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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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befolgen konnte oder die imstande war, romantische, visionäre Unternehmungen zu unterstützen. Noch heute unterstützen die Briten ein Kanaltunnelprojekt oder ein Mars-Landemodul Beagle- 2 , weil derlei Dinge romantisch und vielleicht auch heroisch sind, obwohl sie kaum viel Gewinn einbringen werden. Die Geschichte zeigt seit längerem sehr deutlich, dass der erste Versuch, einen bedeutenden Tunnel zu bauen, für gewöhnlich finanziell scheitert, der Tunnel später aber doch gebaut wird – oft nach einer langen Folge von Versuchen, ein misslingendes Unternehmen zu stützen. Dann werden die Ruinen für ein Butterbrot gekauft, mitunter verstaatlicht oder von der Regierung oder einer anderen bedeutenden Geldquelle erheblich subventioniert, und das sich daraus ergebende Geschäft kann auf den Schultern des ersten stehen. Nur eine ziemlich gewaltsam zurechtgebogene Ökonomie hat es den Unternehmen, die ursprünglich beim Kanaltunnel engagiert waren, bisher erlaubt, im Geschäft zu bleiben, zumindest auf der britischen Seite des Kanals, wo alles privat finanziert wurde.
    Manche Projekte sind derart romantisch, von der Idee her derart anziehend und dabei derart schwer auszuführen, dass es drei oder vier Versuche braucht, damit sie in Fahrt kommen. Es sind rekursive Strukturen von komplizierter Art, die sie in Gang halten.* [* In ihrem Buch Autopoiesis und Erkenntnis (1980) haben Humberto Maturana und Francisco Varela diese Art Rekursion mit einer Lebenskraft verwechselt und sie ›Autopoiesis‹ genannt. Viele selbstsichere Management-Experten zitieren heutzutage dieses Konzept, ohne auch nur den geringsten Schimmer zu haben, worum es dabei geht.] Telfords Brücken sind berühmt wie so viele andere seiner Bauwerke; seine Fähigkeit, aus seinen Erfolgen Kapital zu schlagen, war Folge und Ursache seines Ruhms, den er durch das erreichte, was man heute ›Vernetzung‹ zwischen Aristokraten, Regierungsministern und Konservenfabrikanten nennen würde. Er war, wie es hieß, berühmt dafür, berühmt zu sein. In Amerika wurden derlei Unternehmen eher am erwarteten finanziellen Ertrag gemessen, dem, was ›unterm Strich‹ herauskam. Also verdienten John D. Rockefeller, Andrew Carnegie und ihresgleichen Unterstützung, weil man sicher sein konnte, dass sich der Einsatz vervielfachen würde, und nicht deshalb, weil das Unternehmen ›für Königin und Land‹ verheißungsvoll war. Die USA des frühen 20. Jahrhunderts hatten den riesigen, monolithischen Ford – während es in England eine Vielzahl kleiner Ingenieursunternehmen wie etwa die Morris Garages (MG) gab.
    Den anderen Grund, warum Gesellschaften wie das viktorianische England sich am eigenen Zopf hochziehen und abheben können, haben wir schon früher erörtert. Sie erheben sich aus den alten Beschränkungen heraus und in ein neues Ensemble von Regeln hinein. In Die Gelehrten der Scheibenwelt und Die Philosophen der Rundwelt haben wir erklärt, warum die Weltraum-Bolas, eine Art gigantisches Riesenrad in der Erdumlaufbahn, Menschen weitaus billiger als Raketen in den Raum befördern können – warum sie sogar weniger Energie benötigen, als man nach den Newtonschen Bewegungs- und Gravitationsgesetzen errechnen würde. Wir sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben den Weltraumlift heraufbeschworen, ein sehr starkes Kabel, welches von einem geostationären Satelliten herabhängt und sogar noch weniger Energie erfordern würde. Der Trick dabei ist, dass Passagiere und Güter beim Herabfahren dazu beitragen können, dass andere Passagiere und Güter hinaufkommen. Die Energiebilanz wird allen üblichen mathematischen Regeln gerecht, aber der Kontext liefert eine unerwartete Energiequelle.
    Diese Vorrichtungen funktionieren besser als Raketen, aber nicht etwa deshalb, weil sie Relativität oder andere schlaue neue Physik wie die Quanten verwenden. Oder weil sie nicht den Newtonschen Gesetzen gehorchen – denn das tun sie in so großem Maße, dass die noch eine Rolle spielen. Vielmehr sind in den Bolas und im Lift neue Erfindungen verkörpert, sodass ein Raumreisender, der in der dünnen oberen Atmosphäre aus einem Düsenflugzeug in eine Bola-Kabine umsteigt, die Kabine wenig später in 650 Kilometern Höhe verlassen kann. Und zwar in der richtigen Geschwindigkeit, um die vorbeikommende Kabine einer 650-Kilometer-Bola zu erreichen, die ihn Tage später in der richtigen Umlaufbahn zum Umsteigen in die 24 000-Kilometer-Bola absetzt, die ihn ihrerseits nach ein paar

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