Darkover 12 - Der verbotene Turm
befördern. Eine Frau hat dies Sicherheitsventil nicht, so dass die Bewahrerinnen, die mit ungeheuerlichen Frequenzen umgehen und alle anderen Telepathen koordinieren, ihre Nervenkanäle ganz für das Laran freihalten müssen. Andernfalls könnten ihre Nerven überlastet werden und ausbrennen. Wenn es dich interessiert, zeige ich dir einmal diese Kanäle. Du kannst aber auch Callista darum bitten.«
Andrew verfolgte das Thema nicht weiter. Bei dem Gedanken an die Art, wie Callista konditioniert worden war, wurde er immer noch so wütend, dass es besser war, überhaupt nicht daran zu denken.
Der Rückweg nach Armida war lang. Dreimal mussten sie ihren Ritt wegen schlechten Wetters unterbrechen und Zuflucht in den unterschiedlichsten Quartieren suchen. Zuweilen wurden sie in luxuriösen Räumen untergebracht, und dann wieder teilten sie mit den jüngeren Kindern der Familie einen Strohsack auf dem Fußboden. Als Andrew auf der anderen Seite des Tals die Lichter von Armida erblickte, wurde ihm mit seltsamer Schärfe bewusst, dass er in Wahrheit unterwegs nach Hause war. Von der Welt, auf der er geboren war, trennte ihn eine halbe Galaxis, und doch lag jetzt dort sein Zuhause, und Callista war dort. Er fragte sich, ob alle Männer »Zuhause« auf diese Art definierten, wenn sie eine Frau gefunden hatten, die ihrem Leben Sinn verlieh: als den Ort, wo das geliebte Wesen auf sie wartete. Zumindest Damon schien das Gefühl zu teilen. Er freute sich ebenso darauf, nach Armida zurückzukehren, wie dreißig Tage früher, es zu verlassen. Andrew kam das große, weit ausgedehnte Steinhaus jetzt so vertraut vor, als habe er immer dort gelebt.
Als sie im Hof angekommen waren, lief Ellemir die Treppe hinunter, und Damon fing sie in seinen Armen auf und drückte sie fest an sich. Sie sah fröhlich und gesund aus, ihre Wangen zeigten frische Farbe, und ihre Augen funkelten. Aber Andrew hatte keine Zeit für Ellemir übrig, denn Callista wartete auf ihn oben an der Treppe, immer noch still und ernst. Als sie ihm ihr kleines Halblächeln schenkte, bedeutete ihm das mehr als Ellemirs übersprudelnde Fröhlichkeit. Callista reichte ihm beide Hände und ließ es zu, dass er sie eine nach der anderen an seine Lippen zog und küsste. Dann, ihre Hände immer noch in seinen liegend, führte sie ihn ins Haus. Damon beugte sich zu Dom Esteban nieder und begrüßte ihn wie ein Sohn mit einem Kuss auf die Wange, Dezi umarmte er. Der zurückhaltendere Andrew verneigte sich vor dem alten Mann, und Callista setzte sich dicht neben ihn, während er Dom Esteban Bericht über ihre Reise erstattete.
Damon erkundigte sich nach den Männern mit den Erfrierungen. Die weniger schwer verletzten hatten sich erholt und wurden jetzt von ihren Familien betreut. Die schwer verletzten, die er mit der Matrix geheilt hatte, waren auf dem Weg der Besserung. Raimon hatte zwei Zehen seines rechten Fußes verloren, und bei Piedro war das Gefühl in den äußeren Fingern seiner linken Hand nicht wieder zurückgekehrt. Aber sie waren nicht, wie zu fürchten gewesen war, ganz verkrüppelt worden.
»Sie sind immer noch bei uns«, erzählte Ellemir, »weil Ferrika ihre Füße jeden Morgen und Abend mit Heilsalben behandeln muss. Wusstest du, dass Raimon ein ausgezeichneter Musiker ist? Beinahe jeden Abend spielt er uns in der Halle zum Tanz auf. Die Mägde und Diener und Callista und Dezi und ich tanzen auch, aber jetzt, wo du wieder hier bist... « Sie schmiegte sich an Damon.
Callista folgte Andrews Blick und sagte leise: »Du hast mir gefehlt, Andrew. Ich kann das nicht so zeigen, wie es Elli tut. Aber ich bin froher, als ich dir sagen kann, dass du wieder bei uns bist.«
Nach dem Essen in der Großen Halle fragte Dom Esteban: »Gibt es heute keine Musik?«
»Ich lasse Raimon holen, ja?« Ellemir ging, die Männer zusammenzurufen, und Andrew bat leise: »Willst du für mich singen, Callista?«
Callista bat ihren Vater mit einem Blick um Erlaubnis. Er winkte ihr gewährend zu, und sie nahm ihre kleine Harfe und griff ein paar Akkorde.
Wie kam dies Blut an deine Hand, Bruder, sage es mir...
Dezi gab einen unartikulierten Protestlaut von sich. Ellemir, die gerade zurückkam, sah sein beunruhigtes Gesicht und sagte: »Callista, sing etwas anderes!« Auf Andrews überraschten, fragenden Blick hin erklärte sie: »Es bringt Unglück, wenn eine Schwester das vor den Ohren eines Bruders singt. Die Ballade handelt von einem Mann, der alle seine Verwandten bis auf eine
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