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Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters

Titel: Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sondern nur die sichere Erkenntnis, dass Regis Hastur im Sterben lag und dass Mikhail nichts tun konnte, um es zu verhindern. Er haderte mit der Grausamkeit des Schicksals, gern hätte er um den geliebten Mentor geweint, der nie mehr zu ihm sprechen würde, aber er war einfach zu müde. Die Brust des Mannes unter der Bettdecke hob und senkte sich noch, aber er atmete nur sehr flach, und Mikhail spürte, dass Regis’ Ende bevorstand. Er hätte viel dafür gegeben, wenn sein Onkel die Augen geöffnet und das vertraute Funkeln unter den Lidern hervorgeleuchtet hätte. Er wünschte, Regis würde sich aufsetzen und nach einer Chervinekeule und einem Fass Wein verlangen. Wenn Mikhail dieses Wunder zu Stande gebracht hätte, Lady Linnea hätte das Fleisch zweifellos mit ihren eigenen kleinen Händen aufgetragen.
    Diese törichte Vision verschaffte Mikhail einen Moment der Erleichterung, bevor ihm der Kummer erneut den Hals zuschnürte. Die Luft im Raum, die schwer nach glimmenden Kräutern und Kerzenwachs roch, ließ ihn plötzlich beinahe würgen. Er schluckte krampfhaft und fuhr sich mit den Fingern der linken Hand durch das lockige Haar. Dann starrte er düster auf seine Rechte, auf den Ring, und ballte sie zur Faust.
    Es war zum Verrücktwerden. Er hatte die letzten fünfzehn Jahre größtenteils damit verbracht, die Kunst des Heilens zu erlernen, möglichst viel über die Matrix herauszufinden, die er von Varzil dem Guten bekommen hatte, und dabei große Fertigkeiten entwickelt. Aber was war das alles wert, wenn es nicht ausreichte, seinen Onkel zu retten?
    Hatte er wirklich alles versucht? Mikhail zermarterte sich noch einmal das Gehirn, die Vergeblichkeit dieses Tuns vermischte sich mit seiner Müdigkeit. Ja, er hatte alles versucht, genau wie Marguerida, die ihre eigenen Talente in der Heilkunst besaß. Sie hatte außerdem sämtliche fähigen Heiler Thendaras hinzugezogen und zwei aus Arilinn. Der Körper war noch am Leben, aber Regis war kaum mehr in ihm.
    Mikhail wollte es nicht hinnehmen, er tobte innerlich wie ein Kind mit seinen dreiundvierzig Jahren. Er hatte Regis sein ganzes Leben lang gekannt und stellte plötzlich fest, dass er sich Darkover nicht ohne ihn vorstellen konnte. Seit Jahrzehnten bereitete er sich darauf vor, seinem Onkel nachzufolgen, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es so unerwartet, so früh geschehen würde. Die alten Zweifel nagten wieder an ihm, Ängste, die er längst überwunden glaubte. Er war noch nicht bereit, Darkover zu führen!
    Das Rascheln von Stoff hinter ihm ließ ihn den Kopf wenden. Marguerida betrat die Kammer, sie trug ein Tablett mit mehreren Bechern darauf. Trotz allem, was sie im Lauf der Jahre gelernt hatte, tat sie hin und wieder die Arbeit einer Dienerin. Unter ihren goldenen Augen waren dunkle Ringe und neben dem sonst meist lächelnden Mund hatten sich tiefe Falten eingegraben. Ihr schönes rotes Haar klebte schlaff am Schädel, von den Locken war kaum mehr etwas zu sehen, wortlos reichte sie Mikhail einen Becher, und er roch den erfrischenden Duft von Bergminze und das unverkennbare Aroma des Honigs aus Hali. Ihre Blicke begegneten sich kurz, in Margueridas lag eine Frage, auf die Mikhail antwortete. Keine Veränderung.
    Lady Linnea sah von dem Körper des Mannes auf, der mehr als drei Jahrzehnte ihr geliebter Gefährte gewesen war. Sie ließ die Schultern sinken und rieb sich die Augen, als würden sie brennen. Ihre Augen hatten die Farbe von Glockenblumen, ein helles Grau, und sie waren so jugendlich wie zu Mikhails Knabenzeit. Aber es lag keine Hoffnung darin, nur ein tiefer Kummer, der ihm das Herz zerriss.
    Marguerida ging mit dem Tablett zu ihr hinüber, und Linnea nahm sich schweigend einen Becher Tee. Dann ging Sie zu Danilo Syrtis-Ardais, der am geschnitzten Kopfende des Bettes im Halbdunkel stand, und bot ihm ebenfalls einen an. Mikhail beobachtete, wie die sechsfingrige Hand des Friedensmannes seines Onkels in den Henkel des Bechers glitt, und er bemerkte die Erschöpfung und Verzweiflung in dem vertrauten Gesicht.
    Marguerida stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch und kam an seine Seite. »Dani ist gerade eingetroffen«, flüsterte sie. »Er wird jeden Moment hier sein.«
    »Gut. Ich glaube, Regis wartet auf ihn. Du siehst furchtbar aus, Caria .« »Wahrscheinlich – aber hast du in letzter Zeit einmal in den Spiegel geschaut? Ich habe Vater endlich dazu gebracht, dass er sich eine Weile hinlegt. Ach ja – Herm Aldaran ist in Thendara

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