Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
gibt nun sogar einige Darwinisten, die so weit gehen, in der Evolution eine Strategie zu sehen, deren entscheidende Bedeutung in der langfristigen Beseitigung von Irrtümern liegt.
Evolution ist nicht perfekt, sondern damit beschäftigt, Fehler zu beseitigen bzw. mit Schwächen zu überleben.
Gerade wir Menschen mit unserem Selbstverständnis als Krone der Evolution können bei ehrlicher Eigenkritik ein Lied davon singen. Provokantere und zur Selbstironie neigende Darwinisten versehen Homo sapiens sogar mit dem wenig schmeichelhaften Attribut „Krone der Irrtümer“. Die mit dem aufrechten Gang in Zusammenhang stehenden orthopädischen Probleme wie Bandscheibenvorfälle, Kniegelenksbeschwerden und ein durch das sehr eng gestellte Becken ziemlich komplikationsträchtiger Geburtsprozess seien nur beispielhaft genannt. Auch unser Stoffwechsel arbeitet längst nicht perfekt. Hohe Energieverluste in Form ungenutzter Wärme treten bei der Muskelarbeit sowie bei der Verarbeitung unserer Nahrung auf. Die Verdauung selbst, der Ab- und Umbau der Nährstoffe, verbraucht gleich wieder einiges der aufgenommenen Energie und erfordert zusätzlichen Sauerstoff. Die Fachleute nennen das die
spezifisch dynamische Wirkung
. Auch unser vermeintlich so brillant konstruiertes Auge arbeitet bei Weitem nicht so virtuos, wie es der vielschichtige Aufbau vermuten lässt. Da sich die Netzhaut (Retina) während der Embryonalentwicklung als Ausstülpung des zentralen Nervensystems herausbildet, muss das in unser Auge fallende Licht erst die blutgefüllten Versorgungsgefäße durchwandern, bevor es auf die lichtempfindlichen Zellen der Retina – die Zapfen und Stäbchen – trifft. Am blinden Fleck verfügt unser Auge über gar keine Rezeptoren, weil hier der Sehnerv verläuft. An dieser Stelle sehen wir nichts. Die ganze Konstruktion ist recht anfällig, wie die zahlreichen Fehlsichtigkeiten bis hin zur Blindheit verursachenden Netzhautablösung zeigen. Auch unsere sogenannten Zivilisationsleiden, die Herz-Kreislauf-Krankheiten als Todesursache Nr. 1, sind ein höchst störungsanfälliges System, für das die Evolution uns keine stabilere Version zur Verfügung gestellt hat. In dieser Hinsicht können wir nur neidvoll auf die Molche schauen. Kaum jemand käme wohl auf die Idee, sich entwicklungstechnisch auf das Niveau einer Amphibie „herabzulassen“. Aber in puncto Lebensgefahr durch Herzerkrankungen ist es der Molch, der mitleidig auf uns herabblickt. Molche besitzen nämlich die Fähigkeit zur Selbstheilung von Herzerkrankungen. Der Herzinfarkt ist in Molchkreisen unbekannt. Verantwortlich für die kardiale Regenerationsfähigkeit ist eine Reihe von Genen, die in den Herzzellen der Molche zeitlebens aktiv bleiben. Zwar hat man analoge Gene auch im menschlichen Genom identifizieren können, doch werden sie hier bereits kurz nach der Geburt abgestellt. Warum dies so ist, wissen wir nicht. Ob sich hier einmal therapeutische Möglichkeiten ergeben, wenn uns die epigenetische Forschung tiefere Einblicke in die komplizierten Genregulationsmechanismen gewährt, ist ungewiss. In jedem Fall aber hat uns der Molch in Sachen Perfektionismus mindestens in einem Punkt einiges voraus, was einmal mehr der Diskussion um die Bedeutung des Begriffs der „Höherentwicklung“ neue Nahrung gibt.
Damit aber nicht genug der Unvollkommenheit. Sie begegnet uns wirklich kreuz und quer durch alle Formen lebendiger Existenz. Albatrosse scheinen auf den ersten Blick perfekt an das Leben in der Luft angepasst. Die eleganten „Hochseesegler“ gehören mit ihren 21 Arten zu den besten Fliegern in der Vogelwelt. Geschickt sind sie in der Lage, die von den Wellen erzeugten Aufwinde für ihren Auftrieb zu nutzen. So können sie stundenlang mit sehr niedrigem Energieverbrauch segeln – eine höchst ökonomische Fortbewegungsweise. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen sie deshalb fliegend über den Meeren und solange sie in der Luft sind, scheint wirklich alles optimal. Doch die Perfektion findet ein jähes Ende, wenn die Albatrosse zum Brüten auf den Boden müssen. Denn die Landemanöver sind alles andere als ausgereift. Hier zeigen sich die souveränen Flieger als wahre Bruchpiloten, die sich beim Bodenkontakt häufig ihre Flügel und/oder Beine brechen. Da sie dann nicht mehr starten können, ist das ein ziemlich sicheres Todesurteil für die sonst so filigranen Segler. Aber auch, wenn sie die Landung halbwegs schadlos überstehen, das erneute Abheben ist
Weitere Kostenlose Bücher