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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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ist seit eh und je die Übernahme der Taxikosten und eine Flasche Doppelkorn.
     
    Große Trauerfeiern, bei denen die Angehörigen Wert auf ein ausführliches Gespräch mit dem Geistlichen oder dem Redner legen, können wir Pastor Zittelmann nicht geben. Er ruft vorher nur bei den Leuten an und hält dann eine sehr schöne, würdevolle und andächtige Trauerfeier, die allerdings immer gleich ist. Da es aber genug alte Herrschaften gibt, auf die seine Trauerrede passt, können wir ihn wirklich guten Gewissens bei so einigen Standardtrauerfeiern einsetzen.
    Nach dem Krieg mit aufgebaut, Kinder großgezogen, Kinder weggezogen, in Vereinen tüchtig mitgeholfen, immer zu allen gut gewesen, in Haushalt oder Beruf angesehen und stets aufopfernd fleißig, Silber- oder Goldhochzeit gefeiert und viele Freunde und Verwandte schon zu Grabe getragen …
    Passt oft, fast immer, zumindest bei den Alten.
    Da fügt er dann noch den Namen ein, die Firma, den Beruf und so einige Kleinigkeiten. Den Leuten gefällt’s, der würdevolle, weißhaarige Mann mit der angenehmen Stimme ist sehr beliebt, und entweder stört es keinen, dass es immer derselbe Sermon ist, oder sie merken es schlicht und ergreifend einfach nicht.
    Das Taxi hält vor unserem Haus, Pastor Zittelmann kommt ins Büro, unter dem Arm seine abgegriffene braune Aktentasche – und was wird er wollen? Seine Flasche Doppelkorn. Frau Büser geht raus, regelt das mit dem Taxi, und Pastor Zittelmann winkt fröhlich zum Abschied. Mit dem weißen Bart, den er seit einiger Zeit hat, sieht er fast ein bisschen aus wie der Weihnachtsmann.
    Normalerweise läuft das so. Dieses Mal ist Pastor Zittelmann etwas aufgeregt.
    »Guckt euch mal an, was mir passiert ist«, sagt er und lupft seine dunkelgraue Weste, die unter dem schwarzen Anzug seinen durchaus passablen Bauch kaschiert. »Hab ich vergessen!«
    »Was denn?«, will Antonia wissen, und der Pastor nickt in Richtung seines Bauches: »Da! Sieht man doch. Ich hab vergessen, meinen Gürtel anzuziehen, und jetzt rutscht mir die Hose.«
    »Kein Problem!«, ruft Sandy, die niemals um eine Antwort oder Lösung verlegen ist, und hat von irgendwoher einen struppigen Strick herbeigezaubert. Völlig keusch und ohne weitere Hintergedanken sind kurz darauf drei Frauen damit beschäftigt, das widerspenstige Tau durch die Laschen von Pastor Zittelmanns Hose zu ziehen und fachmännisch zu verknoten. »Zieht die doch nicht so hoch, Mädels, ich krieg ja keine Luft mehr!«
    »Müssen wir aber, wenn die Hose nicht übern Bauch kommt, rutscht die Ihnen wieder weg«, sagt Frau Büser und zieht noch etwas fester am Strick.
    »Ich trage aber meine Hosen immer unterm Bauch, und jetzt beißt das im Schritt«, mault der Gottesmann. Aber Frau Büser kennt keine Gnade: »Entweder Hose verlieren oder leiden, was wollen Sie?«
    Er hat sich wohl fürs Leiden entschieden, denn kurz darauf geht er, winkt weihnachtsmännisch und fährt mit dem Taxi von dannen, um Oma Tschachkowiak zu beerdigen.
    Die weiteren Begebenheiten sind mir zugetragen worden; erst beim Finale war ich wieder live dabei.
    Schon während der Trauerfeier habe Pastor Zittelmann so komisch herumgehampelt. Es habe ausgesehen, als wanke er die ganze Zeit von einem Bein aufs andere, und das im Takt seiner Worte. Rechtes Bein, die liebe Verstorbene, linkes Bein, Agnes Tschachkowiak, rechtes Bein, war eine gute, linkes Bein …
    Auch sei die Gesichtsfarbe des Pastors immer mehr ins Rötliche gewechselt, so dass einige der Trauergäste schon Angst bekamen, der alte Mann könne ernsthafte Kreislaufprobleme haben. »Der hat auch immer schneller gesprochen, und am Ende konnte man kaum noch verstehen, was er sagte, so schnell war der«, erzählte mir später der Friedhofswärter. »Dann hat er den Knopf gedrückt, damit wir den Sarg rausfahren, und statt hinterm Sarg herzulaufen, ist der nach rechts aus der Halle verschwunden. Ich bin dann hinterher und sehe, wie der zum Klo abbiegt, und höre noch, wie er ruft: ›Ich muss brunzen wie ein Elch!‹ Gott sei Dank hat das keiner von den Trauergästen gehört. Der war aber schnell wieder da, das Gesicht immer noch hochrot, und lief so mit Tippelschritten. So schnell ist noch kein Pfarrer hinterm Sarg hergelaufen; der hat die Frau Tschachkowiak ja fast über den Friedhof geschoben mit seinem Bauch. Wir sind doch nicht bei der Rallye Monte Carlo! Die Trauergemeinde war so weit auseinandergezogen wegen seinem Tempo, dass manche von den ganz Alten gar nicht

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