Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
K APITEL 1
Früher, als es der Brandstifter beabsichtigt haben mochte, durchzog ein blutroter Dunstschleier den nächtlichen Himmel und warnte vor den darunterliegenden Flammen. Die glühende Asche sandte golden funkelnde Punkte in die rötlich gefärbten Wolken, sodass es aussah wie ein kleines Feuerwerk. Vom Sirenengeheul der Einsatzwagen geweckt, hingen im Umkreis von einer Meile Leute an den Fenstern der oberen Stockwerke. »Das muss Key House sein.«
»Merk dir meine Worte«, sagte Roger Trenton zu seiner Frau. »Das setzt dem Treiben der Hausbesetzer ein Ende. Habe ich es nicht wieder und immer wieder gesagt? So, wie das Haus dastand, war es ein Pulverfass. Leer stehend und nicht ausreichend gesichert – als hätte es nur darauf gewartet, dass so etwas passiert. Die Gemeinde hat Schuld.«
»Es ist nicht der Fehler der Gemeinde«, murmelte seine Frau, während sie ins Bett zurückkroch. »Sie sind schließlich nicht hinaufgegangen und haben ein Streichholz drangehalten.«
Ihr Ehemann wandte ihr das Gesicht zu. »Was sie getan haben, ist genauso schlimm!« Sein schütterer Haarkranz um die ausgeprägte Glatze herum hob sich von dem rötlichen Lichtschein des Feuers ab wie ein Halo. »Eine hohe Stirn, das ist es, was ich habe«, pflegte er zu sagen. »Ich habe immer noch jede Menge Haare, aber ich habe die hohe Stirn meines Vaters geerbt.«
Der war genauso kahl , dachte Poppy Trenton und vergrub den Kopf in den Kissen. Hohe Stirn, dass ich nicht lache! Soweit ich mich erinnere, war sein Vater schon kahl, als er mich das erste Mal mit nach Hause nahm und seiner Familie vorstellte. Ich hätte mir meinen zukünftigen Schwiegervater besser genauer angesehen. Wenn ich geahnt hätte, dass Roger genauso wird wie dieser alte Kerl, hätte ich die Verlobung vielleicht auf der Stelle gelöst. Sieh ihn nur an! Er trägt sogar die gleichen Schlafanzüge wie sein Vater, gestreifter Flanell mit einem Tunnelzug in der Taille, und Kordpantoffeln dazu .
»He, he, he!«, rief Roger. Er hob eine Hand und wedelte triumphierend mit einem Finger in Richtung des fernen Feuers. »Ich hab’s dir gesagt!«
Die Frau spähte über die Bettdecke in Richtung des Fensters, wo ihr Ehemann unverändert die Stellung hielt. Es war ein Wunder, dass er nicht vor Schadenfreude hüpfte. »Auch wenn Hausbesetzer für das Feuer verantwortlich sind, so hoffe ich, dass keiner dort in den Flammen eingeschlossen ist«, sagte sie.
»Es gibt genügend Fenster, durch die sie rauskönnen, falls nötig«, entgegnete Roger. »Sie nehmen den Weg, auf dem sie auch reingekommen sind. Keines der Fenster ist vernagelt. Das Türschloss könnte jedes Kind knacken. Du weißt, dass ich immer wieder die Gemeinde wegen Key House angeschrieben habe. Du kannst die Briefe gerne lesen. Sie befinden sich alle im Ordner mit dem Schriftwechsel, den ich mit der Gemeinde geführt habe. Es hat die Landschaft verschandelt, das ist es. Es ist überflüssig, absolut überflüssig. Ein schönes altes Haus, das man dem Verfall preisgegeben hat. Ich habe diesem jungen Mann bei der Gemeinde gesagt, er soll sich mit dem Eigentümer in Verbindung setzen, damit er etwas dagegen unternimmt.«
»Gervase Crown …«, murmelte seine Frau. »Er ist nach Portugal ausgewandert.«
»Das weiß ich selbst!«, fuhr Roger ihr ins Wort. »Ein richtiger Playboy. Es war wohl zu viel verlangt, von ihm zu erwarten, dass er etwas tut.«
»Er hatte einen recht attraktiven Vater«, murmelte Poppy unbedacht.
Roger fühlte sich veranlasst, sich von seinem Beobachtungsposten umzudrehen. »›Attraktiven Vater‹?«
»Gervase’ Vater, Sebastian Crown.«
»Stimmt doch gar nicht. Ich bin mit ihm zur Schule gegangen. An Sebastian war überhaupt nichts attraktiv. Du redest Blödsinn, Poppy. Er war ein guter Kerl, sehr solide, wenngleich er auch kein Glück hatte, weder mit seiner Ehe noch mit diesem nutzlosen Taugenichts von einem Jungen. Gut, dass der junge Crown von hier abgehauen ist.«
»Es ist eigenartig, aber vor ein paar Tagen habe –«, setzte Poppy an, doch Roger hatte sich bereits wieder zum Fenster umgedreht. Sie ließ den Satz unbeendet. In Rogers Augen war es wahrscheinlich ohnehin Unfug. Sie hatte es im ersten Moment wirklich geglaubt. Und jetzt dieses Feuer … Es war beunruhigend . Vielleicht sollte ich Serena anrufen , dachte sie.
»Aha!«, frohlockte Roger von seinem Fensterplatz. Mit seinem feuerrot schimmernden Haarkranz sah er aus wie ein verrückter übergroßer Gockel. »Weißt
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