Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
Buch!«, wiederholte Haderlein, diesmal energischer.
Bischof Griebel schrak auf wie aus einem tiefen Schlaf. »Was?«, murmelte er geistesabwesend. Doch dann griff er in seine Jacke und holte ein kleines, hellbraunes Buch hervor, dessen offene Seite mit einem Messingknopf zusammengehalten wurde. Zitternd legte er es in die Hand von Kommissar Haderlein.
Clemens Martins Vermächtnis hatte zu guter Letzt doch noch seine ihm zugedachte Bestimmung erfahren.
Lebens-Abschnitt
Die Schuldigen waren verhaftet und abgeführt worden, der Ministerpräsident hatte sich bei der Bamberger Polizei ausführlich bedankt und sich, mit seinem Gefolge diskutierend, ins Bett verabschiedet, während die Streifenwagen gerade geräuschvoll den Banzberg verließen.
Fidibus hatte sich angeboten, die Verhafteten bis Bamberg weiterzuversorgen, und hatte zu diesem Zweck Staatsanwalt Edelmann »dienstverpflichtet«, was dieser ohne Murren zur Kenntnis nahm.
Der Prunksaal von Kloster Banz lag nun unaufgeräumt und fast verlassen da. Nur noch Haderlein, Driesel, Lagerfeld und Siebenstädter saßen in trauter Runde an einem Tisch. Jeder spürte, wie die Ereignisse der letzten Tage und vor allem der letzten Stunden an Kraft und Nerven gezehrt hatten. Umso erleichterter waren alle, dass es endlich vorbei war.
»Und das Beste ist, dass ich morgen …«, Lagerfeld blickte grinsend auf seine Uhr und verbesserte sich, »nein, dass ich heute Abend noch meine Zeugin auf der Sandkerwa vernehmen kann.«
»Was denn für eine Zeugin?«, fragte Driesel verwirrt. »Ist der Fall doch noch nicht abgeschlossen?«
Haderlein brach zur weiteren Verwirrung von Driesel und Siebenstädter lauthals in Lachen aus. »Kriminalhauptkommissar Schmitt muss die Zeugin nicht vernehmen, er ›möchte‹ sie vernehmen«, erklärte er glucksend. »Also, darauf sollten wir doch anstoßen!« Feierlich hob er sein Sektglas.
»Moment!«, rief Lagerfeld. »Ich habe ja gar nichts zu trinken!« Er holte sich den letzten vollen Bierkrug, der am geplünderten Buffet herumstand.
»Eigentlich habe ich ja mehr Hunger als Durst«, gestand er. »Aber das bisschen, was hier an Essen noch rumsteht, kann ich auch trinken.«
Alle lachten, und jeder nahm einen wohlverdienten Schluck. Draußen dämmerte es schon seit einiger Zeit, und niemand hatte eigentlich noch Lust, sich länger im Kloster aufzuhalten. Es wurden noch einige nette Worte hin und her gewechselt, und der hungrige Kommissar Lagerfeld räumte doch noch hastig die letzten Reste vom Buffet, dann stießen sie schließlich ein letztes Mal an und beschlossen, endlich heimzufahren und jeder in sein Bett zu fallen.
Nur Kommissar Lagerfeld war plötzlich merkwürdig fidel. »Komisch«, bemerkte er. »Ich fühle mich hellwach. Ich könnte Bäume ausreißen.«
Siebenstädter betrachtete ihn besorgt. »Ihre Augen, Lagerfeld, Sie haben ja Pupillen, als wollten die Ihnen jeden Moment aus dem Kopf fallen.«
Kommissar Lagerfeld griff sich an die Schläfen. »Um ehrlich zu sein, mir ist auch so komisch. Mein Puls rast, und ich habe das Gefühl, mein Kopf würde zerspringen.«
Haderlein sprang so schnell auf, dass der Tisch, an dem sie gesessen hatten, umfiel. Dann machte er einen großen Satz zu seinem jungen Kollegen hinüber und schlug ihm den Krug aus der Hand, dass der restliche Inhalt quer durch den Raum spritzte.
»Nimm den Löffel«, rief er hektisch, »du musst dich sofort übergeben!«
Doch Bernd Schmitt bekam schon nichts mehr mit. Sein Herz raste, er spürte noch, wie ihm jemand einen Löffel in den Hals rammte und dass er sich übergeben musste, dann schwanden ihm die Sinne.
*
Als er wieder erwachte, fiel sein Blick auf eine weiß getünchte Decke und eine Ärztin, die sich über ihn beugte. Nicht hässlich, die Frau, dachte er. Doch wahrscheinlich war sie wieder älter, als sie aussah.
»Da haben Sie Ihren Kollegen wieder«, sagte sie lächelnd zu Haderlein, den Lagerfeld neben seinem Bett entdeckte. Der Hauptkommissar lächelte zurück und wandte sich dann Lagerfeld zu: »Das nächste Mal passt du mal besser auf, was du da für Zeug trinkst, du Bierexperte.«
»Wieso, was war denn mit dem Bier? Und was mach ich überhaupt im Krankenhaus?«, fragte Lagerfeld ahnungslos.
Die junge Ärztin nahm Haderlein die Antwort ab. »In Ihrem Bier war so viel gelöstes Nikotin, dass man damit gleich zwei Menschen hätte umbringen können.«
Lagerfeld riss die Augen auf. »Ach du Scheiße. Und warum lebe ich dann noch, wenn ich
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