Darkons Tod
diese Zeitspanne eher wie eine einzige Woche.
War anfangs eine niedergeschlagene Stimmung vorherrschend gewesen, so hatte sich allmählich doch Hoffnung ausgebreitet. Spätestens seit jeder an Bord wußte, daß Gerreks Vermutungen etwas Hellseherisches besaßen. Der Todesstern war eine Bastion des Lichts; die unzähligen Krieger, die bei seiner Wiederkehr alle sieben Jahre in ihm verschwunden waren, und von denen man angenommen hatte, sie seien den Heldentod gestorben, waren für die Lichtheere und für ALLUMEDDON rekrutiert worden. Auch die sieben Wälsen lebten demnach noch, wenngleich niemand zu sagen vermochte, ob in dieser oder einer anderen Welt. Sie, deren Leben einzig dem Kampf verschrieben war, mochten sich in einem Heer von ihresgleichen wohl fühlen. Männer wie sie konnten Schlachten entscheiden.
Nach und nach hatten Tertish und ihre Freunde diese Tatsachen von Caeryll erfahren, den unverständliche Bande mit Mythors Geist verbanden. Selbst magisch Begabte wie Lankohr, Heeva oder Glair wußten keine andere Erklärung dafür, als daß die im Besitz des Kometensohns befindlichen DRAGOMAE-Bausteine diese stummen Zwiegespräche ermöglichten.
Es war ruhiger geworden um den Todesstern und Carlumen. Die Zukunft würde erweisen, ob dies nur die Ruhe vor dem Sturm war. Denn keiner an Bord der fliegenden Stadt mochte recht daran glauben, daß die Dämonen ihre Angriffe eingestellt hatten.
Die Ruhe erwies sich als Nährboden quälender Ungewißheit, und das Schlimme daran war, daß niemand das Rad der Zeit aufhalten oder gar zurückdrehen konnte. Außerhalb der Schattenzone mochten Dinge von bedeutender Tragweite geschehen, möglicherweise längst schon erste Schlachten geschlagen werden, die über Gedeih und Verderb ganzer Ländereien entschieden. Da mochten Menschen die Kunde von Carlumen vernommen haben und vergeblich auf den Sohn und die Tochter des Kometen hoffen. Mußte nicht das lange Warten ihren Mut schwinden lassen? Und jeder Zweifel stärkte nur die Reihen des Gegners.
Daß dem so war, bekamen auch die Carlumer immer deutlicher zu spüren. Hie und da wurden Stimmen laut, die ein Verlassen der Schattenzone forderten. Diejenigen, die dieses Verlangen mit Nachdruck vortrugen, beriefen sich darauf, daß Mythor und Fronja im Todesstern in Sicherheit waren. Man konnte ohnehin nichts anderes tun, als ihnen zu folgen, und war im übrigen längst zur Untätigkeit verdammt. ALLUMEDDON, sagten sie, verlange Kämpfer, keine Träumer.
Es war abzusehen, wann erstmals die Waffen sprechen würden, um eine Entscheidung zu erzwingen. Denn weder Tertish noch Scida, Glair, Gerrek, Steinmann Sadagar und einige ihrer Freunde wollten den Sohn und die Tochter des Kometen schmählich im Stich lassen.
*
Bevor Träume Wahrheit werden…
Tief aus dem Meer des Vergessens tauchte sie an die Oberfläche schillernder Wogen empor, in denen sich der Schein der sinkenden Sonne blutrot spiegelte. Ihre Strahlen blendeten und machten es schwer, sich zurechtzufinden.
In Fronjas Erinnerung lasteten düstere Schatten auf den Geschehnissen der letzten Monde. Sie kündeten von Krieg und Tod, von Sterben und Vergehen.
Aber die Welt konnte auch schön sein…
»Ist sie das wirklich?«
Mit dem Klang der warmen, weichen Stimme in Fronjas Gedanken veränderte sich das Rauschen der sanften Dünung, die sie wahrzunehmen glaubte. Es wurde zum Trommeln von Pferdehufen auf hartem Boden und dem monotonen Stampfen menschlicher Schritte. Wolken schoben sich vor das Antlitz der Sonne, ein eisiger Nordwind zog auf, der schneidend selbst das dickste Wams durchdrang und Eis und Hagel mit sich brachte. Die Rufe der Seevögel, die eben noch hoch in den Lüften kreisten, vermischten sich mit den Schreien sterbender Krieger.
»Ist das die Schönheit, nach der du dich sehnst? Leid und Tränen – hast du dafür dein Leben mit Träumen verbracht…?«
»Ambe«, stieß Fronja überrascht hervor. »Bin ich wieder am Hexenstern?« Ja, sie kannte diese Stimme, die ihrer Nachfolgerin als Erste Frau Vangas gehörte.
»Mein Traum weilt bei dir, Tochter des Kometen, weil ich dir Wichtiges mitzuteilen habe. Während du von dem Meteorstein gelähmt bist, geht dein Schicksal seiner wahren Bestimmung entgegen. Du wirst dich bald entscheiden müssen.«
Unverändert ruhte Fronjas Körper in dem Schrein im Innern des Todessterns. Nur ihr Geist war rege und vermochte die Fesseln alles Leiblichen abzustreifen. In diesen Augenblicken war sie eins mit Ambe.
»Deine Worte
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