Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
Prolog
Herm Aldaran schreckte jäh aus dem Schlaf, sein Herz schlug heftig, und sein Oberkörper war schweißgebadet.
Er rang keuchend nach Luft und strampelte mühsam die Bettdecke zur Seite; seine Schläfen pochten. Dann setzte er sich auf, blinzelte in das schwache Licht, das aus dem Gemeinschaftsraum der kleinen Wohnung kam, und schluckte schwer. Sein Mund war völlig ausgetrocknet, und er verspürte einen Geschmack wie nach Eisenspänen, und seine Füße fühlten sich fremd an, als gehörten sie nicht zu ihm. Sein Nachtgewand war um die breite Brust herum zwar völlig durchnässt, aber der Ärmel war teilweise noch trocken, sodass er sich das Gesicht damit abwischen konnte. Als Herm aufstand, begann sich das Zimmer um ihn zu drehen, und er hätte sich beinahe wieder hingesetzt.
Schließlich hörte er auf zu zittern, und sein Herzschlag verlangsamte sich zu einem normaleren Rhythmus. Er blickte auf Katherine, die seit mehr als zehn Jahren seine Frau war; seine Unruhe hatte sie noch nicht geweckt. Im Dämmerlicht sah Herm, wie sich ihr dunkles Haar über das Kissen ausbreitete, er konnte auch die Wölbung ihrer Stirn und die Linie ihres Mundes unter der kräftigen Nase erkennen. Zum wiederholten Male fragte er sich, wie eine so schöne Frau einen unscheinbaren Kerl wie ihn hatte heiraten können. Es war ihm ein Rätsel, aber gewiss lag es nicht an seinem Reichtum – er war nicht reich – oder an der zweifelhaften Ehre, dass er der Senator von Cottman IV war, wie die Terranische Föderation seinen Heimatplaneten Darkover bezeichnete. Er musterte seine Gattin, ließ die Gedanken ein wenig schweifen und spürte, wie eine relative Ruhe über ihn kam.
Herm wusste, er würde so bald nicht wieder einschlafen können, deshalb stand er auf und schlich so leise und vorsichtig wie möglich aus dem Schlafzimmer, um Katherine nicht zu stören. Er spähte hinter die dünne Trennwand zwischen ihrem Schlafbereich und dem ihrer beiden Kinder und stellte fest, dass sie ebenfalls noch schliefen. Dann tappte er über die schäbigen Fliesen in die kleine Nahrungszubereitungszone und öffnete den Kühlschrank. Die Saftkaraffe war kalt, als er sie berührte, und er hatte das Verlangen, sie sich direkt an den Mund zu setzen. Erst als er sie in der Hand hielt, bemerkte er, dass er noch immer leicht zitterte. Er zwang sich, ein Glas zu suchen, und goss etwas von der gelben Flüssigkeit hinein.
Dann trank er das Glas auf einen Zug halb leer und spülte mit dem säuerlichen Aroma des Saftes den hässlichen Geschmack von seiner Zunge. Die kalte Flüssigkeit traf seinen Magen wie ein Faustschlag, und für einen Augenblick hatte er das Gefühl, Säure geschluckt zu haben. Dann war diese fürchterliche Empfindung vorbei, auch wenn sein Magen noch eine kleine Weile protestierte. Er wusste, es war nur Einbildung, aber er vermeinte zu spüren, wie der Zucker im Saft in seinen Blutkreislaufeindrang. Während er tief ein- und ausatmete, zitterte er am ganzen Leib, abgekühlt nun, nachdem er kurz zuvor noch vor Hitze geglüht hatte.
Herm sank auf einen der Hocker an der langen Theke, die als Essplatz diente, stellte das Glas ab, bevor er es fallen ließ, und zwang sich, den Kopf frei zu bekommen. Ein Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimmte, zerrte an seinen Nerven wie die dissonanten Töne einer klassischen Industriesymphonie. Dieser Musikstil hatte während seiner ersten Jahre in der gesetzgebenden Abgeordnetenkammer der Föderation eine Wiederbelebung erfahren, und man hatte ihn in einige Konzerte geschleift. Sehr zu seinem Verdruss war ihm die Musik im Gedächtnis geblieben, denn er hielt sie eigentlich gar nicht für Musik, sondern eher für Lärm, und einen ausgesprochen unangenehmen dazu. Er hasste sie, so wie er den Hocker hasste, den kleinen Ra um, in dem er saß, und die Beengtheit des Quartiers, das man ihm als dem Senator Darkovers bei der Föderation zugewiesen hatte.
Als Lew Alton noch Senator gewesen war, hatte er über ein etwas größeres Quartier verfügt und außerdem über ein Haus auf Thetis. Aber diese Zeiten waren vorbei, und so gut wie kein Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft besaß einen Wohnsitz auf anderen Planeten, es sei denn, es hatte ihn geerbt. Das Finanzministerium hatte vor einigen Jahren strikte Reisebeschränkungen erlassen, welche die Bewegungsfreiheit der Gesandten einengten. Sie durften alle fünf terranischen Jahre zu Wahlen auf ihre Heimatwelten reisen, Herm war jedoch nie nach Darkover
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