Darkover 12 - Der verbotene Turm
dieser Art zu machen. »Ellemir? Sie ist die Letzte, die Allerletzte – deine eigene Schwester, Callista! Wie könnte ich dir so etwas antun?«
»Meinst du, es macht mich glücklich, dich so elend zu sehen, zu wissen, dass ein dummer Junge wie Dezi dich auf diese Weise verhöhnen kann? Und wie könnte ich auf meine eigene Schwester eifersüchtig sein?« Er machte eine Gebärde des Abscheus, und sie hob Schweigen gebietend die Hand. »Nein, Andrew, hör mich an. Das ist bei uns der Brauch. Wenn du einer von uns wärst, würdest du es für selbstverständlich halten, dass meine Schwester und ich... auf diese Weise miteinander teilen. Selbst wenn zwischen uns beiden... alles wäre, wie es sein sollte, und ich wäre krank oder schwanger oder... wollte dich aus irgendeinem Grund nicht... Das ist ein sehr alter Brauch. Hast du mich nicht die Ballade von Hastur und Cassilda singen gehört? Auch in dieser Ballade wird geschildert, wie Camilla den Platz ihrer Breda in den Armen des Gottes einnahm und dort starb, als er überfallen wurde. Deshalb überlebte die Gesegnete Cassilda den Verrat Alars und konnte das Kind des Gottes zur Welt bringen... «Ihre Stimme versagte.
Andrew stieß hervor: »Diese Geschichten mögen sich in alten Balladen und Märchen gut machen. Aber nicht im wirklichen Leben.«
»Auch dann nicht, wenn es mein Wunsch ist, Andrew? Ich würde mich weniger schuldig fühlen. Jetzt trägt doch jeder weitere Tag des Aufschubs zu deinen... deinen Leiden bei.«
»Überlass das ruhig mir! Es ist nicht nötig, dass du dich schuldig fühlst!«, erklärte Andrew, und Callista wandte sich müde und geschlagen ab. Sie stand auf und ließ ihr offenes Haar bis zu ihrer Taille niederfluten. Langsam teilte sie es zum Einflechten in Strähnen, und mit erstickter Stimme sagte sie: »Ich kann das nicht länger ertragen.«
Andrew antwortete liebevoll. »Du kannst diesen Zustand doch jeder Zeit beenden, Callista.« Er fasste eine Strähne ihres Haars, drückte sie an seine Lippen und nahm die seidige Glätte, den zarten Duft in sich auf. Die Berührung machte ihn schwindeln. Er hatte versprochen, sie nie zu drängen. Aber wie lange, wie lange noch... ?
»Mein Liebling, was kann ich zu dir sagen? Flößt dir der Gedanke immer noch so viel Angst ein?«
Callista antwortete kläglich: »Ich weiß, das sollte er nicht. Aber ich habe Angst. Ich glaube nicht, dass ich schon bereit bin... «
Ganz behutsam legte er seine Anne um sie. Fast flüsternd fragte er: »Woher willst du das wissen, Callista, wenn du es nicht versuchst? Willst du kommen und neben mir schlafen? Nicht mehr als das – ich schwöre dir, ich werde von dir nichts verlangen, was du mir nicht von selbst geben willst.«
Sie zögerte und zupfte an einer Locke. »Würde es... würde es die Sache für dich schlimmer machen, wenn ich zu dem Schluss kommen sollte, ich... ich könne nicht, ich sei noch nicht bereit?«
»Muss ich es beschwören, Liebes? Vertraust du mir nicht?«
Sie sagte mit herzzerreißendem Lächeln: »Nicht du bist es, dem ich nicht vertraue, mein Gatte.« Die Worte ließen ihm den Atem stocken.
»Dann... ?« Er hielt sie locker umfangen. Nach langer Zeit nickte sie fast unmerklich.
Vorsichtig hob er sie hoch und trug sie zu seinem Bett. Er legte sie auf die Kissen nieder. »Aber wenn du so empfindest, ist das nicht ein Beweis, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, mein Liebling?«
Sie schüttelte den Kopf und hauchte: »Oh, Andrew, wenn es doch so einfach wäre!« Ihre Augen flossen über von Tränen. Plötzlich legte sie die Arme um seinen Hals.
»Andrew, willst du etwas für mich tun? Etwas, das du wohl nicht gern tun wirst? Versprichst du es, Andrew?«
Von schmerzlicher Liebe erfüllt, antwortete er: »Ich kann mir nichts in dieser oder einer anderen Welt vorstellen, was ich nicht für dich tun würde, Callie. Mein Liebling, mein Schatz, alles, alles, was es leichter für dich macht.«
Zitternd blickte sie zu ihm auf. »Dann tu das: Schlag mich bewusstlos. Nimm mich mit Gewalt, solange ich mich nicht wehren kann... «
Andrew fuhr zurück und starrte sie in blankem Entsetzen an. Er konnte buchstäblich nicht sprechen, konnte seiner Bestürzung und seinem Abscheu keine Worte verleihen. Endlich stammelte er: »Du musst wahnsinnig sein, Callista! In Gottes Namen, wie könnte ich irgendeiner Frau so etwas antun? Und dir am wenigsten!«
Sie sah ihn verzweifelt an. »Du hast es versprochen.«
Jetzt wurde er zornig. »Was bist du nur,
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