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Darkover 12 - Der verbotene Turm

Titel: Darkover 12 - Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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winziger Narben erkennen, die nach verheilten Schnitten oder Brandwunden aussahen. Einmal hatte er sie danach gefragt. Sie hatte es mit einem Schulterzucken abgetan. »Sie sind alt und lange verheilt. Sie waren... Stützen für mein Gedächtnis.« Sie war nicht bereit gewesen, weiter darüber zu sprechen, aber er konnte erraten, was sie meinte, und von neuem schüttelte ihn das Entsetzen. Würde er diese Frau jemals richtig kennen lernen?
    »Ich dachte, du seiest die Bewahrerin von Arilinn, Callista«, bemerkte er nun.
    »Leonie war schon Bewahrerin, bevor ich geboren wurde. Ich wurde von Leonie ausgebildet, um eines Tages ihren Platz einzunehmen. Ich hatte bereits begonnen, als Bewahrerin zu arbeiten. Ihre Sache ist es, mich freizugeben, wenn sie will.« Wieder war da das schwache Erschauern, der schnell zurückgezogene Blick. Welche Macht hatte diese fürchterliche alte Frau über Callista?
    Andrew sah, dass Ellemir auf das Tor zurannte. Wie ähnlich war sie Callista – die gleiche hoch gewachsene Schlankheit, das gleiche kupferig-goldene Haar, die gleichen grauen Augen, dunklen Wimpern, geraden Brauen – und doch unterschied sich Ellemir so stark von ihrer Zwillingsschwester! Mit einer Traurigkeit, so tief, dass er sie nicht als Neid erkannte, beobachtete Andrew Ellemir, die zu Damon eilte. Er sah ihn aus dem Sattel gleiten und sie auffangen, sie umarmen und lange küssen. Würde Callista jemals so frei werden?
    Callista führte ihn zu Leonie, der einer ihrer Begleiter vorsichtig aus dem Sattel geholfen hatte. Callistas schlanke Finger lagen immer noch in seiner Hand als Geste des Trotzes, als absichtlicher Bruch des Tabus. Er wusste, sie wollte, dass Leonie es sah. Damon stellte der Bewahrerin gerade Ellemir vor.
    »Ihr erweist uns Gnade, meine Dame. Willkommen in Armida.«
    Leonie schob ihre Kapuze zurück, und Andrew sah sie forschend an. Da er sich auf eine grässliche, herrschsüchtige alte Schachtel gefasst gemacht hatte, war es ein Schock für ihn, nur eine zarte, dünne, alternde Frau zu erblicken, deren Augen unter den dunklen Wimpern immer noch liebreizend waren und deren Gesicht Spuren früherer bemerkenswerter Schönheit trug. Sie sah nicht streng oder einschüchternd aus. Freundlich lächelte sie Ellemir an.
    »Du siehst Callista sehr ähnlich, Kind. Deine Schwester hat mich gelehrt, dich zu lieben; ich freue mich, dich endlich kennen zu lernen.« Ihre Stimme war hell und klar und sehr weich. Dann wandte sie sich Callista zu und streckte ihr begrüßend die Hände entgegen.
    »Geht es dir wieder gut, Chiya?« Es war eine ziemliche Überraschung, dass irgendwer die hoch gewachsene Callista »kleines Mädchen« nannte. Callista ließ Andrews Hand los. Ihre Fingerspitzen streiften nur eben die Leonies.
    »O ja, ganz gut«, antwortete sie lachend, »aber ich schlafe immer noch wie ein Wickelkind mit einem Licht in meinem Zimmer, damit ich nicht in der Dunkelheit aufwache und glaube, wieder in den verfluchten Höhlen der Katzenwesen zu sein. Schämst du dich meiner, Verwandte?‹
    Andrew verbeugte sich förmlich. Er kannte die Sitten von Darkover gut genug, dass er die Leronis nicht direkt ansah, aber er fühlte Leonies graue Augen auf sich ruhen. Callista sagte mit ein wenig Herausforderung in der Stimme: »Das ist Andrew, mein versprochener Gatte.«
    »Still, Chiya, du hast noch nicht das Recht, so zu sprechen«, verwies Leonie sie. »Wir wollen später darüber reden. Jetzt muss ich erst meinen Gastgeber begrüßen.«
    So an ihre Pflichten als Gastgeberin erinnert, ließ Ellemir Damons Hand los und führte Leonie die Stufen hinauf. Andrew und Callista folgten. Doch als er nach Callistas Hand fasste, entzog sie sie ihm – nicht absichtlich, sondern mit langjähriger geistesabwesender Gewohnheit. Er merkte, sie wusste nicht einmal mehr, dass er da war.
    Die Große Halle von Armida war ein enormer Raum mit Steinfußboden, in der alten Art mit eingebauten Bänken entlang der Wände und ehrwürdigen Bannern und Waffen über dem großen steinernen Kamin eingerichtet. Am einen Ende der Halle war ein Tisch fest eingemauert. In seiner Nähe lag Dorn Esteban Lanart, Lord Alton, von Kissen gestützt auf einem fahrbaren Bett. Er war ein großer, schwerer Mann mit breiten Schultern und dichtem, lockigem rotem Haar, das reichlich mit Grau gesprenkelt war. Als die Gäste eintraten, befahl er gereizt: »Dezi, Junge, richte mich für meine Gäste hoch.« Ein junger Mann, der auf einer der Bänke saß, sprang auf,

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