den Tritten von schweren Stiefeln. Er musste am Tor oder bei den Schlafsälen auf mich gewartet haben. Kurz überlegte ich, ob ich umdrehen und ihn direkt von vorn angreifen sollte – aber ich bewegte mich bereits lautlos wie eine Eule. Die Schritte wurden langsamer. Ich spitzte die Ohren, ausnahmsweise dankbar für meine dämonenscharfen Sinne. Plötzlich ertönte ein Schmerzensschrei, gefolgt von Kampfgeräuschen. Dann klang es, als würde etwas schwer zu Boden fallen. Wieder knirschte der Kies, dann lief jemand über das Gras. Ich rannte weiter, umrundete den Hügel und erreichte den Pfad, der zum Haus des Direktors führte.
    Hier ist Polyamour entlanggegangen, mit einem neunjährigen Mädchen und mit Keller. Auf dem Weg zu Mirovitch. Der Pfad war asphaltiert, und ich flitzte ihn so schnell und leise entlang, wie es mein neuer Körper zuließ.
    Ich hatte gerade die kleine Anhöhe hinter mir gelassen und sprang über ein Schlagloch, als etwas krachend an mir vorbeizischte. Ich warf mich zur Seite, und der Bolzen bohrte sich in das Haus des Direktors.
    Das tadellos erhaltene, zweistöckige, neoviktorianische Haus war offensichtlich verlassen, die Fenster mit Plasholz vernagelt. Ein seltsam verschwommenes Licht ließ große Risse in der abblätternden Farbe sichtbar werden – es war dasselbe kränklich blaue Licht, das ich in Sukerows Wohnung gesehen hatte. Nur dass sich das Licht diesmal ausbreitete, knisterte und zischte. Kurz fragte ich mich, ob es mich radioaktiv verstrahlen würde. Jedenfalls sah es aus wie das widerliche Glühen einer Kernschmelze.
    Die Explosion war ohrenbetäubend. Ich fand mich in dem hohen Gras neben der Straße wieder, so weit hatte die Schockwelle mich geschleudert. Meine Nase blutete.
    „Davon kannst du noch einiges mehr haben“, hörte ich eine Stimme aus dem Gebüsch unten am Hügel. Der Bolzen war von rechts gekommen, was nur bedeuten konnte, dass Lourdes mir hinterhergeklettert war.
    Die Pfeilspitze, vermutlich folgt er der Pfeilspitze.
    Und der letzten Halskette in meiner Manteltasche.
    „Wer bist du?“ Wieder die keuchende, leicht asthmatische Stimme. Ein Schauder lief mir den Rücken hinauf und über die Arme. Die Stimme klang seltsam, als würde sie irgendwie durch einen Frequenzfilter verzerrt; und dennoch – ich kannte diese Stimme. Mein gesamter Körper wurde bei ihrem Klang eiskalt und musste sich gegen das Abgleiten in einen Schock wehren. Ich grub die Finger in den Boden. Der Geruch von nassem, niedergetrampeltem Gras und dampfender Erde vermischte sich mit berauschendem, würzigem Dämonenduft.
    Das Haus des Direktors brannte munter vor sich hin – die Flammen waren jetzt nicht mehr blau, sondern orangefarben, und zuckten wütend himmelwärts. Mir blieben nur noch ein paar Sekunden, bis er oben am Hügel ankommen und mich sehen musste.
    Dann ertönte ein schrecklicher Schrei, der mir durch Mark und Bein ging. „Nein! NEIN! Aufhören! AUFHÖREN!“ Die Stimme klang jetzt anders – eher wie ein Bariton, in dem zweifelsohne ein Anflug von Skinlin mitschwang. Schritte. Nur eine Person schien sich dort zu bewegen, aber dann klang es wieder, als würde gekämpft.
    „Wer immer du bist – lauf! Lauf um dein Leben!“
    Ich hatte durchaus vor zu laufen. Aber nicht um mein Leben.
    Sondern um seins.
    „Runter“, zischte Mirovitch. „Und unten geblieben. Wo du hingehörst, Junge.“
    Mehr brauchte ich nicht zu hören. Ich rannte los.

35
     
     
     
    Vermutlich war die Cafeteria der Ort, an dem Mirovitch und Keller am wenigsten damit rechnen würden, dass ich dort auftauchte. Auf der einen Seite waren die Fenster mit Brettern vernagelt, an der Wand standen einsam zwei überzählige Tische, und die Isolierung hing in langen Streifen von der Decke herab. Die Cafeteria war gut einsehbar, außerdem hatte ich die Tür aufbrechen müssen, und wenn das Quietschen des Metalls und mein jagender Atem Mirovitch nicht anlocken würden, dann mit Sicherheit das, was ich jetzt vorhatte.
    Nach wenigen Schritten trat ich plötzlich auf etwas Weiches. Ich riss das Schwert heraus, doch dann sah ich, dass es nur ein harmloser Schlafsack war, der zusammengeknüllt auf dem Boden lag. In der Luft hing der Geruch von Fleischsuppe aus der Dose, außerdem der von Kerzenwachs, ungewaschenem Menschen und der kalte, widerliche Gestank, den Mirovitch ausströmte – Staub, Magik, Exkremente, Kreide und Rasierwasser.
    Ich hatte einen Unterschlupf

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