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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Kloster zu verschwinden.« Haderlein erwartete etwas. Irgendeine heftige
Reaktion, bei der er nachhaken konnte.
    Aber stattdessen zuckte der ehemalige Geistliche nur mit den
Achseln. »Jeder nimmt sich mal eine Auszeit im Leben, Herr Kommissar. Mir hat
sie gutgetan und den Grundstein für meine politische Karriere in Unterfranken
gelegt. Aber das sind doch jetzt private Geschichten, die gar nicht wichtig
sind. Wenn Sie keine weiteren Fragen haben, würde ich jetzt gerne wieder zu
meiner politischen Tagesaufgabe zurückkehren. Sie gestatten?« Er lächelte
seiner Staatssekretärin zu, die seinen Blick nickend erwiderte.
    »Natürlich, Herr Umweltminister, ich habe vorerst keine Fragen mehr.
Ich bitte Sie nochmals um Entschuldigung für die gestohlene Zeit und wünsche
Ihnen auf jeden Fall viel Glück bei Ihrer Arbeit«, erklärte Haderlein mit
ausgesuchter Höflichkeit, während er sich erhob und dem Politiker die Hand zum
Abschied fest drückte.
    Auch Lagerfeld gab ihm die Hand. Doch dann legte er ihm in einem
Überschwang von Emotion urplötzlich die Hand auf die Schulter und erklärte in
fast väterlichem Tonfall: »Was ich noch sagen wollte, Herr Minister, Ihr Gesetz
zum Schutz der Raucher vor der Allgemeinheit find ich wirklich klasse. Das wäre
fast ein Grund für mich, Sie zu wählen. Weiter so und einen schönen Tag dann
noch.«
    Schnell hastete Lagerfeld seinem Chef hinterher und ließ einen
völlig verblüfften Umweltminister mit seiner Staatssekretärin im Flur zurück.
    *
    Clemens Martin hatte die restlichen Mitglieder der CADAS vor dem Frühstück im Stuhlzimmer
versammelt, dem obersten Zimmer im großen, eckigen Turm des Ottonianums. Hier
wurden die Stühle und Tische gelagert, die nur für große Anlässe und
Festlichkeiten hervorgeholt wurden. Ganz hinten gab es einen Platz für das
Mobiliar, das einfach nur kaputt war, und in einem Knabenseminar ging dauernd
etwas in die Brüche. Die Jungen hatten sich mehr oder weniger kreisförmig auf
die verstaubten Stühle gesetzt, Clemens Martin hatte direkt neben Peter Nickles
Platz genommen. Durch ein von Spinnweben verschleiertes Dachfenster schien das
Morgenlicht herein.
    »Wo hast du denn den Schlüssel hierfür her?«, wollte Max Schiller
von Clemens ganz aufgeregt wissen. Er fand die Situation klasse. Endlich mal
eine anarchistische Entwicklung in der CADAS .
So konnte es seiner Meinung nach gern weitergehen.
    »Ich habe den Schlüssel vom Hausmeister ausgeborgt, kopiert und dann
selbst nachgemacht«, antwortete Clemens.
    »Wow«, war von Alfred Schneidereit zu hören.
    So ein Vorgehen nötigte allen Respekt ab. Der Hausmeister des
Ottonianums war ein bärbeißiger Franke mit schwarzen, zerzausten, wilden
Locken. Erwischte er Schüler bei irgendwelchem Unfug, dann gnade ihnen Gott.
Mit dem Segen der Leitung durfte man dann schrecklichste Fronarbeit verrichten,
etwa die Hecken auslichten oder das Schwimmbad putzen. Aufbegehren war in so
einem Fall völlig zwecklos. In seinem früheren Leben war der Hauswart
bayerischer Meister im griechisch-römischen Stil gewesen. Da ließ man Gegenwehr
besser bleiben.
    Von diesem Ungeheuer einen Schlüssel zu duplizieren, das war schon
eine reife Leistung. Doch Clemens Martin war nicht nach Anerkennung seiner
Tapferkeit zumute. Er saß ernst da und hielt sein Tagebuch so fest an sich
gedrückt, als wolle es der Nächstbeste stehlen. Dabei war eigentlich ein
relativ entspannter Tag angesagt. Nach dem Frühstück war der jährliche Ausflug
der Klasse in Begleitung von Lehrkräften geplant. Heute stand ein Besuch der
Gangolfskirche auf dem Programm, natürlich auch des Bamberger Doms und
anschließend eine Begehung der ehemaligen Klosteranlage auf dem Michelsberg.
Sankt Michael war die letzte Ruhestätte des Bamberger Bischofs Otto aus dem 12.
Jahrhundert, dem Namensgeber des Ottonianums.
    Die meisten Schüler empfanden das als eine eher langweilige
Veranstaltung. Andauernd musste man sich Geschichten über die Baumeister und
Epochen anhören. Mithin war aber natürlich alles besser als Gymnasium oder
Studierzeit. Außerdem spendierten die Lehrkräfte zum Abschluss des Ausflugs
immer Getränke und ein Eis auf dem Maxplatz in der Innenstadt. Doch Clemens war
mit seinen Gedanken ganz woanders.
    »Ich muss euch etwas sagen«, sagte er mit sehr ernster Stimme. Alle
schauten ihn gespannt an. Schon gestern hatten sie den Eindruck gehabt, als
würde Clemens eine ziemliche Last auf der Seele liegen. Während er sprach,
schien Peter

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