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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Fröhlichkeit teilhaben zu lassen. Und
zwar umfassend, wenn es möglich wäre!« Er wurde jetzt wirklich ungehalten.
Eigentlich regte er sich mehr darüber auf, dass diese Frau, die er vorher noch
nie gesehen hatte, es geschafft hatte, ihn zu verunsichern, als über ihr
ungewöhnliches Verhalten.
    »Das heißt also, Sie wollen keinen Sekt?«, fragte sie ihn fast
ungläubig.
    »Nein, möchte ich nicht! Wir sind nämlich im Dienst und dürfen schon
aus diesem Grund keinen Alkohol trinken«, erwiderte er schnell und warf
Lagerfeld einen autoritären Blick zu, da dieser schon im Begriff war, die
Einladung anzunehmen. »Bitte, Frau Rast, wir wären Ihnen wirklich sehr
verbunden, wenn Sie uns alles über Ihren Mann erzählen würden. Außerdem müssen
wir natürlich feststellen, wo Sie die letzten vierundzwanzig Stunden gewesen
sind, um Sie als Verdächtige ausschließen zu können. Und glauben Sie mir,
Ehefrauen, die sich Trauergefühlen über den Tod ihres Ehegatten entziehen, so
wie Sie, sind sehr verdächtig.«
    »Sehr verdächtig«, echote Lagerfeld versichernd hinterher, während
er versuchte, sich auf seinen Notizblock zu konzentrieren.
    »Na gut. Wie Sie wünschen, meine Herren. Dann trinke ich eben
alleine und werde Ihnen mal was über meinen Mann, pardon, ich meine natürlich
Exmann, erzählen.« Sie goss sich ihren Sekt ein, stellte die Flasche auf das
Sims neben der Küchentür und begab sich auf eine Art und Weise wieder zurück zu
ihrem orangenen Viereck, dass Lagerfeld mit ernsthaften Konzentrationsstörungen
zu kämpfen hatte. Nachdem sie einen ausgiebigen Schluck aus ihrem Glas genommen
hatte, räusperte sie sich und begann zu erzählen.
    Wie Haderlein angenommen hatte, stammte sie nicht aus Bamberg,
sondern aus Deggendorf in Niederbayern. Der Hauptkommissar hatte den
niederbayerischen Dialekt herausgehört. Ihren Mann hatte sie im Alter von
zwanzig Jahren auf einer Feier in Deggendorf kennengelernt. Einer seiner Kumpel
hatte ihn mitgebracht, und er hatte sich sogleich für sie interessiert. Damals
war sie noch jung, unerfahren und leicht zu beeindrucken gewesen. Edwin Rast
musste damals natürlich wieder nach Bamberg zurück, kam aber alle zwei Wochen
zu Besuch. Das imponierte ihr ungemein. Nach nur drei Monaten folgte ein
Heiratsantrag mit Kniefall, Blumen und allem, was dazugehört. Warum eigentlich
nicht?, hatte sie sich damals gedacht. Ihren Job als
Sportartikelfachverkäuferin gab sie kurz entschlossen auf und zog mit Sack und
Pack nach Bamberg, um ihren hartnäckigen Edwin zu ehelichen. Die Perspektiven
waren so schlecht nicht. Immerhin hatte er einen sicheren Job beim Finanzamt
und besaß ein romantisches Häuschen an der Regnitz.
    Sie würde nur das gemeinsame Kind großziehen müssen, das bereits
unterwegs war, und ein geruhsames Leben als Hausfrau führen. So viel zur Theorie.
Die Wirklichkeit offenbarte sich erst allmählich. Zuallererst musste sie
realisieren, dass ihr Mann sich als Sauberkeitsfanatiker und Pedant entpuppte.
Dann stellte sich die noch mit im Haus wohnende Schwiegermutter als üble
Quertreiberin heraus. Ein bitterböses Schrapnell, das ihren penibel erzogenen
Sohn von ihrer Wohnung im Stock über ihnen fernsteuerte.
    Als Manuela Rast mitbekam, dass die Schwiegermutter ihren Enkelsohn
häufig schlug, wenn sie nicht da war, erteilte sie ihr Hausverbot für die
untere Wohnung. Das war das erste und einzige Mal gewesen, dass sie sich in
entscheidenden Lebensfragen gegen ihren Mann durchgesetzt hatte. Aber ansonsten

    Manuela Rast, geborene Altdorfer, biss in den vergifteten Apfel, den
man ihr darreichte, und schluckte. Sie war so erzogen worden. In guten wie in
schlechten Zeiten, das hatte sie ihm versprochen. Die beiden zu unterscheiden,
fiel ihr im Laufe der Jahre immer schwerer. Dem Sohn zuliebe ertrug sie einen
Ehemann, der hinter ihr herputzte, auch wenn es nichts mehr zu putzen gab.
Einen Mann, der beim Einkaufen neben ihr herlief, um Preise zu kontrollieren,
und ihr nicht mal eine eigene Haushaltskasse, ein eigenes Taschengeld
zugestand. Ein Mann, der versuchte, sie im Haus einzusperren, was ihm auch
meistens gelang. Deshalb hatte er sie also noch nie gesehen, schlussfolgerte
Haderlein.
    Alles in dieser Ehe war genehmigungspflichtig gewesen. Und wenn
Edwin nicht da war, um sie zu überwachen, weil er arbeiten musste oder beim
Angeln war, dann gab’s ja noch die Schwiegermama. Manuela Rasts Leben
reduzierte sich auf minimale soziale Kontakte und ihren Sohn Sven. So war

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