Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
fragen darf?«
»Wie viele Schachteln rauchst du noch mal so am Tag?«, fragte ihn Haderlein.
Lagerfeld überlegte kurz und sagte dann: »So drei vielleicht … manchmal vier … warum?«
Die Ärztin lachte. »Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mal sagen würde, aber Ihre exzessive Raucherei hat Ihnen das Leben gerettet. Ihr Körper ist schon derart abgestumpft, dass Sie die gewaltige Dosis gerade noch so überlebt haben. Sie haben ein zweites Leben geschenkt bekommen, junger Mann.« Sie drückte ihm die Hand und ging zur Tür hinaus zu ihrem nächsten Patienten. Lagerfeld blickte ihr sprachlos hinterher.
»So, ich mach jetzt auch mal die Fliege«, sagte Haderlein. »Ich hab eine Verabredung auf der Sandkerwa.«
Ruckartig richtete sich Lagerfeld in seinem Bett auf und zerrte wild entschlossen an den Kanülen, die in seinem Arm steckten.
»Was soll das denn jetzt werden?«, fragte Haderlein erstaunt.
»Aber ich kann doch nicht hierbleiben!«, rief Lagerfeld panisch und erhob sich. »Ich muss doch jemand in Coburg abholen!« Trotz seines guten Vorsatzes kam er nicht weit. Kaum dass er stand, wurde ihm so schwindlig, dass er mit verdrehten Augen wieder rückwärts ins Bett kippte.
»Nun, ich würde sagen, das lassen wir mal besser, mein lieber junger Kommissar«, meinte Haderlein lächelnd. »Aber ich bin ja kein Unmensch. Im Zuge des Amtshilfeverfahrens habe ich von den Kollegen aus Coburg eine gewisse Zeugin herbringen lassen.«
Lagerfeld blinzelte ihn noch immer überrascht an, als sich die Tür öffnete und Ute von Heesen hereingeschwebt kam. Der Mund von Lagerfeld öffnete sich und beschloss offensichtlich, in dieser Stellung noch längere Zeit zu verweilen.
»Ich, äh, geh dann mal«, sagte der ältere Kommissar und schlüpfte aus dem Krankenzimmer.
Von draußen konnte er noch hören, wie Ute von Heesen liebevoll schimpfte: »Jedes Mal, wenn wir uns treffen, baust du Mist.«
Lächelnd ging Haderlein zum Lift. Vor dem Krankenhauseingang erwartete ihn bereits Manuela Rast mit der Riemenschneiderin im Arm.
*
Sie saßen inmitten der Sandkerwa am Katzenberg im Kachelofen. Die kleine, urig eingerichtete Bamberger Gastwirtschaft hatte ein ganz spezielles, rundes Gemach, welches Haderlein für sich, Riemenschneider und Manuela reserviert hatte. Sie sprachen so lange über Gott und die Welt, bis der Wirt sie freundlich darauf aufmerksam machen musste, dass sie die letzten Gäste der heutigen Sandkerwa seien und er bei aller Liebe jetzt schließen müsse.
»Hast du noch Lust auf eine kleine Spritztour?«, fragte Franz Haderlein schelmisch.
Manuela Rast lachte. »Mir ist heute alles egal. Nach dieser Woche kannst du, glaube ich, mit mir machen, was du willst.«
Haderlein ließ sich nicht lange bitten, platzierte Manuela Rast auf dem Beifahrersitz, die protestierende Riemenschneiderin auf der Rückbank seines Fiats und gab Gas. Unterwegs erfuhren sie noch von Staatsanwalt Edelmann, der dem Ermittler auf seine Mailbox gesprochen hatte, dass er gegen Sven Rast und die anderen Mitglieder der nächtlichen Kanutour auf eine Bewährungsstrafe plädieren würde, da kein Tötungsvorsatz nachzuweisen war. Das hieß, keiner der vier musste ins Gefängnis. Die Nachricht trieb Manuela Rast Tränen der Erleichterung in die Augen. Als sie sich erholt hatte, waren sie am Ziel.
Ein strahlender Pater Anselm nahm sie in Empfang. »Herr Kommissar, dass ich das noch erleben darf«, rief er mit ausgebreiteten Armen und strahlte sowohl den Kommissar als auch Manuela Rast an. Er nahm beide in die Arme und erdrückte sie fast in seiner Herzlichkeit. »Es ist alles vorbereitet.«
»Vorbereitet? Was denn vorbereitet?«, fragte Manuela in gespieltem Misstrauen.
»Ich muss dann mal gehen«, feixte der Geistliche und drückte dem Hauptkommissar einen Schlüssel in die Hand.
»Komm mit«, sagte Franz Haderlein und zog Manuela Rast die Stufen hinauf. Riemenschneider folgte mit ihren kurzen Füßen, so schnell sie konnte.
Sie gingen an den drei Kreuzen vorbei, bis sie in der sternenklaren Nacht am höchsten Punkt des Kreuzbergs auf über neunhundert Meter Höhe standen und in die glitzernden Fernen der Rhön blickten.
Nachdem sie eine ganze Weile schweigend das nächtliche Panorama genossen hatten, drehte Haderlein Manuela Rast zu sich und tat das, was er schon längst hätte tun sollen. Er nahm ihren Kopf in seine Hände und küsste sie. Dann zeigte er ihr den Schlüssel, den Pater Anselm ihm gegeben hatte, und sagte
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