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Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
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waren unverkennbar darwinisch; es war das übliche von-hinten-nach-vorne Schema, Wirbelsäule U-förmig mit einer tiefen Chordalkerbe. Der Schädel selbst war lang, ein bisschen wie bei Rindern, der Überbau hoch und geräumig: ein kluger Fleischfresser. »Halten sie das für authentisch?«
    »Das sind echte Knochen, das ist kein Pappmaché, und sie gehören keinem Säugetier. Der Hausherr hat sie angeblich einem Siedler abgekauft, der sie weiter oben an der Lea [22] in einem Sumpfloch gefunden hat – auf der Suche nach Brennmaterial, das billiger als Kohle ist.«
    »Dann sind sie relativ jung.«
    »Relativ, ein lebendiges Exemplar wurde allerdings noch nicht gesichtet – auch nichts entfernt Ähnliches. Große Raubtiere sind selten auf dem Kontinent. Donnovan berichtet von einem leopardengroßen Fleischfresser im Zentralmassiv, Größeres scheint nicht vorzukommen. Was stellt dieser Bursche also dar, Mr. Law? Das ist die eigentliche Frage. Ein großer, vor kurzem ausgestorbener Jäger?«
    »Hoffentlich. Er sieht gewaltig aus.«
    »Gewaltig und, wenn es nach dem Schädel geht, intelligent. Soweit man bei Tieren von Intelligenz sprechen kann. Sollten von seiner Art noch welche leben, wären wir auf die Pistolen angewiesen, auf die Finch so großen Wert legt. Und wenn nicht…«
    »Wenn nicht?«
    »Na ja, was sagt uns eine ausgestorbene Art, wenn der Kontinent erst acht Jahre alt ist?«
    Guilford blieb vorsichtig. »Sie gehen also davon aus, dass der Kontinent eine Geschichte hat.«
    »Ich gehe nicht davon aus, ich komme zu dem Ergebnis. Oh, die Streitfrage ist nicht neu – ich wollte einfach nur wissen, wo Sie stehen.«
    »Das Problem ist, wir haben zwei Vergangenheiten. Einen Kontinent, zwei Vergangenheiten. Wie soll man das in Einklang bringen?«
    Sullivan lächelte. »Gute Frage. Müssen Sie jetzt raten, Mr. Law? Welche Vergangenheit ist die richtige? Elisabeth die Erste oder unser knochiger Freund?«
    »Natürlich habe ich darüber nachgedacht, aber…«
    »Nicht ausweichen. Sie oder er?«
    »Beide«, sagte Guilford kategorisch. »Irgendwie… beide.«
    »Ist das nicht unmöglich?«
    »Anscheinend nicht.«
    Aus Sullivans Lächeln wurde ein Grinsen. »Glückwunsch.«
    Also war Guilford getestet worden, obwohl die Motive des Älteren im Dunkel blieben. Das ging in Ordnung: Guilford mochte den Botaniker, es gefiel ihm, dass der ihn wie seinesgleichen behandelte. Und noch mehr gefiel ihm der Augenblick, als er aus der Baracke des Präparators ins Freie trat. Nicht dass Londons Hafenviertel sehr viel besser gerochen hätte.
     

     
    In dieser Nacht schlief er zum letzten Mal bei Caroline.
    Das letzte Mal bis Herbst, dachte Guilford, aber dieser Gedanke spendete wenig Trost. Caroline blieb abweisend diese Nacht.
    Sie war die einzige Frau, mit der er jemals geschlafen hatte. Sie waren sich in den Büros von Atticus und Pierce begegnet, als er dabei war, die Platten für Rocky Mountain Fossil Shales zu retuschieren. Guilford hatte sich spontan in das reservierte und stirnkrause Pierce-Mädchen verliebt. Ihr Onkel hatte sie kurz einander vorgestellt und Guilford war in den folgenden Wochen darauf erpicht gewesen, sie abzupassen: Jeden Mittwoch, verriet ihm eine Sekretärin, würde Miss Caroline gegen zwölf Uhr mit ihrem Onkel zum Lunch gehen. Guilford hatte sie nach einem solchen Lunch abgefangen und ihr angeboten, sie bis zur Straßenbahn zu bringen. Sie hatte eingewilligt, unter ihrer Haarkrone aber wie eine argwöhnische Prinzessin dreingeschaut.
    Wie eine verletzte Prinzessin. Caroline hatte den Verlust ihrer Eltern nicht verwunden, doch mit diesem Leid stand sie weiß Gott nicht allein da. Guilford stellte fest, dass er sie zu einem Lächeln provozieren konnte, manchmal zumindest. Damals hatte ihre Schweigsamkeit eher Verbundenheit als Distanzierung bedeutet; sie pflegten eine subtilere Kommunikation. In dieser lautlosen und unsichtbaren Sprache hatte sie gesagt: Ich bin verletzt, aber zu stolz, um es zuzugeben – hilfst du mir? Und er hatte erwidert: Ich biete dir Geborgenheit. Ein Zuhause.
    Jetzt lag er wach, die nächtliche Stille wurde hin und wieder durch die Geräusche eines Fuhrwerks gestört und zwischen ihm und der Frau, die er liebte, hatte das Bett eine tiefe Kuhle. Konnte man ein unausgesprochenes Versprechen brechen? In Wahrheit hatte er Caroline gar keine Geborgenheit gegeben. Er war zu weit und zu oft gereist: gen Westen und nun hierher. Er hatte eine süße Tochter gezeugt, um sie und ihre Mutter

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