Dante Valentine 05 - Hoellenschlund
der Nase zugeknallt hatte.
Oh Götter, bitte. Irgendjemand, bitte. Egal wer. Helft mir.
Ich stöhnte, und das Geräusch hallte von den Wänden wider. Das Mal an meiner Schulter verströmte plötzlich sanfte Hitze, die meinen schmerzenden Körper durchflutete. Alles tat mir weh – als hätte man mich auseinandergerissen und falsch wieder zusammengesetzt. Am unerträglichsten war der Schmerz in meinem Becken; fast schien es, als plagten mich Menstruationskrämpfe auf Weltrekordjagd.
Ich konnte nicht nachdenken. Mein ganzes Ich wehrte sich. Ich konnte einfach nicht an das denken, was mir passiert war.
Die Risse in meinen Schutzschilden flickten sich mit hauchdünnen Fäden, die gerade noch ausreichten, dass ich nicht den Verstand verlor. Das Mal pulsierte, loderte auf wie ein Signalfeuer – eine flammende, schwarzdiamantene Quelle, die sich aus der Umgebungspsinergie der Stadt speiste. Das erste Aufglühen haute mich voll aufs Pflaster zurück. Ich war wie gelähmt. Jede der nachfolgenden Wellen wühlte sich ein bisschen tiefer in mich hinein, warf mich aber nicht mehr derart um.
Atme. Atme einfach. Ich schloss die Augen und klammerte mich an diesen Gedanken, während die Welt sich unter mir drehte. Ich schaffte es, auf Hände und Knie zu kommen, stützte mich mit den Handflächen auf den rutschigen, schmierigen Boden und würgte. Normalerweise muss ich mich nur dann übergeben, wenn mich jemand vergiftet hat, aber diesmal war ich auch so kurz davor, meinen Mageninhalt von mir zu geben.
Zu schade, dass ich nichts im Magen hatte. Ich krümmte mich zusammen, würgte noch ein bisschen mehr und beschloss schließlich, dass es mir besser ging.
Das Mal pulsierte weiter, im Rhythmus eines langsamen Herzschlags. Japhrimels Puls ist langsamer als meiner – in der Zeit, in der mein Herz dreimal schlägt, schlägt seins nur einmal. Es fühlte sich unangenehm an, als hätte sich dieser Herzschlag in dem Mal eingenistet – als würde ich den Kopf an seine Brust legen und sein altes, langsames, starkes Herz schlagen hören.
Japhrimel. Immerhin erinnerte ich mich an ihn, wenn ich mich schon nicht an mich selbst erinnern konnte.
Ich fluchte, erst nur innerlich, dann auch laut. Ich schlug meine Klauen in die Mauer vor mir und zog mich zitternd in die Höhe. Ich konnte es mir nicht erlauben, nach ihm zu rufen. Er gehörte zu den Feinden.
Sie alle waren meine Feinde. Jeder. Jedes verdammte Etwas, das atmete, ging oder gar wagte, mich zu berühren. Sogar die Luft.
Sogar mein eigener Verstand.
Ein sicherer Ort. Such dir einen sicheren Ort. Bei dem Gedanken hätte ich am liebsten laut losgelacht. Ich wusste nicht einmal, wo ich war.
Nicht nur das – wo auf der Welt hätte es für mich jetzt noch einen sicheren Ort geben sollen? Ich wusste ja kaum noch, wer ich war.
Valentine.
Ein Name fiel mir ein. Mein Name. Meine Finger glitten nach oben und berührten einen vertrauten, starke Wärme verströmenden Gegenstand: die Halskette aus versilbertem Waschbären-Bakula und blutgetränkten Blutsteinen, ihre Kraft verausgabt und kaum noch zu spüren. Ich wusste, wer diese Halskette trug.
Ich bin Valentine. Danny Valentine. Ich bin Dante Valentine.
Ich fühlte mich unendlich erleichtert. Jetzt wusste ich wieder, wer ich war. Ich erinnerte mich an meinen Namen.
Alles andere würde sich finden.
Endlich stand ich, wenn auch schwankend und auf wackeligen Beinen. Ausnahmsweise war ich nicht in der Lage zu kämpfen. Ich konnte nur hoffen, dass ich mich nicht in einem der übleren Stadtviertel befand.
Welche Stadt das hier auch sein mag. Was ist bloß passiert? Ich riss meine Klauen von der Mauer los und lehnte mich gegen ihre kalte, raue Oberfläche. Dieses eine Mal war ich froh über den Gestank von Menschen. Er bedeutete, dass ich in Sicherheit war.
In Sicherheit vor was? Auch auf diese Frage wusste ich keine Antwort. Hinter der Tür, die ich zugeschlagen hatte, lauerte ein scheußliches Etwas, das wie ein krankes Herz wummerte. Aber im Moment wollte ich nichts von ihm wissen.
Ein sicherer Ort, Danny. Ich zuckte zusammen, aber die Worte waren vertraut, als würde mir jemand ins rechte Ohr flüstern. Es war die Stimme eines Mannes. Sie war dunkel und zärtlich, und in ihr schwang eine sanfte Dringlichkeit mit. So hatte er mich früher immer aufgeweckt.
Damals, als ich noch ein Mensch und Jace Monroe noch am Leben gewesen war. Als die Hölle noch ein Ort war, über den ich in der klassischen Literatur gelesen und im „Geschichte
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