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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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in einer Verringerung der sogenannten Aktivierungsenergie. Darunter versteht man eine Art Energiebarriere, die überwunden werden muss, damit eine chemische Reaktion in Gang kommt. Enzyme in Zellen erreichen dies, indem sie ihre Substrate spezifisch binden und die Reaktionspartner quasi in eine günstige räumliche Stellung zueinander bringen. Diese Darstellung ist natürlich stark vereinfacht, reicht aber in diesem Rahmen völlig aus. Der entscheidende Punkt ist: Katalysatoren, also auch die Enzyme in lebenden Zellen, sind Reaktions-Beschleuniger und keine „Ermöglicher“. Das bedeutet: Alle enzymatisch katalysierten Reaktionen laufen prinzipiell auch ohne die beschleunigende Intervention ab – nur eben sehr viel langsamer und oftmals auch weniger genau. Welche Konsequenz ergibt sich daraus für die Evolution? In verschiedenen Experimenten (beginnend mit dem legendären Miller-Experiment 1952), in denen die atmosphärischen Verhältnisse auf der urzeitlichen Erde simuliert wurden, konnte gezeigt werden, dass es unter den Bedingungen einer reduzierenden Uratmosphäre und der Einwirkung elektrischer Entladungen, wie sie etwa bei heftigen Gewittern generiert wurden, zu Spontansynthesen organischer Moleküle kommt. Darunter befinden sich auch Aminosäuren und kurze Nukleinsäuremoleküle. Die Bausteine von Proteinen und Genen (RNA/DNA) dürften demnach bereits in der Ursuppe „umhergeschwommen“ und sich begegnet sein. Dass es unter den Proteinvorläufern noch keine spezialisiert arbeitenden Enzyme wie Helikasen, Transkriptasen und Replikasen gab, die spezifisch mit den Nukleinsäuren interagierten, um gezielt mögliche Informationen herauszulesen, steht sicher außer Frage. Aber viele biochemische Befunde sprechen dafür, dass es schon früh sehr unspezifische Wechselwirkungen gegeben hat, die zunächst in noch höchst ungenauen Vervielfältigungsmechanismen gipfelten. Die Fehlerraten waren im Vergleich zu heutigen Werten natürlich extrem hoch und die Geschwindigkeiten der nicht spezifisch katalysierten Reaktionen sehr niedrig. Aber der Faktor Zeit war in der Evolution ja nie ein Problem, und das Wirken der Selektion fand sich hier in reinster Form. Je genauer das Pausen einer Nukleinsäuresequenz erfolgte, desto stärker wuchs der Gehalt ebendieser Sequenz in der Ursuppe an. Dabei korrelierte die Genauigkeit mit der Qualität der räumlichen Wechselwirkung zwischen Nukleinsäuremolekül und dem „Enzym-Ururahnen“. Gut harmonierende Partner erhielten ihrerseits einen Selektionsvorteil. Dass daraus im Laufe der ersten Milliarden Jahre Erdgeschichte bis zum Debüt der ersten Zelle ein funktionsfähiges Kopier- und damit Informationserhaltungssystem entstand, ist keine Utopie, zumal die Reaktionsgeschwindigkeiten und Kopiergenauigkeiten mit der Verbesserung der Nukleinsäure-Protein-Interaktionen immer weiter anstiegen. Kurzum: Die Behauptung der Kritiker, das heute von DNA und Enzymen getragene System der Umsetzung und des Erhaltes von (genetischer) Information hätte niemals nach den Regeln einer Darwin’schen Evolution entstehen können, ist ebenso unhaltbar wie die Degradierung der Gene zu „toten Mitläufern“, deren Bedeutung für die Entwicklung der Formenvielfalt maßlos überschätzt würde. Auch wenn wir ehrlich bekennen müssen, dass wir bislang nur ein Minimum über Tragweite und Funktionsweise der Gene erforscht haben, an der universellen Bedeutung als Träger der genetischen Information besteht nun wirklich kein Zweifel mehr. Was die rein strukturelle Erforschung betrifft, sind wir zwar recht weit: Wir haben die chemischen Bausteine identifiziert, haben ergründet welche Bindungskräfte sie zusammenhalten und Sequenzierungsmethoden entwickelt, um die Bausteinabfolge in Genen zu bestimmen. Und wir haben auch eine gut begründete Vorstellung, wie die in der DNA gespeicherte Information umgesetzt wird. Aber spätestens an dieser Stelle tun sich dann doch große Wissenslücken auf. Allzu komplex stellen sich die Prozesse dar, die hier ineinandergreifen. Wie bereits diskutiert, betrifft die zentrale, auch für den Ablauf der Evolution überaus bedeutsame Frage die Regulation von Genaktivitäten. Mit der Epigenetik wurde hier ein noch junger Wissenschaftszweig ins Leben gerufen, der bereits Bemerkenswertes geleistet hat und in nächster Zeit einiges an Wissenszuwachs erwarten lässt.
Hohe Erwartungen an die Epigenetik
    Die große Relevanz epigenetischer Forschung ist leicht nachzuvollziehen. So

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