Dark Desires: Im Bann der Unsterblichkeit
neugeborener Vampir. Die Frau war eine Vampirin und ich bin ebenfalls ein Vampir.“
Jesse starrte Devon sprachlos an. Sein Gegenüber wirkte amüsiert.
„Das wolltest du doch wissen, oder?“
Ja. Nein. Jesse schaute über die Schulter. Keiner der anderen Gäste beachtete sie.
„Es wird uns niemand belauschen.“
„Weil du es ihnen befohlen hast?“
„Ja.“
„Wie machst du das?“, wiederholte Jesse die Frage, die er bereits im Krankenhaus gestellt hatte.
„Es ist eine Gabe.“
Natürlich, was sonst. Ein Befehl und alle Leute schauten in die andere Richtung. Oder ließen sich ohne Gegenwehr …
Jesse schob den Gedanken von sich und die Bilder, die er mit sich brachte. „Deshalb konnte ich mich nicht vollständig an unsere erste Begegnung erinnern.“
Devon nickte.
Jesse kam ein anderer beunruhigender Gedanke: „Wie kann ich sicher sein, dass du mich jetzt nicht manipulierst?“
„Du hast mich angerufen. Es war allein deine Entscheidung, hierher zu kommen. Du kannst jederzeit gehen, ich werde dich nicht aufhalten. Aber ich würde es vorziehen, wenn du bleibst.“
Jesse musterte sein Gegenüber, sah das Heben und Senken der Brust, das regelmäßige Blinzeln der Augenlider. Einzig die Blässe deutete darauf hin, dass etwas nicht stimmte.
„Warum atmest du?“ Plump formuliert, dafür direkt. Ob das eine geschickte Herangehensweise war?
„Wir haben keine Lungenfunktion“, erklärte Devon, als wäre es das Natürlichste der Welt. „Genau wie das Blinzeln, ist es eine einstudierte Bewegung. Es irritiert die Menschen ungemein, wenn sie sich mit jemandem unterhalten, der nicht atmet.“
„Kann mir gar nicht vorstellen, warum“, rutschte es Jesse heraus. Eines Tages würden ihn seine Sprüche in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Aber es war zu verrückt! Irgendwie war er in einer anderen Dimension gelandet, in der es Dinge gab, die nicht existieren konnten. Je länger er sich hier aufhielt, desto leichter wurde es, alles zu glauben.
„Was ist mit Essen oder Trinken?“ Jesse deutete auf das Wasserglas.
„Trinken ja, Essen nein. Unsere Körper stoßen feste Nahrung ab.“
Logisch. Weil bei Toten der Verdauungstrakt nicht funktionierte. Im Hinblick auf Devon war das ein ziemlich unschöner Gedanke.
„Was passiert, wenn ihr esst?“
„Wir müssen uns übergeben.“
„Aha.“ Jesse schob den Kuchenteller demonstrativ von sich. Seine Reaktion brachte Devon zum Schmunzeln.
„Wie funktioniert das mit dem Blut?“ Die Neugier war stärker als Jesses Ekel. Er wollte zumindest versuchen, zu verstehen, wie Vampire existieren konnten.
„Der Körper absorbiert es.“
„Alles?“
„Alles.“
Was geschah mit den Abfallstoffen? Gab es keine? Verschwanden sie auf magische Weise? Sie mussten irgendwo hin. Bei den Mengen an Blut, die ein Vampir zu sich nahm, würde er doch sonst vollkommen aufgedunsen sein.
Ein weiteres schönes Bild.
„Hast du jemals versucht, etwas zu essen?“ Jesse konnte sich nicht vorstellen, nie wieder feste Nahrung zu sich zu nehmen. Keine Pizza oder Schokolade, kein Salat oder Eiscreme.
Devon nickte. „In den ersten Wochen nach meiner Verwandlung. Ich vermute, wir probieren es alle irgendwann. Aber das Essen war ohne jeden Geschmack. Ich wusste, wie es hätte schmecken sollen, doch da war nichts.“ Für einige Sekunden schien Devon ganz weit weg zu sein. „Der Körper stellt sich schnell um“, fügte er schließlich hinzu. „Das Gehirn braucht länger, um zu vergessen.“
Jesse musterte Devon schweigend. Er sah wie fünfunddreißig aus. Oder vielleicht achtunddreißig. Zu Lebzeiten. Falls es Anzeichen gab, die das Alter eines Vampirs verrieten, blieben sie ihm verborgen.
„Wie alt bist du?“, fragte er neugierig.
Devon hob die Augenbrauen. „Zu meiner Zeit war das eine sehr unhöfliche Frage.“
„Zu deiner Zeit“, erwiderte Jesse. „Also bist du sehr alt.“
Ein belustigtes Funkeln erschien in Devons Augen.
„367 Jahre.“
Jesse blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen. Endlich fand er seine Sprache wieder. „Wirklich? Das ist alt! Das ist verdammt alt!“ Devons pikierter Gesichtsausdruck brachte ihn zum Lachen. „Keine Sorge, du hast dich hervorragend gehalten!“
„Vorsicht“, warnte Devon ihn schmunzelnd.
Jesse verschränkte grinsend die Arme vor der Brust.
„Was soll ich denn sagen? Ich habe mit neunundzwanzig die ersten grauen Haare bekommen.“
„Deshalb der Haarschnitt?“ Devons Frage kam leicht zeitversetzt, als hätte
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