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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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das Konto der Katze geht. Die macht das ja nicht aus Begeisterung, da geht es um richtig viel Geld bei diesen Partys. Wenn ihr jemand in die Quere kommt, glaube ich nicht, dass sie das einfach so hinnehmen würde.«
    Die Blonde klopfte sich die Tannennadeln von der Kleidung. »Ist mir egal. Mich interessiert eher, was nach dem Gammelfleisch da drinnen auf der Karte stehen wird. Schon was in Aussicht?«
    Der Lonely Twin hatte seine Runde beendet und stellte sich wieder dazu, er hielt sein Smartphone hoch und trat seine Zigarette aus. »Die Herzdame hat die nächste Beute gerade reingestellt. Leckeres Portiönchen, sicher zart wie Stubenküken. Da würd ich gern den Wishbone knacken.«
    Der Gote zog ein Tablet aus seiner Umhängetasche, sah nach und pfiff durch die Zähne. »Alter, die ist Premium-Geflügel, die kannst du dir nicht leisten. Du kennst doch die Background-Infos, das ist nicht irgendein Hühnchen, die ist ein Opfer-Promi.«
    Der Lonely Twin spuckte auf den Boden. »Jetzt ’n Chicken-Döner, gute Idee, Mann.«

 
    5 TANTE LORINA
    Auf dem Gehweg vor dem Grundstück der Sekte drängelten sich so viele Leute, dass Fiona sich hindurchschlängeln musste, um zu Tante Lorinas Haustür zu kommen. Junge Männer in Lederkleidung verteilten Handzettel, Frauen zündeten Kerzen an oder legten Blumen und Bilder vor dem schmiedeeisernen Tor nieder, alte Paare standen kopfschüttelnd einfach nur da und sahen sich alles murmelnd an, eine Gruppe junger Leute entrollte gerade ein Transparent, dazwischen trugen junge Eltern ihre bunt bemalten Kinder auf den Schultern und zupften an deren Zuckerwatte. Fiona zog den Kopf ein und ballte die Fäuste, bis ihre Fingernägel ihr in die Handballen schnitten. Sie hätte die Gaffer am liebsten angeschrien und weggeschubst. Die stehen hier rum wie im Zoo, dachte sie und kickte eine leere Dose gegen einen Autoreifen.
    Im Garten der Sekte hielten sich die verbliebenen Jünger an den Händen und beteten laut. Zwischen ihren Füßen wuselte der kleine weiße Terrier von Evi herum und kläffte. Bestimmt vermisste er sie. Bilder aus der Nacht, in der sie über das Grundstück gehetzt war, schossen Fiona durch den Kopf. Der Verfolger, das morastige Gras und die wispernden Büsche, Evis Gesicht, von dem Jan ihr erzählt hatte, die Nacht im Truck mit den vielen nackten Körpern, die sich aneinander rieben, ineinander stießen, die leckenden Zungen, saugenden Münder, hochgereckten Hinterteile schoben sich vor das Bild der grausam zugerichteten und geschorenen Freundin, füllten Fionas ganzen Schädel aus, bis er zum Platzen voll war von Seufzern, Stöhnen, speichelnassen Mündern, feuchten Mösen und harten Schwänzen.
    Sie wischte sich über die verschwitzte Stirn, als sie bei Lorinas Haus ankam, und schloss für einen Moment die Augen, um wieder klar zu werden. Der Druck in ihr ließ einfach nicht nach. Als sie morgens aufgewacht war und nicht mehr einschlafen konnte, hatte es draußen erst langsam gedämmert. Sie hatte sich eine Tüte Speckmäuse genommen, sie am offenen Küchenfenster gegessen, und sobald es hell war, war sie auf die kleine Terrasse getreten und die Stufen zu ihrem Garten hinterm Haus hinabgestiegen. Sie hatte den Rasen gemäht, die Hecken getrimmt und die Büsche beschnitten. Sie besaß keine elektrischen Geräte, sondern nur altmodische, teilweise verrostete Gerätschaften, die schwer zu bedienen waren und viel Muskelkraft kosteten. Schweißnass hatte sie sich Stunden später unter den riesigen Baum gesetzt, dessen Wurzelwerk bis unter ihr Haus reichen musste, und in die dicken Äste gesehen. Ihr Körper war völlig schlaff vor Erschöpfung, und die Hände schmerzten, aber in ihrem Kopf war es kein bisschen leiser geworden. Sie fühlte sich fiebrig an, als würde ihr Blut immer heißer durch ihren Körper jagen, und ihr Puls raste. Auf dem Weg zur Dusche im Souterrain sah sie kurz auf ihr Handy, erstarrte und warf es dann mit einem gebrüllten »Scheiße!« aufs Sofa. Sie trat einen Sessel um, besann sich aber gleich, richtete ihn wieder auf und legte das braun melierte Kissen ordentlich zurecht. Sie kämmte sogar die Fransen mit den Fingerspitzen. Dann suchte sie das Handy, das unversehrt zwischen den Kissen gelandet war, und sah sich die Nachricht noch einmal an.
    Die Grinsekatze hatte diesmal schon in der Nacht zum nächsten Event eingeladen – und Fiona hatte es verpasst, sich umgehend dafür anzumelden. Sie tigerte wie ein gefangenes Tier durchs Wohnzimmer. Sie

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