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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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einmal tief Luft und fuhr mit der Hand in die Botentasche. Ich hatte keine Scheide, die zu der Pfeilspitze passte, also umwickelte ich sie mit einer biegsamen Plasilicafolie und schob sie, zusammen mit der übrig gebliebenen Halskette, in die Manteltasche.
    Ich glaube, ich gehe lieber nicht vorne rein. Ich löste mich aus dem Schatten des Hauseingangs und verschmolz mit dem Nebel.

34
     
     
     
    Der alte Abwasserkanal war noch da. Auf dem Boden der runden Betonhöhle hatte sich Müll angesammelt, außerdem eine Schicht aus mehrere Jahre alten Blättern. Vorsichtig tastete ich den Beton ab. Hier, wo der Kanalisationsgraben unter dem Zaun in einem Hügel verschwand, hatte vor vielen Jahren irgendjemand das Eisengitter durchgesägt. Generationen von Schülern hatten das Loch sorgfältig mit faulenden Holzscheiten aus der Holzwerkstatt abgedeckt, sodass das Wasser noch fließen, aber niemand sehen konnte, dass das Metallgitter nicht mehr intakt war. Da der Kanal unter der Erde verlief, wurde er von den Sicherheitssystemen nicht erfasst. Soweit ich wusste, hatten die Schüler es immer geschafft, dieses Geheimnis für sich zu behalten. Sich nachts aus dem Haus zu stehlen war eine alte Tradition in Rigger Hall, die man auch in den schlimmsten Zeiten von Mirovitchs Herrschaft nicht aufgab. Letztendlich waren wir eben doch nur Kinder gewesen. Und als Psione mit Halsband konnten wir nirgendwo anders hingehen – wir gehörten der Hegemonie. Seit ich von dem Schwarzen Zimmer gehört hatte, fragte ich mich, ob es auch noch andere Geheimnisse gegeben hatte. Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass es unmöglich war, irgendetwas vor Mirovitch oder seinen Spitzeln zu verbergen. Jetzt, mit der Erfahrung der Erwachsenen, die den Einfluss von äußeren Bedingungen auf die Handlungsweisen von Menschen einzuschätzen wusste, urteilte ich etwas gnädiger über die Spitzel. Letztlich waren auch sie nur völlig verängstigte Kinder gewesen, genau wie ich.
    Aber mich hatte er nicht kleingekriegt, nicht einmal, als er mich gezwungen hatte zuzuschauen, wie Roanna starb – und heute fragte ich mich, ob er wohl gewusst hatte, dass sie sich aus dem Griff seiner alten, harten Hände winden und in den Zaun werfen würde.
    Auch danach hatte er mich nicht kleingekriegt, als er mich in sein Büro gezerrt hatte, um mich zu bestrafen und mich auszufragen, was genau meine Sedayeen -Zimmergenossin ihrem Sozialarbeiter erzählt und mit wem sie sonst noch darüber gesprochen hatte. Inzwischen wusste ich, dass ihn der Gedanke, er könne seinen Privatspielplatz verlieren, in helle Panik versetzt haben musste, mal ganz abgesehen von der Strafe, die er zu erwarten hatte, vermutlich Tod in der Gaskammer. Seit der Zeit hatte er mich dauernd auf dem Kieker gehabt. Meine Aufsässigkeit machte ihn wütend, aber da ich nur eins von vielen kleinen Mädchen in einer großen Schule war, gelang es mir immer wieder, mich seiner Aufmerksamkeit zu entziehen.
    Ich duckte mich und schlüpfte in den Kanal hinein. Wasser rann unter meinen Stiefeln durch das verfaulte Laub. Es war nicht der geringste Luftzug zu spüren, in dem Nebel war alles seltsam still. Trotz meiner Dämonensehschärfe konnten meine Augen die völlige Dunkelheit nicht durchdringen, und der Kanal schien wie ein Abgrund vor mir zu gähnen.
    Ich hob mein Schwert und löste die Sicherung. In der undurchdringlichen Stille klang das Klicken, mit dem Fudoshin einige Zentimeter aus der Scheide glitt, unnatürlich laut. Blasse blaue Flammen wanden sich um das Metall.
    Jetzt konnte ich sehen, dass sich der Kanal leicht nach oben wand und dass Laub und Wasser ungefähr bis auf Kniehöhe reichten. Graffiti zogen sich die Wände entlang, und bei einigen, die ich mit dem Licht meines Schwertes berührte, glühten Schornsalgen auf. Der Beton hatte Risse, war sonst aber noch in gutem Zustand. So weit ich sehen konnte, war der Kanal nirgendwo blockiert; außerdem floss das Wasser immer noch, also stieg ich vorsichtig in die Öffnung.
    Auf halbem Weg blieb ich stehen, hob das Schwert und untersuchte die linke Wand. Vorsichtig in die Dunkelheit spähend ging ich weiter.
    Da war es, das unbeholfen mit schwarzer Farbe an die Wand gesprühte Graffiti eines schlanken ägyptischen Hundes mit langen, angelegten Ohren, die Kopie einer alten Statue. Mir fiel wieder ein, wie ich mir beim Sprühen auf die Lippe gebissen, wie ekelhaft das Permaspray gestunken und welche Genugtuung ich verspürt hatte, als das Bild fertig war. In

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