Darkover 12 - Der verbotene Turm
erschreckt, ungläubig an. Laran war die Psi-Kraft, die die Comyn der Domänen über das gewöhnliche Volk hinaushob, die erbliche Fähigkeit, die in das Comyn-Blut hineingezüchtet worden war. ›Laran! ‹, rief sie beinahe zornig aus. »Das kann ich nicht glauben.«
»Glauben oder Unglauben ändert eine einfache Tatsache nicht, Leonie«, sagte Damon. »Ich habe Laran gehabt, seit ich ein Junge war, ich bin in einem Turm ausgebildet, und ich sage dir, dieser Terraner hat Laran. Ich habe meinen Geist mit dem seinen zusammengeschlossen, und ich versichere dir, er unterscheidet sich in nichts von einem Mann unserer eigenen Welt. Es gibt keinen Grund, Callistas Wahl mit Entsetzen oder Abscheu zu betrachten. Er ist ein Mensch wie wir.«
Leonie sagte: »Und er ist dein Freund.«
Damon nickte. »Mein Freund. Und um Callista zu retten, schlossen wir uns zusammen – durch die Matrix.« Es war nicht nötig, mehr zu sagen. Es war das stärkste bekannte Band, stärker als Blutsverwandtschaft, stärker als das Band zwischen Liebenden. Es hatte Damon und Ellemir zusammengebracht, und ebenso Andrew und Callista.
Leonie seufzte. »Ist das so? Dann nehme ich an, ich muss es akzeptieren, mögen seine Geburt und seine Kaste sein, was sie wollen. Da er Laran hat, ist er ein passender Gatte, wenn irgendein lebender Mann überhaupt ein passender Gatte für eine als Bewahrerin ausgebildete Frau sein kann.‹
»Manchmal vergesse ich, dass er keiner von uns ist«, gestand Damon. »Und manchmal wieder kommt er mir merkwürdig, beinahe fremdartig vor, aber der Unterschied ist allein in den Sitten und in der Kultur begründet.«
»Auch das kann einen großen Unterschied bedeuten«, entgegnete Leonie. »Ich denke daran, wie Melora Aillard von Jalak von Shainsa entführt wurde und was sie zu erdulden hatte. Es hat noch nie eine Ehe zwischen den Domänen und den Trockenstädten ohne Tragödie gegeben. Und ein Mann von einer anderen Welt und einer anderen Sonne muss uns noch ferner stehen.«
»Dessen bin ich mir nicht so sicher«, meinte Damon. »Auf jeden Fall ist Andrew mein Freund, und ich werde seine Werbung unterstützen.«
Leonie sank im Sattel zusammen. »Du würdest mit einem Unwürdigen weder Freundschaft schließen noch dich mit ihm durch eine Matrix verbinden. Aber selbst wenn alles, was du sagst, wahr ist, wie kann eine solche Heirat etwas anderes als eine Katastrophe sein? Selbst wenn er einer von uns wäre und voll begriffe, welchen Einfluss der Turm auf Leib und Seele einer Bewahrerin hat, wäre es nahezu unmöglich. Hättest du so viel gewagt?«
Damon antwortete nicht gleich. Sie konnte nicht gemeint haben, was er dachte.
Man lebte nicht mehr in den Tagen vor dem Zeitalter des Chaos, als die Bewahrerinnen verstümmelt, ja sogar zu Neutren, zu weniger als Frauen gemacht wurden. O ja, Damon wusste, Bewahrerinnen wurden immer noch unter schrecklicher Disziplin dazu erzogen, ein von den Männern abgesondertes Leben zu führen. Dazu wurden in Körper und Gehirn Reflexe eingebaut. Aber verändert wurden Körper und Gehirn nicht mehr. Und bestimmt wusste Leonie nicht... andernfalls, dachte Damon, wäre er der eine Mann gewesen, dem sie jene Frage niemals gestellt hätte. Sicher war das in aller Unschuld geschehen, sicher wusste sie es nicht.
Er wappnete sich gegen Leonies Unschuld, er zwang sich, sie anzusehen und mit ruhiger Stimme zu sagen: »Mit Freuden hätte ich es gewagt, Leonie, wenn ich geliebt hätte, wie Andrew liebt.«
Sosehr er sich mühte, fest und leidenschaftslos zu sprechen, teilte sich etwas von seinem inneren Kampf Leonie doch mit. Sie blickte auf, schnell und nur für eine Sekunde oder weniger. Ihre Augen trafen sich, und Leonie wandte ihre ab.
Ellemir, erinnerte Damon sich verzweifelt. Ellemir, meine Lieb ste, meine versprochene Frau. Aber seine Stimme war ruhig. »Versuche, Andrew ohne Vorurteil gegenüberzutreten, Leonie, und du wirst feststellen, er ist ein Mann, dem du Callista bereitwillig zur Ehe geben kannst.«
Leonie hatte ihre Selbstbeherrschung zurückgewonnen. »Ich will deinem Rat gern folgen, Damon. Aber auch wenn alles, was du sagst, wahr ist, widerstrebt es mir trotzdem.«
»Ich weiß.« Damon blickte die Straße entlang. Sie waren jetzt in Sichtweite der großen Eingangstore von Armida, dem Erbsitz der Domäne Alton. Zu Hause, dachte er, und Ellemir wartet auf mich. »Aber auch wenn alles, was du sagst, Leonie, wahr ist, wüsste ich nicht, was wir tun könnten, um Callista an der Heirat
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